Donnerstag, 25. Januar 2007

Von Löwen und Elefanten

Es gibt keinen Moment Ruhe, ein ewiges sich Hin- und Herwerfen, mal zur einen, mal zur anderen Seite, um nur alle Konkurrenten auf Abstand zu halten. Die Männchen sind eigentlich ständig aufgerichtet und geben Laute von sich, die tatsächlich an das Brüllen von Löwen erinnern. Wir wurden gewarnt, Seelöwen sind äußerst aggressive Tiere, denen man sich nicht zu sehr nähern dürfte, und genau diesen Eindruck machen sie auch auf mich. Vor uns liegt eine Kolonie von etwa 200 Tieren, jeder Bulle hat seine Weibchen und Junge um sich versammelt und achtet sehr genau darauf, dass sich kein anderes Männchen nähert. Kommt einer doch zu nahe werden aus den Drohgebärden sofort Kämpfe, die jedoch nicht sehr lange dauern. In der Tat warten in vorderster Reihe am Wasser Jungbullen, die ihren eigenen "Harem" bilden möchten und auf ihre Chance warten. Die Damen, denke ich bei mir, liegen also am Strand in der Sonne, während sich die Herren aufblasen und wichtig machen. Wie im richtigen Leben!
Sea Lions
Die Bullen sind massig, bis zu 300 Kilo schwer, deutlich größer als die Weibchen und haben eine lange Behaarung um den Hals, die an eine Löwenmähne erinnert. Daher kommt der Name. Ich schaue ihnen lange zu, gehe die Kolonie ab und bedauere die Bullen ein bisschen. Es ist stressig ein Seelöwenbulle zu sein.
Die Seelöwenkolonie liegt am "Punto Norte" der Peninsula Valdez, einem Nationalpark und Welterbe der Menschheit. Genau an dieser Stelle wurden die spektakulären Aufnahmen gemacht, bei denen Orcas sich bis an den Strand treiben lassen um Jungtiere zu erbeuten, mit denen sie, bevor sie sie verzehren, noch spielen, sie aus dem Wasser schleudern um sie dann wieder zu fangen. Die Saison der Orcas ist eigentlich schon seit Mitte Dezember vorbei, jedoch kommen noch vereinzelt kleine Schulen in das Revier. Die letzte Gruppe, 5 Tiere, so kann ich am Besucherzentrum erfahren, wurde vor nur 2 Tagen um 17:30 Uhr gesichtet. Wir haben heute leider kein Glück. Immer wieder suche ich das Wasser ab und manchmal denke ich, die Atemfontäne eines Wals zu erspähen, aber es ist nur die Brandung, die sich an einem Felsen im Meer gebrochen hat.

Nach einer Stunde in der Kolonie fahren wir weiter die Küste der Halbinsel entlang nach Galeta Valdez, denn hier kann man Magellanpinguine beobachten. An Menschen gewohnt, kommen sie ganz nah an uns heran und betrachten uns neugierig. Es sind einige Jungtiere darunter, die flehend ihre Schnäbel öffnen und Nahrung erbetteln, doch sie sind mit ihrem Alter von 2 Monaten jetzt selbst für ihre Nahrungssuche verantwortlich . In Punta Tombo, nur etwa 100 Kilometer weiter südlich, so erfahren wir von unserer Führerin, besteht die größte Pinguinkolonie der Welt, außerhalb er Antarktis, sie zählt bis zu 750.000 Individuen.
Lonely Penguin
Magellanpinguine sind knapp einen halben Meter groß und wiegen etwas mehr als drei Kilo. Sie sind sehr neugierig, man muss sich nur lange genug still verhalten und sie kommen von selbst. Allerdings können auch sie beißen, wenn man zu unvorsichtig ist. Ich versuche es, setzte mich still an einen abgeschiedenen Platz und bekomme bald Besuch. Ich mache ein paar Fotos und versuche mich wegzustehlen, denn der Höhepunkt des Tages wartet noch auf uns, die See-Elefantenkolonie in Punta Cantor.

See-Elefanten haben ihren Namen von der rüsselartigen Verlängerung ihrer Nasen. Genau genommen besitzen nur die ausgewachsenen Männchen diesen Rüssel. See-Elefanten können bis zu 7 Metern lang werden und bis zu 5 Tonnen wiegen. Tatsächlich sind wahre Fettberge unter ihnen, aber die richtig großen sind noch nicht an Land, die Kolonie ist fast verwaist. Man erklärt uns, dass der Wechsel des Fells unmittelbar bevorsteht, bei manchen Tieren kann man es bereits gut sehen, und die See-Elefanten dann an Land bleiben, da es im Wasser zu kalt für sie ist. "Zu kalt?", frage ich nach. Ich war gestern selbst kurz im Wasser und schätze es auf ca. 18°C. Bei der Fettschicht kann man doch bei solchen Temperaturen unmöglich frieren. Ich werde eines besseren belehrt, denn die wärmeren Temperaturen herrschen nur in unmittelbarer Küstennähe. Außerdem tauchen die Tiere bei ihrer Nahrungssuche bis zu 1500 Meter tief und da kann es schon schattig werden.
Sea Elephant
Die eigentliche Attraktion der Peninsula Valdez ist jedoch der, vom aussterben bedrohte, südliche Glattwal. Leider bin ich einen ganzen Monat zu spät, um diese 12 Meter langen Meeressäuger zu beobachten. Längst sind sie weiter gezogen, immer ihrer Nahrung hinterher.

2 Kommentare:

renovatio06 hat gesagt…

Ist ja ganz meine Rede: Fressen, fi..n und die Konkurrenz auf Abstand halten - das ist wohl artenübergreifend. In dem Sinne sind auch wir Menschen nichts anderes als Säugetiere, aller Kunst, Philosophie und Wissenschaft zum Trotz - am Ende des Tages bricht halt einfach immer wieder das Tier in uns durch. So gesehen ist es auch stressig, Mensch bzw. Mann zu sein. Man schuftet sich ab, kratzt ein bißchen Kohle für ein gemütliches Nest zusammen, das Weibchen kommt vorbei und bevölkert es mit allerlei Nachwuchs, legt sich in die Sonne und lässt sich von uns "bespassen", wie Du das immer treffenderweise nennst.
"Free as a bird" heißt meine Antwort darauf und aller gelegentlicher Einsamkeit zum Trotz gefällt mir das "Programm" besser. Und Dir auch, wie ich sehe - zumindest scheinen die Bilder das zu sagen. Überleg mal: Uneingeschränkter Genuss der Naturschauspiele, freie Zeiteinteilung, kein Rumgenerve und Gezeter und zum Ausgleich die ganze internetverdrahtete Welt, mit der Du Deine Erlebnisse teilen kannst - gibt's was Besseres? Ich glaube nicht.

Wolfram hat gesagt…

Ja, genau das gleiche habe ich mir auch gedacht, als ich diese Szene so beobachtet habe. Bei den Seelöwen kommt allerdings noch erschwerend hinzu, dass ein unachtsamer Moment dazu ausreicht, um wieder von vorne anfangen zu müssen :)