Donnerstag, 14. Mai 2009

Ein Tag in New York

Brooklyn Bridge, New York

Das schönste an einem Aufenthalt in New York ist für mich an einem sonnigen Morgen über die Brooklyn Bridge zu gehen, die die Stadtteile Brooklyn und Manhattan seit über 100 Jahren verbindet. Die Stadt gehört in dieser Stunde zwischen 7 und 8 Uhr noch den Joggern und Fahradfahrern, die sich für den kommenden Tag fit machen und die Aussicht von der Brücke über den East River ist wirklich atemberaubend. Auf der linken Seite sieht man Ellis Island auf der "Lady Liberty" ihren fackelbewehrten Arm in den Himmel streckt, auf der rechten Seite liegt einem die Skyline von Manhattan zu Füßen, in ständiger Veränderung und doch so bekannt.
Unter einem der Verkehr der Menschen, die bereits auf dem Weg zu ihrer Arbeit sind, schreitet man auf einem erhöhten Steg in der Mitte des Bauwerks.

In Manhattan angekommen suche ich mir ein Café zum Frühstücken. Die Auswahl ist groß und reicht vom "Diner", das typisch amerikanisches Frühstück anbietet, über kleine alternative Straßencafés im schicken SoHo, bis zur französischen Café- und Bäckereikette "Le Pain Cotidien", das rein ökologische Backwaren und Getränke anbietet. Für letzteres entscheide ich mich heute. Ein wenig Kleingeld sollte man für ein Manhattan-Frühstück allerding schon in der Tasche haben. Für einen Milchkaffee, zwei Croissants und einen frischen Orangensaft sind über 20 Dollar fällig, Trinkgeld inklusive.
Als ich das Café verlasse haben sich die Straßen bereits mit Menschen gefüllt, die aus den Stadteilen Brooklyn, Queens oder aus New Jersey nach Manhattan gekommen sind um hier in den Büros zu arbeiten. Die Tagesbevölkerung Manhattans ist so groß wie alle Einwohner Australiens zusammen und deshalb ist der Massentransport in dieser Stadt so wichtig, wie in keiner anderen. Die kleinste Störung führt bereits zum Verkehrsinfarkt.
Fast jeder der Menschen, die mir in den U-Bahen und auf den Straßen begegnen, tragen kleine Kopfhörer in den Ohren und beginnen so im Autismus ihres selbstgewählten Soundtracks den Morgen. Seitdem die kleinen MP3 Spieler nicht nur Musik, sondern auch Filme und Videoclips abspielen können, haben sie die Morgenzeitung oder den Comic, die früher in der U-Bahn gelesen wurden, fast volkommen verdrängt. Kommunikation findet kaum noch statt.

Early Morning Skyline

Vom Frühstück gestärkt schlendere ich durchs südliche Manhattan, durch SoHo mit seinen Gallerien, teuren Läden und Restaurants, bis ich schließlich am Union Square angekommen bin. Hier verbringe ich gerne den Abend des Ankunftstages, seit dem ich vor einigen Jahren in einem Reiseführer gelesen habe, dass der "Coffee Shop" am Union Square der "Hangout" für Models ist, die sich hier entweder treffen oder hier arbeiten während sie auf ihre große Chance im Modemekka New York warten. Man fühlt sich wie ein hässliches Entchen, wenn man das Lokal betritt, soviele schöne Menschen halten sich hier auf, aber das ist nun einmal der Preis, den man bezalhen muss um hier zu speisen. Die Bedienungen sind, obwohl man die meisten sofort und ungestyled auf den Laufsteg schicken könnte, zuvorkommend und nett und das Essen ist ausgezeichnet. Als Besonderheit bietet man authentische brasilianische Küche an, warum weiß ich nicht.

Als ich am Vorabend das Lokal verlasse werde ich Zeuge folgender Szene: Ein Wagen, der in einer Feuerwehranfahrtszone geparkt ist, soll abgeschleppt werden. Gerade, als der Haken des Abschleppwagens heruntergelassen ist, kommt der Besitzer des Fahrzeugs, ein Chinese mit seiner Familie, zu seinem Auto und stellt sich, gerade noch rechtzeitig, so vor den Wagen, dass der Fahrer des Abschleppwagens seinen Haken nicht mehr anbringen kann. Es kommt zu einem Wortgefecht, Passanten bleiben stehen, ergreifen Partei und so sieht der Schlepperfahrer keinen anderen Weg als die Polizei zu rufen. Da er mit seinem Fahrzeug die gesammte Fahrban blockiert, hat sich in kürzester Zeit ein Stau gebildet. Autos hupen, Passanten schimpfen: Das Chaos ist perfekt!
Als die Polizei eintrifft hat sich die Situation aufgeheizt und so werden die Polizisten von der immer größer werdenden Menschenmenge auch sofort mit Schmährufen bedacht, einfach nur weil es Spaß macht. "Fuck the cops!" rufen Jugentliche Sakter, ein Junkie der zufällig des Weges kommt, ist im Drogenrausch der Meinung, er müsse das Kommando übernehmen und so zur Lösung des Problems beitragen, ein Krankenwagen, der offensichtlich den Polizeifunk abgehört hat und evetuell ein Geschäft wittert, kommt schließlich auch noch mit Blaulicht angefahren.
Einem der Polizisten reißt der Gedultsfaden. Dem Chinesen wird mit Verhaftung gedroht, der Junkie des Platzes und die Menge der Schaulustigen auf den Gehsteig verwiesen. Schließlich kann der Toyota nun doch noch abgeschleppt werden und die Menschen ziehen ihrer Wege.

Am Abflugtag, kurz nach 15 Uhr, besteigt die Crew den Bus, der uns vom Hotel zum Flughafen bringen soll. Nur die Piloten stehen noch draußen um die Verladung der Koffer zu überwachen, als ein etwa 60 jähriger Mann vor ihnen stehen bleibt, sein T-Shirt hochzieht um seinen muskulösen Bauch zu entblößen, und wild auf die beiden Männer einredet. Was er sagt können wir nich hören, aber den fassungslosen Gesichtern unserer Piloten können wir entnehmen, dass es gleich etwas zu lachen gibt. Genau so schnell, wie er gekommen ist entfernt sich der Mann, der außer dem T-Shirt noch eine Hose trägt, die früher mal Teil eines Anzugs gewesen sein muss, und die über dem Knie abgeschnitten wurde.
Als die beiden Piloten den Bus betreten erzählen sie, dass der Mann es für wichtig hielt ihnen mitzuteilen, dass er mit diesem Körper alle Frauen in Atlantic City ins Bett gekriegt hat.
Gut, dass wir nicht 5 Minuten früher abgefahren sind, sonst hätten wir davon wohl nie erfahren, denke ich bei mir, als der Bus sich in Bewegung setzt und New York an uns vorbeiziehen lässt.

Graffiti