Freitag, 5. Februar 2010

Game over

Girl and gold

Auf einem übergroßen, goldenen Thron, hoch oben in dem reichverzierten Saal, sitzt das wichtigste Heiligtum Thailands, der Smaragd-Buddha. Vor mehreren hundert Jahren in Nordthailand endeckt, war er zunächst nicht weiter auffällig. Eine Statue wie viele, bis dem Abt des Kloster, in dem er stand auffiel, dass unter dem Gips etwas grünes sichtbar ist. Man entfernte die Gipsschicht und zum Vorschein kam eine Statue aus grünem Stein. In irriger Annahme es handele sich um Smaragde, entstand die Legende vom Smaragd-Buddha, in Wirklichkeit besteht die Skulptur jedoch aus Jade.
Die Kostbarkeit wurde in die Hauptstadt gebracht, von fremden Truppen geraubt, 200 Jahre später zurückerobert, und ist seit dem im Tempelbezirk des alten Königspalastes zu sehen.
Besucher müssen, bevor sie die Halle des Smaragd-Buddhas betreten die Schuhe ausziehen und sich leise und respektvoll verhalten. Die Statue ist so heilig, dass ihr zu den drei Jahreszeiten, der kühlen, der trockenen und der Regenzeit, die Kleidung vom König persönlich gewechselt wird.
Als grobe Respektlosigkeit gilt es, dem Buddha seine Fußsohlen entgegenzustrecken, ihn zu filmen oder zu fotografieren. Der gebildete Reisende weiß das, für alle anderen stehen Schilder und Piktogramme am Eingang. In der Halle überwacht strenges Personal die Einhaltung dieser Regeln. Vor mir sitzt ein russisches Ehepaar, denen die Verbotsschilder am Eingang wohl nicht aufgefallen sind. Beide sitzten mit von sich gestreckten Beinen auf dem Boden und schwitzen. Einer der Wächter ist sofort zur Stelle und bezeigt ihnen, die Beine anzuwinkeln oder zu gehen. Erst realisieren sie gar nicht, dass sie der Anlass der Rüge sind und als sie es endlich begriffen haben, werden sie bereits des Saales verwiesen. Ich glaube sie wissen bis heute noch nicht, was sie falsch gemacht haben, für einen Thai ist ihr Verhalten aber ebenso ungehörig, als würde man im Bikini zu einer Papstaudienz erscheinen.
Thais sind sonst sehr ruhig, sanft und verständnisvoll, aber bei ihrer Religion hört der Spaß auf.

Mein letzter Tag in Bangkok soll nochmal genossen werden. Nach dem Besuch des Palastbezirkes, gönne ich mir ein letztes Mal ein authentisches Thai-Abendessen und, als es langsam dunkel wird, spaziere ich nochmal durch den Nacht Bazaar am Lumpini Park, in unmittelbarer Nähe meines Hotels.
Als ich in der Gasse der Kunst und Anitquitätenhändler vorbei komme, fällt mir ein besonders hübscher Laden auf, der, neben wenigen alten Stücken, hauptsächlich Repliken aus dem nahen Myanmar verkauft. Eine sitzende Buddha-Statue aus weißem Marmor gefällt mir besonders. Der Händler macht mir einen guten Preis, ich handle ihn etwas runter, bekomme noch einen Airline-Crew-Discount und verlasse das Geschäft mit einer etwa vier Kilo schweren Steinmetzarbeit, die ich jetzt auch noch in meinem Gepäck unterbringen muss.

Am nächsten Morgen dann Abreisestimmung. Zurück in den Winter. Game over.

In den letzten vier Wochen habe ich einem Tiger am Schwanz gezogen, bin von Affen besprungen worden, mit Haien im Ozean geschwommen, habe eien Walhai gesehen, an tropischen Stränden entspannt und in der Megalopolis Bangkok geschwitzt.
War es nicht Sepp Herrberger, der gesagt hat "nach dem Spiel ist vor dem Spiel"? Genau! Die nächste Reise kommt bestimmt und so habe ich jetzt schon etwas, das ich planen und auf das ich mich freuen kann.

Damit mir der Abschied von der Sonne nicht allzu schwer fällt, wird das Wetter in Deutschland wieder etwas wärmer und außerdem werde ich von meinem Arbeitgeber am 10.02. zum Karneval nach Brasilien geschickt. Es gibt härtere Schicksale!

Mittwoch, 3. Februar 2010

Drei sind erlaubt

"Three are allowed in Thailand" ist der lustige Slogan einer thailändischen Optikerkette und das Bild dazu zeigt einen jungen Mann auf einem Motorrad, der drei Sonnenbrillen gleichzeitig trägt. Der Slogan bezieht sich darauf, dass in Thailand tatsächlich 3 Personen auf einem Motorrad unterwegs sein dürfen und das ist etwas, was man nicht selten sieht. Der gängigste Fall ist, dass der Vater das Zweirad steuert, die Mutter auf dem Soziussitz reist und das Kind, sozusagen als Sandwich, zwischen den beiden Erwachsenen sitzt. Möglich ist auch die Konstellation, das die Mutter hinter dem Vater sitzt der das Motorrad steuert und das Kind noch vor dem Vater, die Beine in der Luft hängend, sich mit den Armen am Lenker abstützt. Wenn eine Familie zwei Kinder hat, wird eine Mixtur aus den beiden ersten Varianten angewandt: Kind, Vater, Kind, Mutter. Klar, dass dann auch noch Gepäck mitgenommen wird, zum Beispiel die Wochenendeinkäufe aus dem Supermarkt, die der Vater dann zwischen die Beine nimmt. Den größten Künstler, was das Beladen seines Motorrades anbelangt, habe ich auf der Insel Koh Tao gesehen. Er war mit zwei Erwachsenen, einem Kind und zwei Hunden unterwegs. Schade, dass mein Fotoapparat nicht griffbereit war.
Nun machen Thais soetwas nicht aus Spaß, sondern aus wirtschaftlichen Zwängen. Das Geld für ein Auto ist nicht da, öffentlicher Nahverkehr auf dem Land nicht vorhanden - die Möglichkeiten sind beschränkt.
Auch bei Touristen ist das Motorradfahren sehr beliebt, natürlich ohne Helm oder Schutzkleidung und oftmals auch ohne Führerschein, der ist für Motorräder bis 150ccm in Thailand nämlich nicht nötig. Natürlich fahren auch Touristen zu dritt, da ihnen aber die Übung fehlt und die Straßen oft tiefe Schlaglöcher haben, oder abrupt von Asphalt auf weichen Sand übergeben, gibt es unschöne Unfälle, oft sogar tödlich.
Ich habe eine schwedische Familie gesehen, die sich zu Hause wahrscheinlich nicht einmal in ein Auto ohne Airbags setzen würden, die zu dritt auf dem Motorrad unterwegs waren, wobei die Mutter ihr Neugeborenes in einem Rucksack auf dem Rücken trug.

Ich werde die kleine Insel im Golf von Thailand vermissen, das ruhige, gemächliche Leben, das Meer, die Sonne, das süße Nichtstun. Was ich nicht vermissen werde sind die Touristen dort. Die Insel hat 5.000 Einwohner und 100.000 Touristen kommen jedes Jahr zu Besuch. Nicht nur das Ökosystem muss einen solchen Ansturm verkraften, sondern auch die Menschen, die dort leben. Wäre ich einer der Insulaner, würde ich wahrscheinlich den ganzen Tag Amok laufen und jedem, der mir begegnet anschreien, er solle doch schleunigst in das beschissene Land zurückkehren, aus dem er gekommen ist und mich und mein Paradies in Ruhe lassen. Die Thais sind wesentlich duldsamer als ich.
Man stelle sich vor, man hat, nach einem arbeitsreichen Jahr, endlich ein paar Wochen Urlaub, gibt einen Haufen Geld aus, um ans andere Ende der Welt zu reisen, kommt im Paradies an und muss sich sofort mit Alkohol betäuben, damit man bloß nichts von alledem mitbekommt. Ich rede hier nicht nur von einem Besäufnis, sondern von Dauerkomasaufen. Ganz vorne dabei sind unsere Nachbarn von den britischen Inseln: morgens, mittags und abends - immer ein Bierchen in der Hand und ein lustiges Liedchen auf den Lippen.



Die zwei Tage in Bangkok, die ich mir noch gönne, bevor ich abreise, sind knapp bemessen. Es gibt viele Orte, die ich noch einmal sehen möchte, und das ein oder andere, was ich noch besorgen wollte.
Ich bin in diesem Urlaub noch nicht ein Mal mit einem Tuk Tuk gefahren, jener Mischung aus Motorroller und Rikscha, die für die Straßen Bangkoks so typisch sind. Es macht Spaß sich in diesen Gefährten durch den mörderischen Verkehr der Millionenmetropole kutschieren zu lassen, wenn es auch mit einigen Schwierigkeiten verbunden ist, den Fahrer davon zu überzeugen, dass man tatsächlich zum angegebenen Fahrziel gebracht werden möchte und zwar am besten auch noch zu dem Preis, auf den man sich vorher geeinigt hat. Der Fahrer mit dem ich heute unterwegs war, war ein typischer Vertreter seines Berufsstandes. Ich möchte zum Abendessen zum Siam Square, er möchte mich aber lieber in ein Bordell fahren. Dann fällt ihm ein, dass er ein ganz tolles Restaurant kennt und beschließt sofort, dass ich dort zu Abend essen werde. Dann behauptet er, auf dem Weg zum Siam Square hätte es einen Unfall gegeben und man könnte nicht hinfahren und schließlich noch, dass Stau ist. Letzteres ist nicht gelogen, weil Stau ist immer! Nachdem wir uns in 20 Minuten nur etwa 500 Meter vorgearbeitet haben und ich mitten in den Abgasen der Autos um uns sitzte, beschieße ich den Rest des Weges zu Fuß zu gehen. Letzter Akt: der Fahrer behauptet kein Wechselgeld zu haben, muss dann den Fahrpreis verdreifachen (es war ja überraschender Weise Stau) und läßt mich, nach harten Verhandlungen, schließlich mit einem Aufschlag von 50 Baht (1 Euro) ziehen.
Spaß gemacht hat's trotzdem!