Mittwoch, 26. Januar 2011

Die Bucht

Wineglass Bay 2
Nach einer knapp vierzigminütigen Wanderung kommt man an eine hölzerne Aussichtsplattform zwischen den Felsen. Von dort kann man den Blick auf einen der schönsten Strände der Welt (laut dem US Magazin „Outside“ weltweit unter den 10 schönsten) und mit Sicherheit die schönste Aussicht Tasmaniens genießen. Vor mir liegt die Wineglass Bay. Die Form der Bucht ist geradezu perfekt symmetrisch, üppige Vegetation schließt an zuckerweißen Sand an, der unter azurblauem Meerwasser verschwindet.
Bei wolkenlosem Himmel müssen die Farben noch prächtiger sein, heute kommt die Sonne jedoch nur ab und zu durch Wolkenlücken durch.
Ich habe diese Bild schon auf hunderten von Fotos und Postkarten gesehen, aber in Natur ist es tatsächlich noch schöner.

Ich bin früh losgefahren, denn die Fahrt ist anstrengend. Über viele kleine Passstraßen führt sie, dann wieder vorbei an einsamen Bauernhöfen und Obstplantagen und durch trockenes Weideland. Knapp 200 Kilometer einfache Strecke.
Nach etwa der Hälfte der Strecke, mitten im Nichts, steht ein junges Pärchen am Straßenrand und hält den Daumen in den Wind, genau wie ich es als Jugendlicher oft getan habe. Ich kann auf der einsamen Fahrt ein bisschen Gesellschaft gut gebrauchen, die beiden wirken sympathisch, von denen geht keine Gefahr aus, ich fahre links ran und nehme sie mit.
Sie kommen aus Holland, er hat gerade sein Studium beendet, sie gerade ihr Abi gemacht und bevor sie ihr Leben weiterleben, haben sie sich für eine kleine Pause entschieden und reisen, mit wenig Geld und viel Abenteuerlust, ein halbes Jahr durch Neuseeland und Australien. Ein wirklich nettes Paar, die mir die Fahrzeit durch interessante Gespräche verkürzen. Nach einer Stunde lasse ich sie aussteigen, denn ich verlasse die Straße und biege in den Freycinet Nationalpark ab.
Ich verspreche ihnen, dass ich, wenn sie in fünf Stunden, wenn ich wieder an der gleichen Stelle vorbeikomme, immer noch hier stehen, sie hinfahre werde wo immer sie hinwollen, aber der Platz, auf dem ich sie aussteigen ließ, ist auf dem Rückweg leer.

Von der Aussichtsplattform an den Strand sind es gute eineinhalb Stunden über einen steilen felsigen Weg. Auf dem Weg nach unten kommt mir ein Inder, ungefähr in meinem Alter, entgegen, der am Ende seiner Kräfte ist. Ich frage ob er OK ist, und ein Australier versichert mir, dass er sich seiner bereits angenommen hat und ihn mit nach oben nimmt.

Wineglass Bay 1

Der Strand ist herrlich und nur eine Hand voll Wanderern hat die Strapazen des Abstiegs auf sich genommen. Das Wasser hat sich in der Bucht erwärmt, so dass man auch ohne Neoprenanzug schwimmen kann. Ich habe keine Badesachen dabei und möchte außerdem noch auf die Felsen, die den Strand begrenzen, klettern und ein bisschen den Strand hinauf wandern.
Die Felsen hier haben eine Besonderheit, die, soweit ich weiß nur in Tasmanien vorkommt. Auf ihnen wachsen Flechten, die die Steine in kräftigem Orange leuchten lassen. Zusammen mit dem weißen Sand und dem blauen Meer ist das ein wunderbares Farbenspiel.
An der Nordküste gibt es das gleiche Phänomen in der „Bay of Fire“, der Feuerbucht. Hier gesellen sich aber neben orangen auch noch blaue und grüne Flechten. Unglaublich. Leider hat meine Zeit dafür nicht mehr ausgereicht.

Ich mache ein paar Fotos, setzte mich auf einen Stein und lasse mir die Sonne, die sich mittlerweile durch die Wolken gekämpft hat, ins Gesicht scheinen.

Wallaby

Gerade als ich von den Felsen herunterklettere, springt ein kleines Känguru, ein Wallaby, aus dem Busch auf den Strand und setzt sich dort zwischen die Wanderer. Alle holen ihre Kameras aus den Taschen und machen Fotos. Keiner merkt, dass im Busch noch ein zweites Tier sitzt dass nun auch auf den Strand kommt.
Ich traue meinen Augen kaum. Ich wollte so gerne während meines Aufenthalts ein wildes Känguru sehen, und jetzt, an meinem letzten Tag in Tasmanien, geht mein Wunsch in Erfüllung.

Montag, 24. Januar 2011

Hinter Gittern

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Mit 4 Jahren konnten Kinder im England des ausgehenden 18. Jahrhunderts bereits zu Arbeiten im Bergbau oder zum Reinigen von Schornsteinen herangezogen werden, mit 7 Jahren war man strafrechtlich Erwachsenen gleichgestellt und ab einem Alter von 9 Jahren konnte man deportiert werden.
Die meisten der Kinder, die nach Tasmanien deportiert wurden, landeten über kurz oder lang in Port Arthur, weil man sie sonst nicht produktiv einsetzten konnte.
Man hatte ein eigenes Jugendgefängnis für sie auf einer Insel, nicht weit vom Festland, errichtet: Puer Island.
Aber das war nur ein kleiner Teil der Gefängnisanlage, die, heute zum Teil in Ruinen, dem Besucher offen steht.
Port Arthur war sozusagen Gefängnis im Gefängnis, da fast alle Insassen ja bereits wegen anderer Delikte zur Verbannung nach Australien geschickt worden waren.

Es herrschte Zucht und Ordnung, man versuchte die Gefangenen mit Arbeit und Gottesfurcht wieder in die Gesellschaft einzugliedern. Manch einer hat den Versuch nicht überlebt.
Für alle, die sich hier etwas zu Schulden kommen ließen, gab es drakonische Strafen. Die Züchtigung mit der neunschwänzigen Katze war eine davon. Der Deliquent wurde mit den Armen an einer Vorrichtung im Gefängnishof aufgehängt, die heute dort noch zu sehen ist, und dann ausgepeitscht.
Die Strafen lagen zwischen 25 und 100 Hieben mit dem Folterinstrument. Um es noch schmerzhafter zu machen, legte man die Peitsche in Meerwasser und ließ sie dann trocknen. Die getrockneten Salzkristalle taten ein Übriges. Wurde einer der Männer während der Bestrafung ohnmächtig, so wurde er in ein Becken mit kaltem Meerwasser geworfen, so dass er wieder zu sich kam, dann wurde die Bestrafung fortgeführt.
Der Insasse mit den meisten Peitschenhieben, war ein politischer Gefangener aus Irland, dessen Namen ich vergessen habe. Während der Verbüßung seiner Strafe bekam er auf insgesamt 3000 Peitschenhiebe. Sein Rücken, so wird überliefert, war so vernarbt, das er bei den ersten 100 Schlägen nicht ein Laut des Schmerzes von sich gab.

Aber man versuchte die Gefangenen nicht nur durch Züchtigung zu läutern. Zum ersten Mal kam man auf die Idee, Insassen durch Einzel- und Dunkelhaft gefügig zu machen.
Der Zellentrakt dieses Teils der Anstalt ist restauriert worden und kann besichtigt werden. Die Einzelhaft verbrachte jeder Gefangene in einer kleinen Zelle, geschlafen wurde in einer Hängematte, die um 6 Uhr aus der Zelle entfernt wurde um Platz für Arbeitsgerät zu schaffen. 10 Stunden täglich wurde in den Zellen gearbeitet, die Wärter kontrollierten alle 30 Minuten. Jeder Gefangene bekam eine Nummer und wurde nur noch mit dieser angesprochen. Das Reden, Pfeifen und alle körperlichen Ertüchtigungen waren den Gefangenen verboten. Wenn sie mit den Wärtern kommunizieren wollten, mussten sie dies schriftlich, mittels einer Schiefertafel tun.
Eine Stunde am Tag war Hofgang. In dieser Stunde musste der Gefangene eine Stoffsack über dem Kopf tragen.
Wenn man diesen Teil des Gefängnisses betritt, ertönen aus einem Lautsprecher Befehle, wie sie auch die Gefangenen zu hören bekamen, man hört das Schließgeräusch der Tore hinter einem. Alles ist sehr realistisch.
Auch den Trakt mit den Dunkelzellen kann man betreten und selbst ausprobieren. Eine Schleuse aus 3 Toren, die niemals gleichzeitig geöffnet wurden, sorgte dafür, dass der Gefangene kein Tageslicht zu sehen bekam. Auch hier galt strenges Redeverbot und zusätzlich trugen die Gefangenen Schuhe mit Sohlen aus Binsen, die keine Schrittgeräusche verursachten. Die Mahlzeiten, buchstäblich nur Wasser und Brot, wurden unregelmäßig gebracht um das Zeitgefühl der Männer zu verwirren. Geschlafen wurde auf dem Steinboden, mit nur einer Decke.
Man kann eine solche Zelle betreten und die Tür schließen. Um einen herum ist nur tiefstes Schwarz. Ich versuche die Ausmaße der Zelle durch Tasten zu ermitteln, setze mich kurz auf den Boden und versuche zu erfahren, wie es sich anfühlen musste, hier eingesperrt zu sein.
Nach 2 Minuten verlasse ich den Raum wieder erleichtert. Die Mindeststrafe damals betrug 3 Tage.

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Die Landschaft, in der dieses Gefängnis liegt, steht dazu im krassen Gegensatz. Man kommt an malerischen Stränden mit kristallklarem Wasser vorbei.
An dem schönsten Strand halte ich an und gehe runter zum Meer. Er ist menschenleer, nur 3 Mädchen und ein kleiner Hund sind außer mir hier. Die Mädchen tragen Neoprenanzüge, denn ohne diese wäre das Schwimmen im Meer einfach zu kalt. Als sie aus dem Wasser kommen, frage ich eine von ihnen wie viel Grad das Wasser hat. Am Anfang, so sagt sie, ist es ziemlich kalt, aber man gewöhnt sich schnell daran und dann ist es herrlich.

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Sonntag, 23. Januar 2011

Das Tal der Giganten

Der Südwesten Tasmaniens ist eines der unzugänglichsten Gebiete der Welt. Es gibt einen Fernwanderweg, den Port Davey Track, und eine Strasse, die ein kurzes Stück in den Nationalpark hineinführt, bis zum Lake Pedder. Der Rest sind 600.000 Hektar unberührte und unzugängliche Wildnis, die etwa ein Viertel der gesamten Insel ausmacht.
Auf dieser Straße habe ich mich heute aufgemacht ein Tal zu erkunden, dass man hier das Tal der Giganten nennt.
Gut eineinhalb Stunden fährt sie sich angenehm. Schon die Fahrt ist ein Erlebnis, denn die Straße passt sich Landschaft an, nichts wurde begradigt oder untertunnelt.

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Schließlich biegt man auf eine Geröllstraße ab, von der mein Reiseführer schreibt, sie wäre mit Zweiradantrieb machbar. Durchgeschüttelt und ziemlich eingestaubt kommt man nach 15 weiteren Kilometern an. Ein kleines Flüsschen, mit Namen Styx, hat sich in Jahrmillionen in das Gestein gefressen und dieses Tal geformt.
Der Boden des Tals ist feucht und nährreich und bietet die idealen Voraussetzungen für Wachstum und Artenreichtum. In diesem Tal findet man die größten Lebewesen der Südhalbkugel, den Eukalyptus regnans, oder Königseukalyptus. Es ist nicht nur die größte blühende Pflanze der Erde, sondern auch einer der größten Bäume, die man auf unserem Planeten finden kann. Größere Bäume findet man nur noch in den Redwoodwäldern Kaliforniens.
Bis zu 95 Metern Höhe und einen Umfang von 16 Metern erreichen die Baumriesen hier.

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Man kommt sich vor, wie ein Zwerg, der in einer anderen Welt, oder zumindest in einer anderen Zeit gelandet ist. Baumfarne, Stämme toter Bäume, Schlingpflanzen und von Zeit zu Zeit ein Baum von der Höhe eines Turms stehen hier dicht beieinander, alles über und über dick mit Moos bewachsen.

Ab und zu stehen Tafeln im Wald, die Erklärungen abgeben, warum gerade hier so große Bäume wachsen, über die Bedeutung von Buschbränden für diese Wälder und dass die Giganten im Laufe ihres 400-jährigen Lebens auch wieder schrumpfen.
Letzteres finde ich besonders interessant. Der Baum, vor dem ich stehe war in den 50er Jahren des letzen Jahrhunderts noch 98 Meter hoch, bei der letzten Messung im Jahr 2001 wurde seine Höhe nur noch mit 86 Meter bestimmt. Ein natürlicher Prozess des Alterns, wie ich erfahre, der die oberen Äste langsam austrocknen und absterben lässt. Stürme brechen das Todholz ab und der Baum schrumpft.

An den höchsten Bäumen hat man Bänke aufgestellt, deren Rückenlehnen besonders weit nach hinten geneigt sind. So kann man sich setzten und die ungeheure Größe dieses Naturwunders entspannt auf sich wirken lassen.

Samstag, 22. Januar 2011

Abel Tasman

Hobart, Tasmania

Der Niederländer Abel Tasman hatte den Auftrag, für die Niederländische Ostindien Kompanie, den kürzesten Seeweg zu den Goldschätzen Chiles zu suchen. Im Vorbeifahren sollte er auch noch Ausschau nach der Terra Australis, dem südlichen Kontinent halten, denn man war sich sicher, dass es im Südpazifik noch eine größere Landmasse geben müsste, als „Gegengewicht“ für die anderen Kontinente, die größtenteils auf der Nordhalbkugel liegen.

Er segelte von Batavia, dem heutigen Jakarta, nach Mauritius um Holz aufzunehmen, und dann so weit südlich in Richtung Osten, dass er zwar, ohne es zu merken, an Austalien vorbeisegelte, dafür aber die Insel Tasmanien entdeckte. Auf dem weiteren Weg in Richtung Chile entdeckte er auch noch Neuseeland, machte aber, nach einer wenig freundlichen Begrüßung durch die Maori, bei denen einige Seeleute ihr Leben ließen, keine weiteren Landgänge. Er war sich nicht einmal sicher, ob er bereits Chile erreicht, oder den unbekannten Südkontinent gefunden hatte.
Auf dem Rückweg nach Jakarta entdeckte er außerdem noch die Tonga und Fiji Archipele.

Heute tragen die Insel Tasmanien sowie die See zwischen Australien und Neuseeland seinen Namen.
Die Hauptstadt Tasmaniens hingegen wurde nach Robert Hobart, 4. Earl von Buckinghamshire benannt, wahrscheinlich eine Gefälligkeit unter Adligen, da dieser nie einen Fuß auf die Insel gesetzt hat.

Vieles erinnert noch an die koloniale Vergangenheit Tasmaniens, wenn man durch die Straßen Hobarts läuft. Es fällt nicht schwer sich vorzustellen, wie die Stadt ausgesehen haben muss, als sie Anfang des 19. Jahrhunderts gegründet wurde. Einige Gebäude tragen Jahreszahlen aus dieser Zeit.
Auf meinen Weg durch einen Park bin ich an ein paar alten Grabsteinen vorbeigekommen. Der älteste war der einer 21-jährigen Frau, die 1804, wahrscheinlich mit dem ersten Gefangenenschiff, am 21. Dezember auf der Insel ankam und am 31. Dezember verstarb. Die Todesursache wurde nicht erwähnt, aber ich vermute, dass Unterernährung, Skorbut und die Anstrengungen der achtmonatigen Reise sie dahingerafft haben.

Ich stehe auf dem Gipfel des Mount Wellington und schaue auf die Stadt und ihre Bucht herunter. Es ist empfindlich kühl hier oben, vielleicht 10°C.
Auch Charles Darwin stand schon hier und genoss den gleichen Ausblick auf die damals noch viel kleinere Stadt und auf sein Schiff, die Beagle, die im Hafen festgemacht hatte. Nur musste er die 1200 Höhenmeter zu Fuß und nicht auf Wegen, sondern querfeldein, bewältigen. Ich dagegen konnte bequem über eine kurvige Strasse mit dem Auto herauf fahren. In was für einer faszinierenden Zeit wir doch leben!

Weit im Süden

Als die Boeing 737 sich in die Luft erhebt und an Höhe gewinnt kann man erst sehen, wie groß Sydney wirklich ist. Die Häuser, die die Menschen hier bewohnen sind zwar deutlich kleiner als bei uns, meist nur eingeschossig und kellerlos, aber dadurch das fast niemand zur Miete wohnt, ist der Platzverbrauch enorm. Wenn man hier eins hat, dann ist das jedoch Platz. Ein Land, größer als Westeuropa mit nur 21,8 Millionen Einwohnern, das ist Weltrekord.
Ich habe einen Fensterplatz und kann so noch einmal einen Blick auf den Hafen, mit seinen Wahrzeichen, werfen, bis wir Sydney hinter uns lassen und, immer an der Küste entlang, Richtung Süden fliegen. Ob ich wohl nochmal zurückkommen werde?

Ich lege meine Lektüre zur Seite und schaue aus dem Fenster.
Es ist unglaublich, wie klar das Wasser ist. Ich kann selbst aus einer Höhe von ca.10000 Metern in Küstennähe noch den Meeresgrund sehen. An einem Strand, den wir überfliegen sehe ich sogar die Schatten der Wellen, die sich auf die Küste zubewegen.

Zwei Stunden später haben wir wieder Land unter uns, die Küste von Tasmanien ist erreicht. Mir fällt auf, wie braun die Insel ist. Der Boden sieht aus wie verbrannt. Ab und zu sieht man von großen Bewässerungsanlagen kreisrund bewässerte Felder. Im Sommer scheint es hier nicht viel zu regnen.
Im Landeanflug erhasche ich einen Blick auf die weltberühmte „Wineglass Bay“, den hübsch geschwungenen Strand, mit kegelförmigen Bergen, die aussehen, als hätte jemand Sand von oben herabrieseln lassen.
Bei einem Blick auf die Weltkarte, die sich in dem Magazin ein meiner Sitztasche befindet, stelle ich fest, dass ich noch nie so weit im Süden war. Von hier ab gibt es keine Landmasse mehr bis zur Antarktis. Hobart ist, so habe ich gelesen, der Ausgangspunkt für die meisten Antarktisexpeditionen.

Als wir das Flugzeug verlassen, ist es angenehm warm. Eine Stunde später, auf Erkundungstour durch die Stadt, wird es schon deutlich frischer und als die Sonne untergeht, brauche ich zum ersten Mal auf dieser Reise meinen Anorak. Die Temperaturen liegen tagsüber um die 23°C, können nachts aber auf einstellige Werte fallen.
Trotzdem sehe ich in den Parks große Palmen. Frost scheint es hier selbst im Winter nicht zu geben.

Hobart

Von der Altstadt aus, am Battery Point, hat man einen schönen Blick auf die Bucht und die Stadt. Kleine Häuser ducken sich an die Hänge ringsherum. Fast jeder hat hier Meerblick.
Ein kräftiger Wind bläst von der See her in die Bucht, die „roaring fourties“, die hier fast immer konstant blasen. Ich schließe meinen Anorak und genieße den Ausblick, bis die Sonne untergeht.

Donnerstag, 20. Januar 2011

Wilde Tiere



Die Ausstellung „Wildlife Photographer of the Year“ habe ich vor einigen Jahren einmal im British Museum in London gesehen. Es geht um wirklich spektakuläre Naturaufnahmen, die das Leben auf unserem Planeten dokumentieren.
Es gibt verschiedene Kategorien und die jeweiligen Siegerfotos werden in einer Wanderausstellung dem Publikum präsentiert. Die Fotografen äußern sich außerdem bei jedem Foto über die Umstände der Entstehung.
Ich habe Glück, dass die Ausstellung gerade in Sydney gastiert, denn dem Australian Museum wollte ich sowieso einen Besuch abstatten.
Geradezu sprachlos bin ich über die Siegerfotos in der Kategorie der 10 - 12 jährigen. Hier sind keine Profis am Werk, die die besten Möglichkeiten haben um ein Siegerfoto zu schießen, sondern Kinder. Ihr Gefühl für Komposition, Bewegung, Perspektive und dem Objekt, also der Landschaft oder den Tieren, die fotografiert werden, sind wirklich grandios. Die meisten der Fotos sind in direkt vor ihrer Haustür aufgenommen worden, oft mit der Ausrüstung ihrer Eltern.

Nach der Fotoausstellung widme ich mich ausgiebig der Ausstellung, die den Namen„Surviving Austalia“, also „Australien überleben“, trägt.
Hier geht es um die Gefahren, die den Menschen auf diesem Kontinent, in Gestallt von Tieren auflauern.

Fangen wir mit dem giftigsten Lebewesen der Erde an. Es hat soviel Gift, dass es eine ganze Busladung ausgewachsener Männer auf qualvollste Weise den Garaus machen kann, aber den IQ einer Scheibe Toastbrot. Die Rede ist von der Würfelqualle, die die gesamte Nordküste in den Sommermonaten in großer Menge bevölkert.
Ich habe bei der Vorbereitung meiner Reise folgende Geschichte gelesen: Ein Junge geht an einem gesperrten Strand ins Wasser, macht sich noch über seine ängstlichen Freunde, die an Land bleiben, lustig, als er von einer Würfelqualle berührt wird. Er schreit in Agonie und wird von heftigsten Krämpfen geplagt und selbst als die eilig herbeigerufenen Sanitäter ihn mit Betäubungsmittel sedieren, schreit der Junge in der Narkose weiter.

An zweiter Stelle kommt ein Octopus, klein und unscheinbar, gerade einmal 6 bis 7 cm groß, der, wenn er sich bedroht fühlt, zubeißt. Sein Gift ist tödlich ein Gegengift ist nicht bekannt.

Den dritten Platz meiner persönlichen Bestenliste gefährlicher Tiere ist eine Molusk, eine Wasserschnecke, die Giftpfeile verschießen kann, wenn man ihr zu nahe kommt.

An vierter Stelle der Tiere, denen ich nicht begegnen möchte stehen die Wasserschlangen. Sie sind allesamt giftig, aber im Gegensatz zu ihren an Land lebenden Artgenossen, nicht scheu, sondern äußerst neugierig. Sollte man einer über den Weg schwimmen, kann man sich darauf verlassen, dass sie sich einen kleinen Höflichkeitsbesuch nicht entgehen lassen wird. Es wird geraten keine hastigen Bewegungen zu machen, ihnen mit Respekt zu begegnen und ruhig zu bleiben. Wenn sie beißen, dann oft nur „trocken“, also ohne Gift, als Warnschuss sozusagen.

Dies ist nur ein kleiner Abriss der Tiere, die einem gefährlich werden können. Natürlich gibt es auch noch Haie, Krokodile, Spinnen, Skorpione und eine ganze Menge anderer Kreaturen, die einen ins Jenseits befördern können. Australien ist kein Land für Weicheier, aber das habe ich ja schon einmal erwähnt.
Warum es gerade auf diesem Kontinent so viele derart giftige Tiere gibt, ist den Forschern bis heute ein Rätsel. Spinnen, zum Beispiel, fangen hier auch nur kleine Insekten, für die sie eine solche Menge Gift nicht bräuchten.

Nach dieser Eindrücken kommen einem die Dinosaurier, die in der nächsten Halle auf die Besucher warten, gar nicht mehr so bedrohlich vor. Ich schaue mir noch ein paar gut gemachte, kurze Filme an und verlasse das Museum.

Draußen ist ein warmer Sommertag. Ich hole mir einen Kaffee, setzte mich in den Hydepark, direkt vor dem Museum, in die Sonne und lese.

Mittwoch, 19. Januar 2011

Kirribilli



Woran liegt es eigentlich, dass man so gut wie nichts über den fünften Kontinent weiß?

Wer weiß, zum Beispiel, wie der derzeitige Premierminister heißt (Julia Gillard, eine Frau) oder wie viele Menschen diese Land bevölkern (21,8 Millionen, also weniger als in der Stadt Sao Paulo leben)? Wem ist denn bekannt, dass Australien immer noch einen britischen Generalgouverneur hat, der die Befugnis hat das Parlament aufzulösen, und dies auch schon einmal gegen den Willen des australischen Volkes gemacht hat? Wer hat denn schon mal davon gehört, dass die australische Bevölkerung darüber aufgerufen wurde zu entscheiden, ob ihr Land eine Republik werden soll und dies abgelehnt hat?

Kurz und gut, Australien ist der unbekannt Kontinent. Man weiß zwar, dass er da ist, dass es dort viel Platz gibt und jede Menge exotischer Lebewesen, aber dann ist das Wissen über eines der größten Länder der Erde bereits erschöpft. Aber warum ist das so?
Vielleicht liegt Australien einfach zu weit weg, vielleicht liegt es aber auch daran, dass es hier weder religiösen Fanatiker gibt, die den Rest der Welt mit ihrem Glauben erfreuen möchten, noch gibt es Regierungskrisen, es wird nicht versucht mit der künstlichen Verknappung von Rohstoffen Politik zu machen oder der Welt mit rabiaten Mittel ihren Lebensstil näher zu bringen.
Mit anderen Worten, Australier sind ein friedliches Volk am Ende der Welt, die, so glaube ich, ganz zufrieden damit sind, um sich selbst kein großes Aufhebens auf unserem Planeten zu veranstalten.

Mein Ausflug die Küste entlang ist vorbei. Ich wollte noch zwei Tage in der Stadt verbringen, die mich in ihren Bann gezogen hat, seit ich sie zum ersten Mal besucht habe, bevor ich dann zur letzten Etappe meiner Reise nach Tasmanien aufbreche.

Der Stadtteil mit dem lustigen Namen Kirribilli ist das zu Hause der Vornehmen und Reichen der Stadt und soll auch für die nächsten zwei Nächte meine Basis sein. Das Glenferrie wurde gerade zu Australiens schönstem Budget Hotel (Zimmerpreise unter 100 Dollar) gewählt. Die Adresse ist geradezu nobel, der Generalgouverneur des Landes und auch der Premierminister sind in den nächsten Tagen meine direkten Nachbarn, und auch das Haus selber lässt derart günstige Preise nicht vermuten.
Neben dem Gouverneurspalast stehen hier gepflegte Häuschen aus den letzten Jahren des 19. Jahrhunderts in hübschen Gärten, und gepflegte Apartmentblocks. Die Straßen sind mit alten Bäumen gesäumt - hier lässt es sich leben.

Von fast überall kann man die Brücke, das Opernhaus und die Skyline der Innenstadt, mit ihren Bürotürmen sehen, denn hier befindet man sich genau auf der gegenüberliegenden Seite des Hafens.

Mein Abendessen nehme ich in einem winzigen italienischen Lokal direkt am Fuße der Harbourbrigde ein, alfresco, wie man hier sagt, also im Freien. Es herrscht eine herrlich entspannte Atmosphäre. Obwohl hier jedes der kleinen Häuschen Millionen wert ist, wird nicht mit Statussymbolen geprotzt. Die Autos, die vor den Villen parken, sind Klein- und Mittelklassewagen, vornehmlich aus japanischer Produktion, die Menschen sind legere gekleidet und versuchen nicht zu beeindrucken.

Auf dem Rückweg ist es bereits dunkel und ich sehe den Lichterglanz der Stadt zum ersten Mal von dieser Seite des Hafens. Der Anblick ist so überwältigend schön, dass man sich kaum losreißen kann.

Montag, 17. Januar 2011

Life is a beach



Der Sog des Rücklaufs der Wellen ist so stark, dass man sich kaum auf den Beinen halten kann. Trotzdem sind Kinder neben mir im Wasser, die mir gerade mal bis zur Hüfte reichen. Sie quietschen vor Vergnügen, wenn sich das ablaufende Wasser und die hereinkommenden Wellen zu einem Berg auftürmen und sie anheben. Die Eltern und Lifeguards haben ein sorgsames Auge auf sie.
Die Sonne brennt unbarmherzig vom Himmel.

Life is a beach.

Sonntag, 16. Januar 2011

Kein Land für Weicheier



Zuerst denke ich, ich sehe eine Fatamorgana, aber auch beim zweiten Hinschauen ist sie noch da. In einiger Entfernung sehe ich eine Kamelkarawane durch den Sand ziehen.

Kamele wurde von einem Forschungsreisenden nach Australien eingeführt, aber selbst die hartgesottenen Wüstenschiffe mussten sich den klimatischen Bedingungen der australischen Wüste geschlagen geben. Sobald sie sich Verletzungen zuzogen legten Fliegen ihre Eier in den Wunden ab, in denen sich alsbald Larven tummelten. Die Wunden infizierten sich und die Kamele verendeten qualvoll. Der Rest der Tiere wurde einfach freigelassen und besiedelt noch heute einen etwas lebensfreundlicheren Teil der Wüste.

Von der Wüste bin ich heute jedoch weit entfernt. Vielmehr habe ich heute das „Woromi Conservation Land“ besucht. Ein Landstrich, der den Aborigines, die hier seit mindestens 4000 Jahren leben, erst 2001 zurückgegeben wurde. Hier befinden sich die größten Wanderdünen der südlichen Hemisphäre. Sie erstrecken sich 35 Kilometer an der Küste entlang, bis Nelson Bay. Für die Aborigines heiliges Land, für die Touristen ein großer Spielplatz, mit allerlei Vergnügungsmöglichkeiten, wie zum Beispiel Kamelreiten, Quadfahren oder Sandboarding.
Man kann aber auch in den Dünen umherwandern und sie so auf sich wirken lassen.



Es ist mühsam in dem weichen Sand zu laufen. Nach einiger Zeit finde ich heraus, dass es am besten geht, wenn man die Fußsohlen immer plan aufsetzt. Außerdem kann man leicht die Orientierung verlieren, wenn man in einem Dünental ist und den Ozean nicht mehr sieht.

In Sydney habe ich mir einen Boomerang gekauft. Keinen dieser bemalten Touristenandenken, sondern einen Jagdtboomerang, der, wenn man ihn richtig wirft, tatsächlich auch zum Werfer zurückkommt. Dazu braucht man allerdings viel Platz um sich herum, hier ist also das ideale Revier um meine ersten Würfe auszuprobieren. Er fliegt weit und manchmal beschreibt er auch eine Kurve, aber bis er zu mir zurückkehrt, muss ich wohl noch ein wenig üben.

Nach einigen schweißtreibenden Versuchen setzte ich meine Wanderung fort. Ich möchte auf den höchsten Punkt der Düne, um mir einen Überblick über die Landschaft und ihre Größe zu verschaffen. Von Weitem sehe ich, dass der Gipfel schon von einer kleinen Gruppe anderer besetzt ist. Als ich ankomme werde ich herzlich begrüßt, mir werden kalte Getränke und Früchte angeboten und ich werde gefragt, ob ich das Sandboarden mal ausprobieren möchte.



Ich komme mit den jungen Frauen ins Gespräch und es stellt sich heraus, dass sie Profifussballerinnen sind, die in der amerikanischen Profiliga spielen und hier ihre Winterpause verbringen. Eine erzählt mir, dass sie im Sommer nach Deutschland kommen möchten um sich ein paar Spiele der Fußballweltmeisterschaft der Frauen anzuschauen, die bei uns stattfindet. Ich gebe ihnen meine Adresse, für den Fall, dass sie nach München kommen und verabschiede mich. Ich möchte mich noch im Meer abkühlen, bevor ich wieder zurückfahre.

Und was für eine Abkühlung das ist. Das Meer hat nur 16°C, aber der einzige den das zu stören scheint‚ bin ich. Kinder und Erwachsene rennen gleichermaßen in die Wellen, ohne sich auch nur kurz an das kalte Wasser zu gewöhnen.
Australien ist halt kein Land für Weicheier.

Samstag, 15. Januar 2011

Between the Flags



Newcastle wurde von Lonely Planet, bei der jährlichen Wahl der interessantesten Reiseziele auf Platz 8 gewählt (auf dem ersten Platz liegt New York).
Grund genug für mich mir die Stadt anzusehen.
Nur etwas mehr als 250 Kilometer von meinem letzten Aufenthaltsort Katoomba enfernt, in gut 3 1/2 Stunden zu erreichen.
Was sich mir auf den ersten Eindruck präsentiert ist enttäuschend. Hübsche Wohnviertel und hässliche Einkaufszentren, mit den üblichen Mc Donalds-, Pizza Hut-, Kentucky Fried Chicken-Fillialen, wechseln sich ab.
Die Stadt selber hat zwei Strände, der eine unmittelbar an die Einkaufsstraße angrenzend, der andere nur mit dem Auto, dem Bus oder durch einen längeren Fußmarsch zu erreichen.
Zugegeben, der Himmel ist bewölkt und es ist Samstag Nachmittag, zwei Gegbenheiten, die jede Stadt in einem ungünstigen Licht erscheinen lassen. Trotzdem vermute ich, dass ein verantwortlicher Redakteur seinem Heimatort einen Gefallen tun und ahnungslose Touristen in die Stadt locken wollte. Bei seinem Heimatmarkt ist Lonely Planet eindeutig befangen.

Ich fahre raus zum Strand um die Badenden und Surfer zu beobachten. Um selbst noch ins Wasser zu springen ist es bereits zu spät und das hat folgenden Grund:
An den meisten Stränden, zumindest den bekannteren und frequentierten, gibt es Lifeguards. Sie tragen gelbe Jacken, rote Shorts und eine ziemlich alberne, rot gelb gestreifte Bademütze, die mit unter dem Kinn zusammengebundenen Bändern, auf dem Kopf gehalten wird. Solche Bademützen hatten wir auch bei der Bundeswehr, aber das ist ein Vierteljahrhundert her und selbst damals waren sie schon albern.

Diese Lifeguards sind die uneingeschränkten Herrscher über den Strand. Dieser mag noch so groß sein, gebadet werden darf nur zwischen zwei rot-gelben Flaggen, die in den Sand gerammt wurden, „between the flags“, wie es hier heißt. Ihr Abstand beträgt vielleicht 50 Meter und, wie gesagt, nur in diesen 50 Metern ist das zu Wassergehen gestattet. Sollte man beim Tollen in den Wellen diese relativ kleine Zone unabsichtlich verlassen, gibt‘s sofort einen Anschiss über die strandeigene Lautsprecheranlage, der sich gewaschen hat.
Vor ein paar Tagen erst, regte sich die Nation über einen führenden Politiker auf, der außerhalb der Flaggen geschwommen war und dabei fotografiert wurde. Das war der Aufmacher auf den Titelseiten der Zeitungen!!!

Um 17:30 Uhr ist dann Schluß mit dem Vergnügen. 10 Minuten vorher wird, ebenfalls über Lautsprecher angekündigt, dass die Badezeit zu Ende ist und wer dann nicht pünktlich um 17:30 Uhr das Wasser verlassen hat, wird erst per Trillerpfeife aus dem Wasser komplimentiert und kann sich dann auf eine Standpauke vom Feinsten gefasst machen.

Zugegebenermaßen machen die Lifeguards eine gute Arbeit. Natürlich sind sie, der Meinung aller Australier nach, die Besten ihres Faches weltweit.
Erst unlängst habe ich ein Interview mit einem Rettungsschimmer gelesen, der in einer Woche 100 Menschen gerettet hat, einen davon, einen Touristen gleich zwei Mal. Nur drei sind im gleichen Zeitraum ertrunken - kein schlechter Schnitt.

Freitag, 14. Januar 2011

Ein lebendes Fossil

Als ich um die Biegung laufe, steht plötzlich ein Tier vor mir, dass ich noch nie vorher gesehen habe. Es wirkt irgendwie vertraut und doch ganz fremd.

Ähnlich unserem Igel ist es stachelbewährt, aber viel größer, vielleicht 40 cm lang, mit mächtigeren Stacheln, und hat einen ebenso stachligen Schwanz. Sein Gesicht ist spitz und mit seien stämmigen Beinen bewegt er sich erstaunlich zügig voran.
Kurz verharrt er und stellt sich tot als er mich sieht, wobei er sich mit seinen Beinen im Erdreich verkeilt, als er aber merkt dass keine Gefahr droht, geht er seinem Werk, der Suche nach Nahrung, weiter nach, bohrt seine spitze Schnauze in morsches Holz, wühlt darin herum, und verschwindet dann im Unterholz.
In seinen Bewegungen erinnert er mich an ein Tier aus längst vergangenen Zeiten.

Der Ameisenigel, so erfahre ich später bei meiner Recherche im Internet, ist tatsächlich ein Relikt aus der Vorzeit, aus der sogenannten Klasse der Ursäuger (Ordnung der Kloakentiere, sei der Vollständigkeit halber auch noch erwähnt).
Zusammen mit dem ebenfalls nur in Australien beheimateten Schnabeltier, bilden die Ameisenigel die einzig verbliebene Familie der eierlegenden Säugetiere. Lange wusste die Wissenschaft nicht, ob man es mit Reptilien oder Säugetieren zu tun hat. Man entschied sich für die Säuger, aber nur weil man sich für eines von beiden entscheiden musste.
Was sich also hier vor mir über den Waldboden bewegt ist nichts weniger als ein lebendes Fossil. Wäre Australien nicht so viele millionen Jahre isoliert gewesen, wären diese Arten längst verschwunden.

Ich versuche ein paar gute Fotos zu schießen, aber er bewegt sich zu schnell, also schalte ich meine Kamera auf Video um und mache ein kurzes Filmchen.



Man muss auf seinen Wanderungen nur kurz anhalten und lauschen und schon entdeckt man Interessantes.
Zuerst höre ich nur ein heiseres Lachen, also bleibe ich stehen und suche die Bäume ab. Ich muss nicht lange suchen um den Kookaburra zu sehen der direkt über mir in einem toten Baum sitzt. Ich denke an das alte Kinderlied, über den Kookaburra, der auf einem alten Gummibaum sitzt und vor sich hin lacht, das ich im Englischunterricht gelernt habe.

Kaum 5 Minuten später sitzen 3 große rote Papageien direkt am Weg auf einem Ast. Ein amerikanische Paar fotografiert sie gerade. Ich muss erst umständlich meine Kamera aus dem Rucksack holen und als ich endlich bereit bin, fliegen sie weg.
Zwei deutsche Touristinnen, die ebenfalls auf dem Prince Henry Trail unterwegs sind, und ebenfalls ein Foto machen wollten, beschweren sich nun lautstark auf deutsch, dass die beiden zuvor für ihr Bild viel zu lange gebraucht hätten. Ich kann sie noch lange schimpfen hören.

Donnerstag, 13. Januar 2011

Der Zauberwald



Der Steg auf dem ich mich befinde ist so schmal, dass zwei Personen nur mühsam aneinander vorbeikommen. Außerdem ist er steil, sehr steil sogar, und nichts für Menschen mit Höhenangst.
Immer wieder verlässt man festen Boden und läuft auf Metallgittern, oder -stufen, die direkt im Fels verankert sind.
So geht es Meter um Meter nach unten, immer an senkrechten Abhängen entlang und immer näher dem grünen Teppich entgegen, der sich vor einem ausbreitet.
Jetzt bin ich auf der Höhe der Baumwipfel angelangt, noch wenige Meter nach unten in ich bin mitten im Regenwald.

Gestern Abend regnete es heftig und als der Regen vorüber war, wurde er durch einen undurchdringlichen Nebel ersetzt, der auch heute Morgen noch die Landschaft bestimmte. Ich dachte erst ich müsste von meinem Plan auf eine Urwaldwanderung zu gehen, absehen, doch, nach dem Frühstück, verabschiedete sich der Nebel ebenso schnell, wie er gestern gekommen war.
Ich zog also meine Wanderstiefel an, die ich extra für diesen Teil der Reise und für Tasmanien mitgenommen hatte, und Minuten später stand ich im Besucherzentrum des Nationalparks um mich über geeignete Touren zu informieren.
Man empfahl mir die „giant stairways“ an den Abhängen entlang nach unten, ein etwa 1 1/2 stündiges Stück an den Hängen entlang und dann, an einem Wasserfall wieder nach oben und auf dem „Prince Henry Weg“, diesmal am oberen Teil der Abhänge, wieder zurück nach Katoomba, insgesamt etwa 3 1/2 Stunden Wanderung.

Ich begegne nur wenigen Wanderern hier unten und die Stimmung ist märchenhaft. Riesenhafte Farne bilden einen Schirm, der kaum Tageslicht auf den Boden lässt. Der Geruch nach Eukalyptus ist allgegenwärtig und mischt sich mit dem feuchten, warmen Geruch der Erde. Ständig hört man den Ruf von Vögeln, die man nicht kennt. Wenn man stehen bleibt, sieht man ab und zu bunte Papageien über einem fliegen oder auf Bäumen sitzen.



Allmählich kommt der Nebel zurück und es beginnt zu nieseln, was die Stimmung im Wald noch unwirklicher macht. Ich mache mir Gedanken, denn der gestrige Nebel kam so plötzlich und war so stark, dass man kaum noch den Boden unter sich sehen konnte. Zwar gehe ich auf gut ausgeschilderten Wegen und bin auch nicht weit von der Zivilisation entfernt, aber gestern hätte man Wegweiser nicht mehr sehen können.
Jetzt weiß ich, warum man sich am Eingang kostenlose Ortungsgeräte ausleihen kann.
Ich hole mein iPhone aus der Tasche und prüfe ob ich Empfang habe. Ich habe ein, wenn auch schwaches, Signal, gut genug um mich mittels GPS zu orientieren.
So habe ich auch schon einmal im Auto meinen Weg durch absolut undurchsichtigen Nebel gefunden. Ich bin beruhigt.



Den Wasserfall kann man schon von weitem hören und trotzdem ist man erstaunt, wenn man ihn vor sich hat. Aus sicherlich 150 Metern Höhe ergießt er sich in Kaskaden in den Urwald. Noch ist die Sicht gut genug um stehenzubleiben und ihn zu bewundern.
Unmittelbar danach beginnt der Aufstieg. An dieser Stelle fährt auch eine Seilbahn mit Glasboden nach unten. Man muss den Touristen schließlich was bieten.
Oben angekommen ist der Nebel so dich, dass man auf den Aussichtspunkten nur noch in eine weiße Wand schaut. Auf einem Ast neben mir sitzt ein rabenschwarzer Papagei, und nörgelt. Ich spreche ihn an und er macht die für Papageien typischen, nach oben und unten wippenden Bewegungen. Wenig später sehe ich das Besucherzentrum in der Ferne. Die Zivilisation hat mich wieder.

Japaner im Urwald

Der Blick der sich vom „Echo Point“ in das weite Tal erstreckt ist unglaublich schön. Mann sieht tatsächlich nichts außer Felsen und Urwald. Keine Lichtung, kein Weg und schon gar keine Straße, nur grüner, undurchdringlicher Urwald.
Zur Linken des Aussichtspunktes stehen drei einzeln stehende Felsnadeln, die drei Schwestern. Sie sind das Wahrzeichen des Nationalparks Blue Mountains.



Die bläuliche Färbung der Luft, die dem Gebirge seinen Namen gab, stammt übrigens von den Ausdunstungen der Eukalyptusbäume, die etwa 95 Prozent des Urwaldes ausmachen. Man kann es sehen, aber auch riechen.
Die Bäume sind voll mit Öl und geben daher einen hervorragenden Brandbeschleuniger für Buschfeuer ab. Überall wird vor dieser Gefahr gewarnt.
Die „Blue Mountains“ sind ein Paradies für Wanderer und Vogelkundler, denn die Wälder sind voll von exotischen Vögeln, die man schon hier oben, vom Echo Point, hören kann.

Nun ist es hier, wie an allen Punkten von touristischem Interesse: außer mir sind heute noch andere Menschen auf die Idee gekommen, diese grandiose Aussicht zu genießen. Ziemlich viele sogar.
Vor mir ist gerade eine Gruppe japanischer Touristen angekommen und alle müssen jetzt ein Foto von sich mit der Felsgruppe der drei Schwestern machen. Erst einzeln, dann in kleinen Gruppen, dann wieder in Gruppen mit anderer Besetzung.
Die Mädchen halten dabei stets Mittel- und Zeigefinger zum V gespreizt in die Kamera, ihrer Meinung nach das internationale Zeichen für „süß“, das ist ein Reflex bei Asiatinnen.
Die Herren dagegen sind gekleidet, als ob sie sich gleich von der Gruppe verabschieden und für mindestens 4 Wochen in den Dschungel, der sich unter ihnen ausbreitet, verschwinden wollen. Sie tragen große Outbackhüte und scheußliche, ärmellose Survivalwesten mit tausenden kleinen Taschen daran. Trotzdem steigen sie mit allen anderen nach wenigen Minuten wieder in den Bus. Japaner sind schon lustige Zeitgenossen.

In den ersten 25 Jahren der europäischen Besiedlung galten die Blue Mountains als unüberwindbar. Mehrmals zogen Expeditionen los und suchten nach einer Passage, jedoch scheiterten sie alle an dem undurchdringlichen Urwald und an den vielen Schluchten, die dann plötzlich in senkrecht aufragenden Felswänden enden.



Schließlich, nach 25 Jahren, gelang es drei hartgesottenen Männern endlich das, als unpassierbar geltende, Gebirge zu bezwingen. Der Ausblick der sich den entkräfteten Expeditionsteilnehmern bot, war vielversprechend und hatte eine saftige Überraschung für sie bereit.
So weit das Auge reichte, erblickten sie üppig grünes Weideland und, mittendrin, zufrieden grasende Kühe. Es waren die Nachkommen der Rinder, die der ersten Expedition um Gouverneur Phillip gleich nach ihrer Landung im heutigen Sydney entlaufen waren.
Sie hatten die Blue Mountains auf ihrer Suche nach Nahrung einfach umlaufen. Warum die diversen Expeditionen nicht auf die selbe Idee gekommen sind, wie ebendiese Horde Rinder, wird für immer ihr Geheimnis bleiben.

Das Weideland war natürlich nicht so groß, wie die Männer beim ersten Anblick dachten. Nur wenige Meilen später machte es der Wüste platz, die den größten Teil des Kontinents ausmacht.
Auch diese kleine Stück fruchtbare Land ist heute nicht mehr da und das ist dem Großgrundbesitzer Thomas Austin zu verdanken. Er setzte im Jahr 1839 vierundzwanzig, aus dem Königreich importierte Kaninchen aus, um sie später zu jagen. Ein verhängnisvoller Fehler, den der Fortpflanzungstrieb und Appetit dieser Tiere sind gleichermaßen sprichwörtlich.
Heute schätzt man die Population auf 100 Millionen Tiere, bei ca. 19 Millionen Einwohnern. Das ist aber eine andere Geschichte und wird sicherlich später nochmal von mir aufgegriffen.

Dienstag, 11. Januar 2011

Wer hat Euch das denn beigebracht?

Immer wenn ich das Meer rieche bekomme ich Hunger, habe ich das schon Mal erzählt? Es ist wie ein Reflex. Sobald mir der Geruch von Algen und Salz in die Nase steigt denke ich mir: jetzt wäre ‘was zu essen recht.
Das führt dazu, dass ich hier permanent denke, ich könnte einen kleinen Snack vertragen. Gelegenheit gibt‘s dazu ja wahrlich genug. Es wimmelt nur so von kleinen Cafés, Restaurants, mit Spezialitäten aus aller Herren Länder, und Bäckereien.
Ich habe, seit ich in Australien angekommen bin, noch nicht einmal schlecht gegessen. Egal wo ich war und was ich bestellt habe, alles war hervorragend.
Liebe Australier, wer hat Euch das denn beigebracht? Bei allem Respekt, schließlich habt Ihr doch mal als Engländer angefangen, und dort betrachtet man „fish and chips“, also Backfisch mit Pommes, die in einer alten Zeitung serviert werden, als Höhepunkt kulinarischer Genüsse.
Und dann Euer Kaffee! Hier gibt es nirgendwo diese furchtbaren Kaffeevollautomaten, wie man sie aus der deutschen Gastronomie kennt, bei denen Milch und ein kaffeeartiges Getränk aus ein und der selben Düse sprotzt.
Hier wird jede Tasse mit Liebe zubereitet und beim Eingießen der Milch noch kleine Muster, wie Blätter oder Herzen, in die Crema gemalt.

Gestern habe ich den Nachmittag in Manly Beach verbracht. Eine wunderbare Fahrt mit der Fähre durch den Hafen, entlang der Stelle, wo er in den offenen Pazifik mündet und die Wellen schon ordentliche Höhen erreichen. Kurz vor der offenen See biegt das Schiff nochmal ab und hält in einer kleinen Bucht. Man ist in Manly.
Der Strand ist unter Surfern bekannt. Ich bin hergekommen um ihnen zuzuschauen. Wahre Meister ihres Sportes sind im Wasser und vollführen schier unglaubliche Manöver, die nicht selten in spektakulär aussehenden, unfreiwilligen Sprüngen von ihren Brettern enden.
Ich liebe es Ihnen dabei zuzusehen. Schon immer wollte ich das können, die Wellen bezwingen, in affenartiger Geschwindigkeit an ihnen herunterfahren und dabei Haken schlagen, wie Hasen auf der Flucht.
Hier gibt es sogar eine Surfschule. Auch die Novizen dieses Sports beobachte ich eine Weile. Würde ich näher am Meer leben, hätte ich mich sofort zu einem Kurs angemeldet.

Als es Abend wird suche ich nach einem Lokal zum Abendessen. Wie gesagt, Meergeruch mach mich hungrig, dagegen bin ich machtlos. Ich finde ein italienisches Restaurant direkt am Strand, das Blue Water Café. Eine kleine aber sehr exklusive Speisekarte, sehr casual, mit Bedienungen, die so aussehen, als ob sie selber den ganzen Tag auf einem Surfbrett verbracht haben und wahrscheinlich ist das auch so.
Ich speise einmal mehr vorzüglich.

Sydney Harbour

Auf dem Heimweg ist, als die Skyline von Syndey vor mir auftaucht, gerade die „blaue Stunde“, der Moment am Tag, an dem die untergehende Sonne alles in ein surreal blaues Licht taucht.
„Gück muss man haben“, denke ich bei mir als ich ein Foto mache und „jetzt wäre ‘was zu Essen recht“.

Montag, 10. Januar 2011

Blood, Sweat and Fears

Es gibt eigentlich nur noch eine Stadt auf der Welt, die Sydney das Wasser reichen kann: Rio de Janeiro. Auf eine Art sind sich beide ziemlich gleich und auf eine andere doch wieder ganz unterschiedlich.
Beide liegen an einem natürlichen Hafen in atemberaubender Landschaft, werden vom Meer bestimmt, haben eine Surferkultur und beide sind in sich selbst verliebt.
Rio ist noch lebenshungriger, noch knalliger, noch hedonistischer als seine australische Konkurrentin. In Rio lebt man das Leben als ob es im nächsten Moment vorbei sein kann. Rio ist Samba, laut, heiß und ein bisschen vulgär. Rio ist wie Sex, 24 Stunden am Tag, jeden Tag.
Sydney ist britisch zurückhaltend, ein wenig schüchtern und wie die Phase der ersten Verliebtheit.
Rio wird vom Zuckerhut und von der Christusstatue auf dem Corcovado dominiert und Sydney vom Opernhaus und seiner Harbour Bridge.

Harbour Bridge

Es hat lange gedauert, bis sich die Stadtväter endlich zum Bau einer Brücke durchringen konnten. Lange hieß es, man bräuchte sie nicht und sie wäre zu teuer. Eine Zeit lang überlegte man auch, ob ein Tunnel unter dem Hafen die bessere Alternative wäre (den gibt es mittlerweile zusätzlich). Es vergingen Jahrzehnte mit der Planung, bis man Ende der 20er Jahre des letzen Jahrhunderts endlich damit begann. Hätte man noch wenige Jahre länger gewartet, wäre sie wahrscheinlich nie entstanden, denn die Bauphase fiel genau in die Zeit der großen Depression.

Es ist schon ein beeindruckender Anblick, wenn man an der Bahnstation Circular Quay aussteigt und sich dieses Monstrum aus Stahl und Beton direkt vor einem erhebt.
Man kann sie nicht nur mit dem Auto, der Bahn oder zu Fuß überqueren, man kann auch ihre stählernen Bögen erklimmen und die einmalige Aussicht auf den ganzen Hafen von dort oben aus genießen.

Bridge Climber

Die Brückenkletterer bekommen einen Overall, Helme und werden mit Bergsteigergeschirr gesichert. Der Ausflug dauert 2 Stunden und kostet 120 Euro.
Auch die Brückenpfeiler kann man besteigen und das ist mit 7 Euro geradezu ein Schnäppchen und außerdem auch noch weniger anstrengend. Ich entscheide mich für die zweite Variante und beschließe das gesparte Geld in ein ordentliches Abendessen zu investieren.

Enjoying the view

Auf dem Weg in die Höhe passiert man auf halber Strecke ein Besucherzentrum in dem über die Geschichte und den Bau der Brücke informiert wird. Alles wird mit Modellen und zeitgenössischen Fotos dokumentiert.
Die Arbeitsbedingungen waren mehr als hart. Die Arbeiter hatten weder Helme, noch Sicherheitsschuhe und auch sonst keine Schutzkleidung. Von Sicherungsmassnahmen wie Netzen oder Seilen ganz zu schweigen.
Die Metallnieten, die die großen Stahlträger zusammenhalten, mussten an Ort und Stelle weißglühend verarbeitet werden, daher gab es kleine transportable Öfen. Hatten sie die gewünschte Temperatur erreicht, wurden die Nieten in ein vorgefertigtes Loch in dem Träger gesteckt, ein Arbeiter musste die Niete sichern und der andere mit einem Presslufthammer dagegenschlagen. All das ohne Gehörschutz.
Viele der Männer hatten Brandwunden von den heißen Nieten, Schnittwunden von scharfen Metallteilen und so gut wie alle waren von dem Lärm auf der Baustelle nach Fertigstellung der Brücke schwerhörig.
Wie viele der Arbeiter beim Bau der Brücke ums Leben kamen weiß ich nicht, aber es dürften einige gewesen sein.
Ein Denkmal für sie gibt es nicht, aber das haben sie sich selbst gesetzt. Sie haben eine australische Ikone geschaffen, bezahlt haben sie sie mit „blood, sweat and fears“ - Blut, Schweiß und Angst.

Sonntag, 9. Januar 2011

Ein Tag am Meer

Eigentlich brauche ich nicht viel, um glücklich zu sein. Ein paar nette Menschen um mich, ein einfaches Essen aus frischen Zutaten dazu ein guter Kaffee, ein paar Euro in der Tasche und dann und wann ein bisschen Sonne. Wenn man sich dazu noch einen der bekanntesten Strände der Erde vorstellt hat man eine ziemlich gute Beschreibung meines heutigen Tages.

Bondi Beach

Bondi Beach wurde von „Lonely Planet“, dem Weltmarktführer in Sachen Individualreisen, an die erste Stelle der australischen Sehenswürdigkeiten gewählt. Aber was macht ihn so besonders?
Zunächst einmal gibt es nicht viele Großstädte, die direkt vor der Tür solch herrliche Strände haben. Rio de Janeiro, mit den Stränden von Copacabana und Ipanema, Honolulu, Miami, viel mehr fallen mir nicht ein.
Bondi, ein Stadtteil Sydneys, kann man sich vorstellen wie eine gut eingetragene Jeans oder sein Lieblingssweatshirt. Nicht besonders schick aber stylisch, vielleicht nicht mehr im besten Zustand, aber gerade deswegen so beliebt, nicht billig, macht aber trotzdem unheimlich Spaß.

Als ich vor etwa siebzehn Jahren zum letzten Mal dienstlich in Australien war, wurde ich und eine Kollegin hier in Sydney krank. Hals- und Gliederschmerzen, leicht erhöhte Temperatur - ein grippaler Infekt. Da der Rückflug nicht mehr weit war, beschlossen wir unseren Lufthansa Vertragsarzt aufzusuchen, um uns für den nahenden Heimflug fit machen zu lassen. Wir riefen in seiner Praxis an und erfuhren dass der Arzt ebenfalls erkrankt zu Hause geblieben war und das Bett hütete, er aber bei uns eine Ausnahme machen, und uns in seinem Haus für eine kurze Konsultation empfangen würde. Der Arzt wohnte in Bondi und so kam ich zum ersten Mal in das Viertel, das ich heute wiedersehen würde. Der Mann wohnte übrigen so spektakulär, wie man es sich nur vorstellen kann. Sein Haus lag in Nordbondi ganz oben auf einer Klippe, so nah an den Abgrund gebaut, dass man von seinem Wohnzimmer, in dem er uns empfing, nur das Meer sah, als ob man darüber schweben würde. Einen sensationelleren Ausblick aus einem Wohnhaus habe ich nie mehr gesehen.

Bondi Surfer

Als ich den Stand sehe fällt mir zunächst auf, dass er ziemlich leer ist, obwohl heute Sonntag ist. An jedem sonnigen Sommersonntag sind am Echinger See mehr Menschen als hier an diesem zwei Kilometer langen Traumstrand.

An der Südseite liegt das Klubhaus der Bondi Icebergs, ein Schwimmclub, der ein spektakuläres Meerwasserbecken betreibt, das auch für Besucher geöffnet ist. Der Pool ist in die Klippen hineingebaut und dann und wann schwappen größere Wellen in das Becken und sorgen so für Wasseraustausch. Den Namen habe sie sich übrigens gegeben, weil sie zu jeder Jahreszeit schwimmen und der Pool natürlich nicht beheizbar ist.
Würde ich hier wohnen, wäre ich sicherlich Mitglied in diesem Klub.

Iceberg Club

Im Februar des Jahres 1938 ereignete sich an diesem Strand folgende Szene, die in die Geschichte als „schwarzer Sonntag“ eingehen sollte: Drei große Wellen kamen kurz hintereinander an den Strand und verursachten einen Rücksog mit solcher Kraft, das über 300 Schwimmer, in das offene Meer hinausgezogen wurden. Auf Grund einer glücklichen Fügung, befanden sich genau zu der Zeit etwa 80 Rettungsschwimmer am Strand, die zu einem Wettkampf angetreten waren. Aus Spaß wurde für sie ernst und alle 80 stürzten sich wieder und wieder ins Meer um Schwimmer um Schwimmer zu bergen. Am Ende waren lediglich 3 Tote zu beklagen.

Samstag, 8. Januar 2011

Fliegende Hunde



Als ob der Pilot uns einen kleinen Bonus zu unserer Reise geben möchte, dreht er den Qantas Jet noch einmal über der Stadt und bietet uns den Blick auf die vielleicht bekannteste Skyline der Welt, bevor er zur Landung ansetzt.

Sydney zeigt sich von seiner besten Seite. Der Himmel ist azurblau, die Temperatur angenehm warm und die Stadt ist voller erwartungsvoll froher Menschen. Genau heute beginnt das Sydney Festival. In den nächsten 22 Tagen werden verschiedene Künstler in der Stadt gastieren und Konzerte geben, die meisten davon unter freiem Himmel und umsonst. Ein großer Teil der Innenstadt ist deshalb für den Verkehr gesperrt und an allen größeren Plätzen sind Bühnen aufgebaut. Freundliche Servicekräfte stehen überall und verteilen Programmhefte, damit man sich schon einmal überlegen kann, wonach einem der Sinn steht.
Ich entscheide mich für Gruppe TaikOz. Ihre Musik, ursprünglich aus Japan kommend, spielen sie auf gewaltig großen Trommel. Die größten davon sind so riesig, dass ich vermute, sie wurden mit einem Kran an Ort und Stelle gebracht. So eine Gruppe wollte ich immer schon mal sehen.
Die Musiker von TaikOz sind zur Hälfte Asiaten und zur Hälfte europäischer Abstammung, wahrscheinlich aber alle Australier, denn das Oz in ihrem Namen ist hier der Spitzname für ihr Land.
Ich werde nicht enttäuscht, die Musik hat etwas organisches und archaisches. Es ist lauf und man kann die Musik nicht nur hören, sondern auch spüren. Für die Musiker ist das Spielen der Trommeln eine körperliche Höchstleistung. Die größten Trommeln werden mit nur einem Stock gespielt, der die Größe und sicherlich auch das Gewicht eines Baseballschlägers hat. Nach wenigen Minuten glänzen ihre Körper von Schweiß.

Gleich neben der Oper und in unmittelbarer Nähe der Innenstadt in der Abends die Konzerte stattfinden werden, liegt der botanische Garten. Eine herrliche, sehr gepflegte Parkanlagen mit heimischen und exotischen Pflanzen und dazwischen viel Platz, den die Menschen heute, da Samstag ist, für ein Picknick nutzen.



Ich schlendere durch den Garten und sehe einen Kakadu in einem Baum sitzen. Das ist nicht etwa eine Voliere, nein der Vogel ist frei. Das Papageien den botanischen Garten bevölkern habe ich in meinem Führer gelesen, aber ich hätte nicht gedacht, dass ich welche zu Gesicht bekommen werde. Später sehe ich noch eine Vielzahl davon. Sie sind sehr zutraulich und einer setzt sich sogar auf die Schulter einer verdutzen Touristin.



Nur wenige Meter weiter, höre ich ein Kind aufgeregt rufen „Look dady, there‘s a flying bat!“. Tatsächlich fliegt direkt über uns eine Fledermaus von beachtlicher Größe. Nachdem sie sich an einen Ast gehängt hat, fällt mir erst auf, dass alle Bäume, rings um mich herum von Fledermäusen, oder besser gesagt Flughunden, oder „flying foxes“, wie sie hier heißen, nur so strotzen. Ich hielt sie zuvor für Früchte dieser exotische Bäume.
Später sehe ich dann ein Schild, das davor warnt die Tiere anzufassen, da sie Krankheiten übertragen können. Außerdem wird darauf hingewiesen, dass mittlerweile so viele von ihnen der Park bevölkern, dass die Bäume, in denen sie hängen, Schaden tragen.

Das Nachahmen eines Ägypters

Es gibt ein Thema, dass man in einer Unterhaltung mit einem Australier besser nicht erwähnt, obwohl es nicht nur hier jedes Kind weiß: Australien war einst eine Sträflingskolonie. Das ist ja nun wirklich keine Schande, wenn man bedenkt, wofür man im 16. Jahrhundert schon in die Verbannung geschickt wurde. Der Diebstahl einer Gurkenpflanze oder ähnliche Lappalien, bedeuteten damals einen Freifahrschein an das andere Ende der Welt.
Zwar war die Verbannung nach sieben Jahren abgebüßt, aber in der Realität bedeutete es lebenslänglich, denn niemand der Verurteilten hatte die Chance in den Jahren der Verbannung das Geld für die Rückreise zu verdienen.

Bill Bryson beschreibt in seinem Buch „Frühstück mit Kängurus“ die erste Expedition, die neben dem ersten Gouverneur Phillips auch eine Reihe Soldaten mit deren Familien und eben die ersten armen Teufel an Bord hatte, deren Aufgabe es war, den Kontinent für die britische Krone zu besiedeln.
Dabei hatten sie noch Glück. Es gab, so lernt man bei Bryson, über 200, teilweise vollkommen absurde Vergehen, die im England der damaligen Zeit mit der Todesstrafe belegt wurden, wie zum Beispiel das Nachahmen eines Ägypters.
Es ist schon erstaunlich, wie viel Geld es dem British Empire wert war, seine Unterklasse so weit weg zu schaffen, wie nur irgendwie möglich. Tragischerweise hat es außerdem, wie man heute weiß, ja auch rein gar nichts gebracht. Bis vielleicht auf die Tatsache, dass ein neuer Kontinent besiedelt wurde und dabei gleich aus dem Platz, an dem die erste Expedition an Land ging, eine der schönsten, wenn nicht die schönste Stadt der Welt entstanden ist: Sydney.



Natürlich war das Leben damals an diesem Ort ein wenig unbequemer, als es das heute ist. Sydney war vor 350 Jahren einer der übelsten Orte, an dem man sich aufhalten konnte. Der Boden erwies sich als resistent gegen jegliche Art von Landwirtschaft, die Eingeborenen waren in ihrem Verhalten unberechenbar, man hatte nichts um sich gegen die unwirtliche Natur zu schützen, kein Material um feste Häuser zu bauen und zusätzlich niemanden unter den Sträflingen, der irgendwelche dienlichen Ausbildungen oder Fähigkeiten, wie Schreiner, Zimmerleute oder Botaniker mitbrachte.
So lebte man von dem was man fand und von den vollkommen verdorbenen Vorräten, die man aus England mitgebracht hatte.

Was hätten Phillip und seine Männer wohl gesagt, wenn man sie heute an die Stelle zurückbringen würde, an der sie zum ersten Mal an Land gegangen sind, nämlich am Hafen, wo sich heute die gewaltige Harbour Bridge über die Bucht spannt und das Opernhaus, einer mächtigen Narrenkappe gleich, in den Himmel ragt?

Das Ende der Sträflingskonlonie wurde mit dem Goldrausch eingeläutet. Ein Aborigine-Arbeiter fand auf dem Land seines Herren einen Goldklumpen von 70 Pfund Gewicht. Eine Kopie davon steht im Melbourne Museum und ist so groß wie die Köpfe zweier erwachsener Männer. Es versteht sich von selbst, dass der Finder den Nugget nicht behalten durfte, das Geld dafür strich der Farmer ein, auf dessen Land das Gold gefunden wurde.

Freitag, 7. Januar 2011

Das Possum

„Don‘t feed the possum“ steht auf Schildern an den Parkeingängen. Ich halte also immer, wenn ich einen betrete, Ausschau, ob mir nicht ein Possum über den Weg läuft, obwohl ich gar nicht genau weiß, wonach ich eigentlich Ausschau halte. Wie sieht ein Possum eigentlich aus und was ist überhaupt die Mehrzahl von Possum? Possi, Possen oder gar Possums?
Ich vermute, dass es sich um die australische Version des Eichhörnchens handelt, die hier die Parks bevölkert.
Es fällt mir auf, dass viele Bäume breite Metallmanschetten um die Stämme tragen und ich frage mich, welche Funktion diese wohl haben. Wahrscheinlich handelt es sich um eine Vorrichtung, die die in den Bäumen brütenden Vögel vor gefräßigen Possen (Possi, Possums) schützen soll, denn die Manschetten sind so breit, dass ein Eichhörnchen nicht darüber springen könnte.

Heute ist mit 38°C der bisher heißeste Tag und was würde sich mehr anbieten als an so einem Tag die Stadt zu verlassen und an den Stand zu fahren.
Brighton Beach ist in nur 20 Minuten mit dem Vorstadtzug vom Stadtzentrum zu erreichen. Man merkt sofort, dass hier die wohlhabende Schicht zu Hause ist. Prächtige Villen reihen sich an der Strandpromenade aneinander, modern, mit riesigen Fenstern zu Meer hin. Die Bewohner müssen nur eine Straße überqueren und schon stecken sie mit ihren Füßen im heißen, weichen Sand.



Der Strand ist in fast seiner ganzen Länge mit kleinen, bunten Holzhäuschen gesäumt. Jedes nummeriert und anders bemalt. Einige von ihnen sind geöffnet und so kann ich einen Blick reinwerfen. Sie sind gefüllt mit allem was man am Strand so braucht und nicht jedes Mal erst aus dem Haus und über die Straße schleppen will: Surfbretter, Sonnenschirme, Liegestühle, Handtücher, Spaten, wenn man mal eine amtliche Sandburg bauen möchte, um nur einiges zu nennen.

Morgen wollte ich Melbourne verlassen und an den südlichsten Punkt des Kontinents, auf die Insel Tasmanien, reisen. Leider sind morgen alle (!) Hotelzimmer auf der ganzen Insel ausgebucht, so dass ich meinen Plan geändert habe und zuerst nach Sydney fliege und dann mit dem Auto, an der Küste entlang, in Richtung Norden aufbrechen werde.
Das Reisen in Australien ist schwieriger als ich gedacht habe. Das spontane Reisen ist hier sogar so gut wie unmöglich. Wenn man nicht Wochen im Voraus Unterkünfte und Ausflüge bucht wird es entweder sehr teuer oder schlicht unmöglich noch ein Zimmer zu bekommen.
Überhaupt sind die Preise hier nicht von dieser Welt. Eine 3 1/2 stündige Boostfahrt schlägt mit 120 Euro zu buche, für ein Bett in einer Jugendherberge werden zwischen 25 und 70 Euro fällig, ein Teller Nudeln in einem günstigen Restaurant kosten zwischen 15 und 20 Euro und für eine Fahrt mit der Straßenbahn ist man mit 3 Euro dabei.
Für das was ich hier an einem Tag benötige, könnte ich in Thailand eine ganze Woche bestreiten.

Donnerstag, 6. Januar 2011

Architek-tour

München hat seinen Englischen Garten, Paris den Bois de Boulogne und New York den Central Park. Einen Park dieser Größe hat Melbourne nicht aufzuweisen, jedoch eine Vielzahl kleinerer Parks, die in ihrer Größe zusammengenommen, jeden der oben erwähnten, weltberühmten Parks locker in den Schatten stellt. Fast nach jedem Straßenblock haben die Stadtplaner einen kleinen Garten gesetzt und zusammen mit den unzähligen Straßenbäumen ist Melbourne die grünste Stadt, die ich kenne.
Auf Grund der Vielzahl der Parks ist in jedem üppig Platz und es ist überhaupt nicht schwierig ein Plätzchen im Schatten zu erhaschen, selbst zur Lunchtime, wenn die Angestellten aus den nahen Büros zum Picknick in den Park kommen.

Über die architektonischen Besonderheiten habe ich ja schon vorher berichtet, ich entdecke jedoch jeden Tag neue Gebäude, die meine Aufmerksamkeit auf sich ziehen. Wenn man mit offenen Augen durch die Stadt geht, fällt einem auf, dass man sich große Mühe gibt, öffentliche Gebäude und Plätze zu gestallten.
Wenn ich von meinem Hotel in die Innenstadt laufe, durchquere ich jedes Mal die South Gate Station, einen der großen Bahnhöfe Melbournes. Die Dachkonstruktion scheint wie ein Leintuch, das im Wind flattert, nicht vollständig gedeckt, sondern immer wieder unterbrochen um genug Tageslicht in das Gebäude zu lassen.



Die Verwaltungsbüros sind in orangen Kuben, die auf Stelzen direkt im Bahnhof stehen, untergebracht. Der Platz darunter wurde für Coffeeshops genutzt.



In den Docklands, dem alten Hafenviertel, wurde eine Fußgängerbrücke mit einer Netzkonstruktion aus Stahl überdacht, die keine funktionale Bedeutung hat, sondern einfach nur gut aussieht.



Das Melbourne Museum ist für mich ein Muß. Schließlich habe ich selbst einmal, wenn auch nicht lange, in einem Naturkundemuseum gearbeitet.
Ein großer Teil der Ausstellung ist allerdings gar keinem naturkundlichen Thema gewidmet, sonder einem antropologischem, der Kultur der australischen Ureinwohner. Man bemüht sich das den Aborigines angetane Unrecht zu dokumentieren und ihre Kultur zu präsentieren. Die Ureinwohner kommen auch persönlich zu Wort. Am Nachmittag sind zwei Geschichtenerzähler vor Ort, die dem interessierten Publikum ihre jahrhunderte alten Geschichten vortragen.
Besonders fasziniert hat mich die geologische Abteilung. Hier wird in einem runden Raum auf einer 360° Leinwand in 3D-Technik ein Film über die Entstehungsgeschichte unseres Planeten vorgeführt. Die Zuschauer sitzten auf dem Boden und tragen die, für die 3D Illusion notwendigen Brillen.
Es fliegen Meteoriten durch den Raum, schlagen auf der Erde ein und lassen Rauchwolken in die Höhe steigen, Vulkane eruptieren und die Lava schießt vermeindlich nur wenige Meter an einem vorbei. Man lässt kurzerhand das Meer vor den hawaiianischen Inseln austrocknen, um zu demonstrieren, wie die Landschaft ohne das Meer aussehen würde.
Eine unglaubliche Vorstellung. Etwas vergleichbares habe ich noch nie gesehen.

Mittwoch, 5. Januar 2011

Aborigines malen nicht aus Vergnügen

Skyline of Melbourne

Wagemutig katapultieren sich die Männer auf ihren kurzen Brettern in die Luft, oft 15, 20 Meter hoch und fliegen vielleicht 40 oder 50 Meter weit, bevor sie wieder elegant auf dem Wasser aufsetzten und in atemberaubender Geschwindigkeit weiterfahren. Dabei ist das gar nicht ungefährlich, denn solange sie in der Luft sind können sie nur bedingt manövrieren und es sind jede Menge Kitesurfer auf dem Wasser, die scheinbar wild durcheinander fahren.
Ich stehe auf dem Pier in St. Kilda, einem Stadtteil Melbournes, und beobachte die unglaublichen Manöver der Surfer. Einige von ihnen haben sich ihre Gesichter dick mit Sonnencreme eingeschmiert und sehen aus wie geschminkt.
Der Wind ist böig und sehr stark und man muss aufpassen, dass man nicht von dem geländerlosen Pier ins Meer geblasen wird.
St. Kilda ist eines der angesagtesten Viertel der Stadt, nicht zuletzt wegen der Lage am Meer und dem schönen Blick auf die Skyline Melbournes. Es gibt eine Uferpromenade, Sandstrände, einen Yachthafen und Straßencafés und Restaurants, die dem gehobenen Geschmack und Geldbeutel seiner Bewohner Rechnung tragen.
Die Straßen sind mit kleinen, typisch australischen Häusern, mit schmiedeeisernen Balkonen oder weit vorstehenden Dächern, gesäumt. Immer wieder stehen mittendrin Villen, die wie ein kleine Stadtschlösser aussehen.

Luna Park Entrance

Die größte Attraktion des Viertels ist seit Jahrzehnten der Luna Park, ein Vergnügungspark, wie aus einer anderen Zeit. Es gibt eine Achterbahn aus Holz, ein Karussel mit prächtigen Holzpferden die noch prächtigere Kutschen ziehen, Schiffsschaukeln und Geisterbahnen. Nur wenige neue Fahrgeschäfte haben in den letzten Jahren hier einen Platz gefunden.
Um in den Park zu gelangen muss man durch den weit aufgerissenen Mund eines weiß geschminkten Clowns schreiten. Er trägt eine bunte Strahlenkrone, die Nachts mit hunderten von Glühbirnen beleuchtet, wohl noch spektakulärer aussieht.

Mein Vormittagsprogramm führte mich in die National Gallery of Victoria, die hauptsächlich Werke australischer Künstler aus allen Epochen ausstellt.
Das Erdgeschoß ist der Kunst der Aborigines vorbehalten. Die Aborigines, so wird einer der Künstler zitiert, malen nicht aus Vergnügen, sondern aus Tradition. Ihre Kunst ist politisch und soll demonstrieren das ihnen das Land und sie dem Land gehören.
Zu sehen sind hauptsächlich Skulpturen und Bilder, die auf die traditionelle Art mit Holzstempeln auf Baumrinde gemalt sind, die beim Abrollen auf dem Untergrund die typischen Punktemuster hinterlassen.
Die Bilder sind voll von mystischer Symbolik und nur schwer zu verstehen, wenn man die Kultur der Ureinwohner des Kontinents nicht kennt.

National Gallery of Victoria

Interessant ist aber nicht nur die Kunst, die hier ausgestellt wird, sondern auch die Galerie selber. Ein ultramoderner Bau, der sowohl außen als auch innen keine konventionellen Formen aufweist. Fenster sind weder Rechteckig noch zueinander parallel, eine wirre Glas-Stahl-Konstruktion bildet die Außenhaut und auch im inneren lassen sich keine rechten Winkel finden.

Dienstag, 4. Januar 2011

Melbourne

Die erste Nacht ist früh vorbei - der Jetlag steckt mir noch in den Knochen. Um 6:00 suche ich mir ein Café zum Frühstücken und mache Pläne für den beginnenden Tag.
Ich möchte mir einen Überblick über die Stadt machen und das geht am besten zu Fuß.

Melbourne zieht einen nicht auf den ersten Blick so in den Bann, wie seine nördliche Schwesterstadt Sydney, mit ihrem atemberaubenden Blick auf den Hafen und seinen Stadtstränden, oder Rio de Janeiro mit seinen Bergen, und dem Urwald, der direkt hinter der Stadt beginnt. Melbournes Charme erschließt sich einem erst beim näheren Betrachten.



Es gibt eine Menge futuristischer Architektur, wie am Federation Square, dessen Gebäude aussehen, als ob ein Sturm sie aus ihrer Form gebracht hat. Direkt gegenüber steht die Flingers Station, ein Bahnhof aus victorianischer Zeit.
Alt und neu gehen überall in der Stadt eine gelungene Symbiose ein. Das supermoderne AAMI Sport-Stadium steht in unmittelbarer Nachbarschaft des Government House, einer Kopie des Palastes Königin Victorias auf der Ilse of Wight, ohne das eine dem anderen die Show stiehlt.



Auffallend ist die Kaffeehaus-Kultur der Stadt. Überall gibt es winzige, geschmackvoll eingerichtete Cafés, manche nur wenige Quadratmeter groß, die die Leute hier scherzhaft „hole in the wall“ nennen. Gemeinsam sind ihnen die italienischen Namen und der Kaffee der Spitzenklasse, der dort angeboten wird. So arbeite ich mich von Café zu Café vor, bis ich schließlich vor dem botanischen Garten stehe. Nach Auskunft meines Reiseführers ist dies der schönste seiner Art auf der ganzen Welt.
Bei dieser Aussage muss man zwar den Lokalstolz der Autoren berücksichtigen, denn der Verlag „Lonely Planet“ hat sein Hauptquartier schließlich hier in Melbourne, aber schön ist er wirklich.
Ich lasse mich im Schatten eines uralten Baumes nieder und genieße das üppige Grün der Pflanzen in der wärmenden Nachmittagssonne.

Montag, 3. Januar 2011

Das Abenteuer kann beginnen

Der Passbeamte schreibt ein unheilvolles „A“ auf meine Einreisekarte. Zuerst freue ich mich, weil ich denke A steht für aproved, aber schon bald stellt sich heraus, dass damit potentielle Drogenkonsumenten, Dealer und andere suspekte Personen markiert werden.
An der nächsten Station werde ich aus der Menge der Reisenden herausgebeten und in einen anderen Gang geführt. Hier muss ich einige Minuten warten, bis ein Beamter sich meiner annimmt und mich fragt, ob ich meine Einreisekarte selbst ausgefüllt habe und ob ich alles, was ich darauf gefragt wurde, auch verstanden habe. Ich bestätige das und nun folgt, was ich aus der Fernsehserie „Mein Revier“ nur zu gut kenne.
Die Zollbeamten sind rhetorisch gut geschult, das beobachte ich schon bei dem Delinquenten, der vor mir untersucht wird. Während die Beamtin die Koffer durchsucht, verwickelt sie den Mann in ein scheinbar belangloses Gespräch, über seinen Beruf, Familie und so weiter. Diese Technik kenne ich aus Israel. Man versucht dabei an Hand der Geschwindigkeit, mit der die Antworten gegeben werden, und an der Körpersprache herauszufinden, ob der Befragte lügt oder die Wahrheit sagt.
Auch ich werde in ein solches Gespräch verwickelt, während ein anderer Beamter mittels einer chemischen Untersuchung der Außenseite meiner Gepäckstücke, in Erfahrung zu bringen versucht, ob ich Kontakt mit Drogen gehabt habe.
Nach zehn Minuten ist die Prozedur vorbei, man wünscht mir einen schönen Aufenthalt und ich betrete das erste Mal seit 18 Jahren wieder australischen Boden.

Wenn man von Deutschland aus in Richtung Australien fliegt und, sagen wir mal nach 5 Stunden Flugzeit das erste Mal landet, findet man sich in einem weitestgehend zerstörten Land wieder, in dem Männer Kopfbedeckungen tragen, die Kaffeewärmern ähneln, ein Gegenstand der zu meiner Kindheit in jedem anständigen deutschen Haushalt zu finden war, und die im Namen einer fragwürdigen Auslegung ihrer Religion ihr eigenes Volk unterdrücken und seit Jahrzehnten im Dauerkrieg sind.
Noch ein paar Stunden weiter haben die Menschen Turbane auf dem Kopf, beten in bunten Tempeln tausende verschiedener Götter an und beim Verlassen des Flughafens kann einem schon mal ein Elefant, in Mitten des tosenden Verkehrs, über den Weg laufen.
Steigt man aber nach zwanzig Stunden im Flugzeug in Australien aus, sieht es auf dem ersten Blick aus, wie bei uns zu Hause. Die Menschen sind hellhäutig und sprechen eine mir verständliche Sprache, sie tragen die gleiche Kleidung und auch das Essen erscheint wenig exotisch. Kurzum, auf den ersten Blick lohnt sich eine Reise nach Australien nicht.

Verlässt man die Städte jedoch, sieht es schon ganz anders aus. Die zehn giftigsten Tiere der Erde, sind allesamt hier beheimatet und auch sonst hat die Fauna einiges an Exotischem zu bieten. Da gibt es Tiere, die aussehen wie eine Mischung aus Ente und Biber, oder welche, die Gummibällen gleich durch die Einöde des Outbacks springen und ihren Nachwuchs in Taschen mit sich herumschleppen oder kleine Bären, die in Bäumen hocken, zwanzig Stunden am Tag schlafen und die restlichen vier damit verbringen Blätter zu fressen.
Und dann gibt es vor allen Dingen eines: Leere! Australien ist der lebensfeindlichste Kontinent unseres Planeten. Die Wüsten sind derart trocken, heiß und groß, dass man sich fragt, wie es überhaupt irgendwelchen Lebewesen möglich ist hier zu überleben.
Die ersten Entdecker, die vor 200 Jahren aus dem fernen Europa nach Australien kamen, um den Kontinent zu erkunden und zu vermessen, hatten eine denkbare schwere Aufgabe und sie waren denkbar schlecht vorbereitet. So ist zum Beispiel vom Forschungsreisenden Thomas Mitchell überliefert, dass er zwei Holzbote auf seiner Expedition durch die Wüste New South Wales‘ mitführte, da er davon überzeugt war, auf große Ströme und Seen zu stoßen, und das bei Temperaturen, die im Sommer zwischen 50°C und 60°C liegen. Gefunden hat er jedoch, zur Belustigung der Ureinwohner, die ihn bei seiner Plackerei stets gut gelaunt beobachteten, nur ein Meer aus Sand, Staub und Steinen.

Boote habe ich keine dabei und dank „Lonely Planet“ und anderen Führern, weiß ich heute ganz gut, auf was ich mich einlasse.
Das Abenteuer kann beginnen!