Dienstag, 9. Januar 2007

Helden

Evita
Es gibt drei argentinische Nationalhelden, die nicht nur hierzulande jedes Kind kennt und jeder von ihnen hat Argentinien, vielleicht sogar die ganze Welt, ein bisschen verändert: Eva "Evita" Peron, einst Radiosprecherin und spätere First Lady des Landes, Ernesto "Che" Guevara, der als junger Medizinstudent mit seinem Hund und einem Freund auf einem alten Motorrad ganz Südamerika bereiste und nach der Rückkehr, ein Jahr später, von den Erlebnissen dieser Reise geprägt, sein Leben dem Kampf gegen Unterdrückung und Ungerechtigkeit widmete, an der Seite Fidel Castros Kuba befreite, zum Minister wurde und schließlich vom CIA in Bolivien ermordet wurde, und Diego Armando Maradona, die bereits
erwähnte "Hand Gottes", einer der drei größten Fußballspieler aller Zeiten (neben Pelé und unserem Kaiser).
Einen dieser drei habe ich heute besucht, und da sie schon verstorben ist konnte sie sich auch nicht mehr dagegen wehren. Das Grab Evita Perons steht auf dem Friedhof von La Recoleta. Kein Friedhof im herkömmlichen Sinne, eher eine Nekropole, in der die Toten nicht in einfachen Gräbern, sondern in kleinen Mausoleen bestattet wurden, einige von ihnen größer, als die Behausungen, die so mancher Argentinier bewohnt. Manche sind antiken Templen nachempfunden, andere wieder kleine Kapellen, in manchen werden die Särge in Nischen eingemauert und in anderen stehen sie hinter gläsernen Türen aufgebahrt.
In La Recoletta wurden alle Reichen und Berühmten zur Ruhe gebettet, nur Ruhe finden sie hier freilich keine. Längst hat sich der Friedhof zur Touristenattraktion gewandelt, in dem die Reisegruppen von ihren Führern durch die Gassen der Totenstadt geführt werden, vorbei an Schriftstellern, ehemaligen Präsidenten und Generälen.
Was im Pariser Louvre die Mona Lisa ist, ist in La Recoleta das Grab der Familie Duarte, in der Eva Peron (geborene Duarte) beigesetzt ist. Lange Schlangen bilden sich davor, man hört Reiseleiter in Japanisch oder Englisch dozieren, schnell noch ein Foto und dann ab zur nächsten Attraktion.
Für Argentinier ist Evita allerdings mehr als eine Attraktion, ihre Verehrung ist echt und damit darf man nicht spaßen. Als das Musical "Evita" vor einigen Jahren mit Madonna in der Hauptrolle verfilmt wurde, war das Entsetzen darüber, daß Evita nicht von einer Argentinierin, sondern ausgerechnet dieser Amerikanerin zweifelhaften Rufs, gespielt wurde, so groß, daß man kurzerhand eine eigene Version davon drehte und die Rolle der Eva diesmal mit einer Argeninierin besetzte.
Der andere bereits verstorbene Nationalheld, Ernesto Guevara, liegt nicht hier in La Recoleta. Er wurde nach seiner Ermordung in La Paz vom CIA verscharrt, erst vor wenigen Jahren wiedergefunden und auf Geheiß des kubanischen Präsidenten nach Kuba überführt, wo er, 50 Jahre nach seinem Tod, mit einem Staatsbegräbnis, unter aufrichtiger Anteilnahme der Bevölkerung, beigesetzt wurde. Übrigens wurde auch seine, sein Leben verändernde, Reise verfilmt. Sowohl der Regisseur Walter Salles als auch der Hauptdarsteller der "Motorcycle Diaries", Gael García Bernal, kamen aus Lateinamerika und somit wurde diese Verfilmung akzeptiert.
San Telmo
Ich wette, alle drei von ihnen waren irgendwann in ihrem Leben mindestens einmal im Café Tortoni, dem ältesten und schönsten Café der Stadt. Während zwischen dem Präsidentenpalast und dem Kongressgebäude der Verkehr tobt, ist die Zeit im Tortoni stehengeblieben. Bilder an der Wand, Geschenke der hier verkehrenden Künstler, zeugen von einer vergangenen Epoche in der sich hier Literaten, Maler und Politiker trafen und bei einem café cortado Ideen austauschten. So manch ein Putsch mag hier geplant worden sein, so mancher Roman der Weltliteratur, Jorge Luis Borges war hier Stammgast, wurde von den prominenten Gästen inspiriert.
Auch ich war heute hier zu Gast und versuchte mich von der Atmosphäre inspirieren zu lassen, doch zu mehr als dem, was der geneigte Leser jetzt vor sich zu liegen hat, hat es leider nicht gereicht.

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