Dienstag, 15. September 2009

Shanghai Shopping

Ich soll das englischsprachige Briefing für unseren Flug nach Shanghai halten, bittet mich Bea, meine Vorgesetzte, als wir aus Chicago zurückkommen. Also sitze ich am Abflugtag an meinem Schreibtisch und überlege mir worüber ich reden könnte um mir, auf unterhaltsame Weise, die Aufmerksamkeit meiner Crew zu sichern. Mir fällt die Geschichte vom fliegenden Holländer ein, dem Geisterschiff, dessen Kapitän dazu verdammt war, über die Weltmeere zu segeln ohne jemals einen Hafen anlaufen zu dürfen und vor dem jeder Seemann damals angst gehabt hatte, denn jedem, der ihm begegnete, drohte das gleiche Schicksal. So schlage ich eine Brücke zu unserem Nachtflug, auf dem uns nichts Schlimmeres passieren kann, als ein fliegender Holländer zu werden, ein (Luft-)Schiff ohne Mannschaft, das ohne Kontrolle durch die Nacht schießt. Ich bin mit meiner Idee zufrieden.

Shanghai, was übersetzt "über dem Meer" bedeutet, ist das Einkaufsparadies im Lufthansa Streckennetz. Ob Massschuhe, -anzüge, -mäntel, Kaschmirschals und -pullover, Handtaschen und Designerbrillen, das Angebot an Waren ist unermesslich und alles in einer Qualität, die man sich in Deutschland niemals leisten könnte, hier aber oft weniger kostet als die Konfektionsware zu Hause.

Schon auf dem Hinflug werde ich von einer der beiden lokalen chinesischen Flugbegleiterinnen, Juan, gefragt, ob ich nicht Lust hätte mit ihr zu verschiedenen Märkten und Schneidern zu fahren und als ihr Shoppingberater zu fungieren. Da ich noch keine Pläne für mein Layover habe und sie mir sofort sympatisch ist, willige ich ein. So kann ich den Tag nicht nur in netter Gesellschaft verbringen, sondern bekomme auch noch einige Einkaufsgeheimtipps einer echten Insiderin.
Am nächsten Tag rufe ich Juan gegen 12 Uhr in ihrem Hotelzimmer an. Wir haben beide lange geschlafen nach dem anstrengenden Flug und dem opulenten, authentisch chinesichen Abendessen. Wir verabreden uns um 13 Uhr in der Lobby und als wir uns treffen, war sie bereits in der Bäckerei nebenan, um ein kleines Frühstück, Kaffe und Gebäck, für uns besorgen.

Unser erster Stopp bringt uns in den sogenannten "Cotton Market", ein mehrgeschossiges Gebäude, in dem sich eine Unmenge an Schneidern niedergelassen haben, jeder mit seinem Spezialgebiet: Mäntel, Anzüge, Hemden, usw. Ich schätze es müssen so um die 150 sein.
Juan hat in einem Modemagazin einen Mantel gesehen, den sie gerne hätte und stellt mich nun dem Mantelschneider ihres Vertrauens vor. Es wird kurz maßgenommen, über Farbe und Beschaffenheit des Stoffes (schwarzer dicker Kaschmir) und des Futters (Seide in Pink) beratschlagt und dann über den Preis verhandelt. 500 Yuan, also gerade einmal 50 Euro, wird der Mantel zum Schluß kosten und ist darüber hinaus bereits am nächsten Tag abholbereit, ein Sonderservice für Lufthanseaten, da alle Geschäftsleute hier wissen, dass wir nur sehr wenig Zeit bis zur Rückreise haben.
Da wir gerade schon mal hier sind, werden noch ein paar Pashmina- und Seidenschals als Geschenk für Bekannte mitgenommen. Ich denke ich könnte auch einen Kaschmirschal für meine Mutter mitnehmen, die gerade wegen eines komplizierten Beinbruchs das Krankenhausbett hüten muss, und suche mir einen aus, von dem ich glaube, dass er ihr gefallen könnte. Juan schenkt ihn mir, sozusagen als Lohn für meine Geduld, dabei finde ich es hier sehr kurzweilig und habe richtig Spaß.

Juan

Nach dem Cotton Market geht's zum Taschenkauf. Eine Handtasche im Mulberry Stil soll es sein. Der betreffende Händler ist schnell gefunden, er ist, hauptsächlich bei weiblichen Lufthanseaten, für seine gute Qualität und sein geschicktes und beharrliches Handeln bekannt. Auch ich habe, in 20 Jahren Fliegerei, einige Erfahrung im Handeln gesammelt und schalte mich in die zähen Verhandlungen ein. Nachdem ich bereits aufgegeben habe, drück Juan den Preis nochmal um 10 Euro - gelernt ist halt gelernt.

Auf das Handtaschenparadies folgt nun der Juwelier. Hier wird eine Perlenkette als Ergänzung der Uniform geordert. Da deren Herstellung eine Stunde in Anspruch nehmen wird, beschließen wir ein verspätetes Mittagessen einzunehmen. Ganz in der Nähe kennt Juan ein Hotpot-Restaurant, dessen Besuch unbedingt empfehlenswert ist. Hier kann man zwischen mehreren Suppen auswählen, die dann auf einem kleinen Kocher auf dem Tisch erhitzt werden. Auf der Karte wählt man beliebig viele Zutaten, Fleisch, Fisch, Gemüse, Shrimps, die man dann in seiner Suppe garen kann und am Buffet stellt man sich aus etwa 20 verschiedenen Soßen und Pasten, ein Dipp nach seinem Geschmack zusammen. Eine herrliche und sehr komunikative Art des Essens, die mich stark an unser heimisches Fondue erinnert. Als wir mit unserem Nachtisch, grüner Teecreme und frischem Obst, fertig sind, sind drei Stunden vergangen.

Nachdem wir alle Einkäufe abgeholt und nun einigermaßen vollgepackt sind, beschließen wir zum Hotel zurückzukehren um die Tüten zu verstauen und uns als Belohnung eine Massage zu gönnen. Juan schlägt eine Öl-Ingwermassage, in einem Massagesalon nur fünf Gehminuten vom Hotel, vor. Hört sich interessant an - ich bin dabei.
Wir werden in einen Raum mit zwei Massageliegen gebracht, tauschen unsere Kleidung gegen viel zu große Boxershorts, in denen wir wie Kinder aussehen, und werden erstmal gründlich mit Öl begossen und durchgeknetet. Durch das Gesichtsloch in der Liege können wir uns dabei sogar unterhalten. Nach etwa einer Stunde bringen die Masseure drei große Schüsseln mit geriebenem Ingwer herein und bestreichen unsere Rücken dick damit. Der Ingwer ist zunächst unangenehm kühl, wird dann aber mit einem heißen Tuch abgedeckt, wird dann wärmer und wärmer, bis man sich schließlich wie in einer Sauna fühlt.
Nach einer halben Stunde wird der Ingwer wieder entfernt der Rücken abgewaschen und die Massage ist vorbei.
Später im Bett schwebe ich förmlich über der Matratze, so tiefenentspannt bin ich durch die Wärme.

Mittwoch, 29. Juli 2009

Wie ein König

Der letzte Tag hat seine Spuren hinterlassen. Die Oberschenkel schmerzen und sind an den Innenseiten wund gescheuert. Reibung und Feuchtigkeit sind keine gute Kombiantion für die Haut. Nichts, was ein bisschen Babypuder, Mobilat und zwei Tag Ruhe nicht wieder hinkriegen können.
Noch am Morgen habe ich mich für kein Etappenziel entschieden. Ich möchte möglichst nah an Florenz kommen um meinen Bruder zu sehen, der übers Wochenende in der Stadt ist, habe aber keine Lust mir dort eine laute und überteuerte Unterkunft zu suchen.
Meine Wahl fällt auf Strada in Chianti, nur 10 Kilometer südlich von Florenz, aber dennoch ländlich und ruhig.
Ab jetzt geht es nur noch auf den Serpentinen der Monti del Chianti hoch und runter. Schweißtreibend aber ungemein reizvoll, an Olivenhainen und Weinbergen vorbei. Hier wachsen die Produkte, für die die Region in der ganzen Welt bekannt wurde.
Nach einer kurzen Etappe erreiche ich Strada. Bereites am Ortseingang werben verschiedene Unterkünfte um Gäste. Fast überall fallen mir die braunen Schilder auf, die den Weg in die Agriturismi weisen. Agriturismo ist sozusagen Urlaub auf dem Bauernhof, wobei der Vergleich stark hinkt, da es sich oft um hochherrschaftliche Häuser handelt, in denen eine Nacht schon einmal mehrere hundert Euro kosten kann.

Hotel in "Strada in Chianti"

Auch am Ortseingang von Strada sehe ich einen solchen Wegweiser und beschließe ihm zu folgen. Ich fahre nicht lange als mich ein Pfeil in eine gekieste Einfahrt unter uralten Bäumen lenkt, an deren Ende ein Schloß in einem üppigen Garten steht. "Das kann ich mir niemals leisten", ist mein erster Gedanke, und fast wäre ich wieder umgekehrt. Was soll's, wenn ich schon einmal hier bin, kann ich's mir auch anschauen.
Kaum habe ich mein Rad auf seinen Ständer gestellt, kommt mir auch schon eine ältere Dame entgegen und begrüßt mich. Ja, sagt sie, Zimmer wären noch frei und kosten 60 Euro. Eigentlich 10 Euro mehr, als ich mir vor dem Beginn meiner Reise als Tageslimit gesetzt habe, aber nachdem sie mich durch das Haus geführt hat, hätte ich auch locker das Doppelte bezahlt.
Im Vestibül steht ein Flügel und eine Harfe, alle Zimmer sind mit Fresken toskanischer Landschaften bemalt, ein Rittersaal dient als Speisezimmer für die Abendessen und in der jahrhunderte alten Küche wird das Frühstücksbuffet aufgebaut, das im Zimmerpreis enthalten ist.

Kitchen

Mein Zimmer ist zwar klein, aber ebenso geschmackvoll eingerichtet, wie der Rest des Hauses und wird von einem Himmelbett aus grünem Seidenbrokat dominiert. Eine Tür führt in einen, mit Kübelpflanzen begrünten, Innenhof, den ich ganz alleine nutzen kann. Schließlich liegt im terrassenförmig angelegten Garten, hinter dem Haus, ein Pool, dessen Wasser fast Badewannentemperatur hat.
Als ich meine Taschen ins Haus trage, wird mir ein Glas vom selbstgekelterten Chianti angeboten und ich fühle mich wie ein König!

Bis zum letzten Krümel

Italian street scene

Ein Blick nach Westen zeigt mir, was mich in den nächsten Tagen erwartet: es wird wieder bergig. Nur noch die ersten 8 Kilometer sind flach, dann erhebt sich das Gebirge, in dem ich in den nächsten Tagen unterwegs sein werde. Vor mir liegt Anhiari, wehrhaft und furchteinflößend, wie aus dem Berg gehauen, und dann beginnt der Aufstieg zum Passo de Scheggia. Manche der Autofahrer, die mir entgegenkommen feuern mich an, winken aus dem Fenster oder hupen. Ich fühle mich wie der Träger des gelben Trikots bei der Tour de France. So beschwerlich der Aufstieg, so lustvoll ist die Abfahrt. Fast 15 Minuten lang geht es mit 50 km/h und mehr bergab. Die Beine können jetzt ausruhen und die Arme müssen arbeiten, denn vor jeder Kurve muss ich mein Gefährt auf ca. 30 km/h abbremsen. Auf Hydraulikbremsen habe ich beim Kauf meines Rades bewußt verzichtet, damit ich im Notfall Reparaturen daran selber vornehmen kann, dafür muss ich jetzt mehr arbeiten.
Die Hitze hat nocheinmal zugelegt. 44°C zeigt ein Thermometer zur Mittagszeit an. Nach 87 Kilometern komme ich völlig erschöpft und ausgehungert in San Giovanni an. Ich will jetzt nur noch eine Dusche und etwas zu essen. Viel zu essen!
Das Lokal, das ich mir ausgesucht habe bietet moderne Küche und Portionen. Nicht das richtige für heute. Woanders werde ich fündig.
Die Bedienung muss zwei Mal nachfragen, als ich meine Bestellung aufgebe. Einen Salat, zwei Pastagerichte, eine Schinkenpizza und, zum Schluß, ein Eis.
Zugegeben die Pizza hätte es nicht mehr gebraucht, gegessen habe ich sie aber trotzdem - bis zum letzten Krümel.

Die Hitze ist da

Die Fahrt aus Perugia hinaus macht erstmal nur Spaß, weil es für etwa 6 Kilometer ständig bergab geht. 90 Kilo wiege ich zusammen mit meinem Rad und ensprechend schnell werde ich bei den Abfahrten. Noch ein Berg wartet auf mich, der mit 18% Steigung der steilste der gesamten Reise bleiben soll.
Nicht nur, dass ich mir mit einer Streckenlänge von 90 Kilometern eine ordentliche Vorgabe gemacht habe, es wird mit dem heutigen Tag auch brütend heiß. 38°C zeigt ein Thermometer in einem kleinen Ort an, den ich um etwa 15 Uhr durchfahre. Mehrmals muss ich meine Wasserflaschen neu befüllen, weil ich sie nicht nur als Getränk, sondern auch als portable Dusche verwende und mir ihren Inhalt von Zeit zu Zeit über den Kopf gieße.
Ziel des heutigen Tages ist das Städtchen Sansepolcro, nicht nur weil von dort die, von mir sehr geschätzten, Buittoni Nudeln kommen, sondern vor allem, weil mein Reiseführer eine Herberge mit Restaurant anpreist, die ich unbedingt ausprobieren möchte. Mein Bruder Horst hat sich außerdem für's Wochenende zu einem Kurzbesuch in Florenz angesagt, also muss ich mich langsam nach Norden orientieren.

Sansepolcro

Im Fiorentino werden nur frische Zutaten aus der Region verarbeitet, daher wechselt die Speisekarte fast täglich. Einen Gefrierschrank, so sagt der Wirt, wird es in seinem Lokal, solange er lebt, nicht geben.
Die Tochter des Hauses, eigentlich Architektin, Somiliére und mit einem Master-Abschluß in Touristik, hat ihre Karriere zu Gunsten des Familienbetriebes aufgegeben und zeichnet, unter anderem, für die Einrichtung der Gästezimmer verantwortlich, die mit Möbeln ausgestattet wurden, die sie auf dem Dachboden ihrer Eltern fand.

Da ich wußte, dass meine Reise bergig werden würde und ich daher großen Wert darauf gelegt habe, das Gewicht meines Gepäcks so gering wie möglich zu halten, muss ich jeden Abend nach Ankunft im Hotel erstmal meine Wäsche waschen, damit sie am nächsten Tag wieder trocken und einsatzbereit ist. Weil mein Waschmittelvorrat bereits zu Neige geht und Handwaschmittel in Italien schwer zu bekommen ist, habe ich bereits meinen Bruder per SMS gebeten mir Ersatz aus Deutschland mitzubringen.

Auf Grund der Hitze beschließe ich mir, für meinen Stadtspaziergang in Sansepolcro, ein paar neue Sandalen zu kaufen. Nicht allzu teuer und natürlich italienisch chique.
Sansepolcro ist ein hübsches Städtchen, von einer Stadtmauer komplett umfriedet und, seit dem Mittelalter, nur noch außerhalb dieser Veränderungen unterworfen. Mittelalterliche Städte gibt es hier genug, aber Sansepolcro spricht mich besonders an. Mir fällt auf dass es in noch so kleinen Ortschaften mindestens eine Bar gibt, in der man oft in netter Atmosphäre Kaffeespezialitäten und süße oder herzhafte Kleinigkeiten, oft sogar hausgemachtes Eis, zu sich nehmen kann. Außerdem verfügt jede Ortschaft über einen Optiker, der hauptsächlich Designersonnenbrillen feilbietet und ein Bekleidungsgeschäft, immer mit geschmackvoller Markenware im Schaufenster.
Für schöne Dinge gibt man gerne Geld aus.

Dienstag, 28. Juli 2009

All that jazz

12. Juli 2009

Street scene

Perugia ist eine der schönsten Hügelstädte Italiens, weiß mein Reiseführer. Grund genug für mich einen kurzen Abstecher von Castilione del Lago dorthin in Kauf zu nehmen. Die Fahrt ist zwar kurz aber wenig erbaulich. Wie alle großen Städte, umgibt auch Perugia ein Ring aus häßlichen Industrie- und Gewerbegebieten, die für reichlich Verkehr auf schlechten Straßen sorgen.
In Perugias Unterstadt tobt der Verkehr genauso und die Spurwechsel auf den, zum Teil vierspurigen Straßen, erfordern meinerseits äußerste Konzentration und Rücksichtnahme von Seiten der Autofahrer. So dicht der Verkehr in den Städten auch ist, auf der ganzen Reise werde ich nie von Autofahrern bedrängt, angehupt oder angepöbelt.
Als ich die Altstadt sehe verschlägt es mir fast die Sprache. Von wegen Hügelstadt! Wie ein Vogelnest klebt sie auf dem Gipfel eines veritablen Berges. Kurz überlege ich auf den Besuch der Altstadt zu pfeifen und einfach weiterzufahren, aber was ich von hier unten sehe ist einfach zu verlockend. So heißt es nochmal Zähne zusammenbeißen und in die Pedale treten.

Oben angekommen finde ich schnell ein Quartier. Die Wirtin bietet mir an mein Fahrrad mit auf mein winziges Zimmer zu nehmen. Ein Angebot, dass ich gerne annehme.
Erst als ich, frischgeduscht, einen Spaziergang durch das historische Zentrum unternehme, bemerke ich, dass gerade das bekannte Umbria Jazz Festival stattfindet. Chick Corea, George Benson, Simply Red und Paole Conte spielen, neben vielen anderen, in diesem Jahr hier.

An den zwei entgegengesetzten Enden der Altstadt sind zusätzlich zwei große Bühnen aufgebaut, auf denen von Nachmittag an, bis in den späten Abend hinein, kostenlose Konzerte stattfinden. So ist mein Programm für den Abend bereits fertig.
Jetzt nur noch schnell etwas zu essen suchen. So komme ich in das Ristorante von Franky Banana, der, so zeugen umrahmte Zeitungsausschnitte an der Wand, eine lokale Berühmtheit ist. Geboren wurde er in New York, als Kind italienischer Einwanderer, und verdiente in seinem früheren Leben als Profiboxer seinen Lebensunterhalt. Fotos an der Wand zeigen ihn, deutlich schlanker und jünger, mit diversen Größen des Geschäfts.
Wie es ihn nach Perugia verschlagen hat weiß ich nicht, seine Arbeit als Wirt scheint ihm jedoch Spaß zu machen. Nur wenn er ausländische Gäste bedient, verrät ihn noch sein brooklyner Akzent: "Do you want some coafee?"

Um den Lago di Trasimeno

11. Juli 2009

Stolz zeigt der Wirt auf einen Stein über der Tür, in den die Jahreszahl 1789 eingemeißelt wurde, als er mir mein Zimmmer zeigt. Zimmer ist untertrieben, denn in den nächsten 2 Tagen bewohne ich ein Apartment mit zwei Schlafzimmern, Küche, Bad und einem Wohnzimmer mit einem gewaltigen Kamin, das im Jahr der französischen Revolution erbaut wurde. Um gerade einmal 50 Euro wird meine Reisekasse am Tag für diese königliche Unterkunft erleichtert.
Hinter dem Haus liegt im Garten ein hübscher Swimmingpool, der mir nach den geleisteten Anstrengungen wie gerufen kommt.

Am nächten Tag mache ich mich auf, den Lago di Trasimeno zu umrunden. Etwa 70 Kilometer schlängelt sich die Straße zwischen Seeufer, Olivenhainen und Sonnenblumenfeldern entlang.
Gerade, als ich das Haus verlasse, läuft vor mir eine Eidechse über die Straße. Fast hätte ich sie überfahren. Aber für eine Eidechse bewegt sich das Tier eigentlich zu langsam. Ich halte das Fahrrad an und schaue genauer hin. Tätsächlich handelt es sich um einen, etwa 4 cm großen, Skorpion. Ich bin überrascht und fasziniert zugleich, so weit im Norden Italiens Skorpione zu finden.
Später sehe ich noch eine Schlange, mit hübscher schwarz-gelber Musterung, die gerade erst vor mir jemand überfahren haben muss und die nun leblos am Straßenrand liegt. Als ich am Abend in meinem Führer nachlese, lerne ich dass es sich dabei um eine Viper handelt, deren Biss zwar tödlich ist, dessen Gegengift jedoch in fast jeder Apotheke vorrätig ist.
Kurz darauf sehe ich dann einen kleinen Vogel, der bewegungslos auf der Straße sitzt. Gerade als ich umdrehen und ihn von der Fahrbahn nehmen will, wird er überfahren und ist somit bereits das zweite Verkehrsopfer des heutigen Tages.

Die Fahrt ist wirklich schön und nicht besonders anspruchsvoll. Es macht Spaß mal wieder ohne Gepäck unterwegs zu sein und nicht nur immer von anderen Radfahrern überholt zu werden. Immer wieder bieten sich neue Ausblicke auf den See mit den Bergen des Apennin am Horizont.

Lago di Trasimeno

Als ich in meine Unterkunft zurückkehre haben sich die Plätze um den Pool bereits gefüllt. Außer mir sind alle anderen Gäste italienische Familien, die auf sympathische Art den Lärmpegel nach oben treiben.

Der Wirt der Herberge hat ein Hobby, mit dem er offensichtlich auch jeden Abend seine Gäste erfreut. Mitten im Haupthaus steht eine Karaokeanlage, die es ermöglicht zu Playbackmusik zu singen. Wie alle Italiener singt er gerne und laut, in seinem Fall aber nicht besonders gut. Um ehrlich zu sein sind seine Sangeskünste schlecht, so grottenschlecht, dass ich mich entschließe am Abend mein Rad noch einmal zu besteigen und in den benachbarten Ort zu fahren, um dort mein Abendessen in Ruhe einzunehmen.

Nach Umbiren

10. Juli 2009

Am Abend erreiche ich völlig erschöpft San Quirico. Nur zehn Kilometer von hier liegt, laut meinem Reiseführer, eines der besten Agriturismo, Bauernhöfe, die auch Zimmer vermieten, des Landes, aber ich kann keinen Kilometer mehr fahren. Ich schleppe mich in die Touristeninformation des Ortes, lasse mir eine Liste der Herbergen geben und rufe bei der günstigsten an. Ich habe Erfolg und nur 15 Minuten später stehe ich vor der Albergo Garibaldi. Von außen nicht gerade das, was man ein ruhiges Plätzchen nennen würde. Das "Garibaldi" ist eigentlich eine Tankstelle an einer Schnellstraße, mit angeschloßener Pizzeria, die auch ein paar Zimmer vermietet. Das Zimmer, das ich dann aber dort beziehe ist wunderschön, liegt auf der Rückseite des Gebäudes und hat einen atemberaubenden Ausblick auf ein Tal mit sanften Hügeln.

View from my hotel room

Der nächste Tag beginnt, wie der letzte aufgehört hat: es geht stetig und steil bergauf. Ich krieche mit 7 Stundenkilometern bergauf und werde sogar von einem Schmetterling überholt. Wütend rufe ich ihm hinterher, dass er sich sein dummes Grinsen aus dem Gesicht wischen soll, sonst tue ich es, wenn ich ihn kriege. Ist doch wahr, was glaubt der denn?

Der Höhepunkt der heutigen Strecke ist das Städtchen Montepulciano, die Heimat des weltberühmten Vino Nobile. Schon von weitem kann man es hoch oben auf einem Berg trohnen sehen. Das verspricht weitere Leiden. Belohnt wird man dann allerdings von dem Ausblick, den man von dort in alle Himmelsrichtungen hat. Von hier kann ich bereits mein Etappenziel des heutigen Tages in der Ferne sehen: den Lago di Trasimeno, der bereits im benachbarten Umbrien, in etwa 50 Kilometer Luftlinie, liegt.
Für's erste scheinen auch die Berge vorbei zu sein, denn bis zum See erstreckt sich eine Ebene, die gutes Vorankommen für den Rest des Tages verspricht.

Samstag, 25. Juli 2009

Auf und Ab

08./09. Juli 2009

Es ist ein stetes auf und ab. Da die Abfahrten naturgemäß, mit einer Geschwindigkeit von fast 60 km/h, deutlich schneller vorbei sind, als es dauert, die Steigungen zu bewältigen, geht es gefühlt zu 90% bergauf. Dennoch sind die Hügel sanft und durch den okkerfarbenen, reifen Weizen, ganz in Gold getaucht. Allerorten werden den Hügeln gerade ihre blonden Mähnen, mit großen Maschinen rasiert. Man kann die Hitze nicht nur spühren, sondern auch riechen. Der Duft von frisch gemähtem Stroh an einem heißen Sommertag: der Geruch des Hochsommers.
Die Landschaft sieht, mit ihren sanften Wellen, aus als wäre ein goldfarbenes, wogendes Meer auf einmal erstarrt.

Landscape

Die Orte, durch die ich fahre, scheinen sich seit hunderten von Jahren nicht verändert zu haben. Die Kirchen bilden, mit ihren zum Teil gewaltigen Türmen, den Mittelpunkt, drumherum schmiegen sich Häuser aus Naturstein aneinander und ducken sich in die Landschaft hinein.
Erfreulicher Weise ist kaum Verkehr auf den kleinen Straßen und so kann ich entspannt fahren, während ich die sich stetig ändernde Landschaft genieße. Alleine in Siena aus dem Labyrinth der verwinkelten Straßen der Altstadt heraus- und dann auch noch die richtige Ausfallstraße zu finden, kostet mich eine Stunde und 20 Kilometer Umweg.

In Asciano beziehe ich mein erstes Quartier. Bei der telefonischen Reservierung komme ich mit meinem ungenügenden Italienisch schnell an meine Grenzen. Als ich einfreffe, stelle ich fest, dass ich Glück gehabt habe. Der Besitzer der hübschen Herberge ist Radsportfan und gibt mir, als er sieht, dass ich mit dem Rad unterwegs bin, einen ordentlichen Nachlass auf den Zimmerpreis und läßt mich mein Fahrrad in seiner privaten Garage unterstellen.

Das Ende der Etappe des nächsten Tages ist in San Quirico geplant, mit einem Abstechen in das mittelalterliche Montalcino, Heimat des weltberühmten Brunellos und Welthauptstadt der Trüffel. Letztere dürfen nur mit Hunden aufgespührt werden und um auf die Suche nach dem Edelpilz zu gehen, bedarf es einer Lizenz, ähnlich eines Jagdtscheins.
Die Fahrt nach Montalcino ist beschwerlich, über 6 Kilometer schlängelt sich die Straße den Berg hinauf, auf dem das Städtchen liegt. Als ich oben ankomme bin ich schweißgebadet und habe meine beiden Wasserflaschen, die ich mit mir führe, bereits geleert.
In fast jeden Ort, durch den ich komme, halte ich an einer Bar, genehmige mir einen Cappuchino und esse eine Kleinigkeit, mal ein Cornetto, mal ein Stück Pizza und mal ein Eis.
Rund 2000 Kalorien verbrauche ich zusätzlich am Tag und so läßt es sich mit gutem Gewissen schlemmen. Abends gehe ich nicht unter drei Gängen aus dem Lokal, um meinen Energiespeicher für den nächsten Tag zu füllen.

Angekommen

07. Juli 2009

Arrived

Der Himmel färbt sich schwarz und kündigt an, was längst keine Überraschung in diesem Sommer mehr ist: gleich wird es regnen. Drei Minuten später schüttet es. Meinen Plan mit dem Fahrrad die Alpen zu überqueren und nach Venedig zu fahren musste ich aufgeben. Statt dessen habe ich mich entschlossen, dem Rat eines Freundes zu folgen, mein Rad in den Zug nach Siena zu laden um von dort eine Rundreise in die sommerliche Toskana zu unternehmen. Ich freue mich darauf Italien einmal, im wahrsten Sinne des Wortes, ganz anders zu erfahren und zu erleben.

Mein Zug verläßt München um 21:00 Uhr. Das Liegewagenabteil teile ich mir zunächst mit Jordan, einem 21-jährigen Amerikaner, der der Liebe wegen und weil es wegen der Finanzkrise in Californien keine Sommerjobs für Studenten gab, nach München gekommen ist. Er studiert, so erzählt er mir, Umwelttechink und möchte nach seinem Abschluß in Deutschland leben. Erstaunt erzähle ich ihm, dass ich Auswanderungsbestrebungen eingentlich nur in die andere Richtung kenne. - "The grass is always greener on the other side"
Der Zugchef kommt in unser Abteil und begrüßt uns und lässt sich Tickets und Pässe aushändigen, damit er uns beim Grenzübertritt nicht wecken muss. Dann verspricht er uns etwa eine halbe Stunde vor Ankunft in Florenz, wo wir umsteigen müssen, zu wecken. Bald schlafe ich tief und fest.
Gegen 6:00 Uhr früh weckt mich Jordan: "We are in Florence!". Panisch greife ich nach meinem Gepäck. Wir müssen noch den Schaffner suchen um unsere Pässe wiederzubekommen und außerdem muss ich auch noch mein Fahrrad aus dem Gepäckabteil holen.
Dem Schaffner ist das Mißgeschick sichtbar peinlich, er entschuldigt sich mehrmals und informiert uns, dass wir noch mindestens 15 Minuten Zeit haben um den Zug zu verlassen.
Ich wuche mein mit Gepäck beladenes Rad, alles in allem etwa 30 Kilo schwer, treppauf und -ab zu meinem Anschlußgleis, auf dem der Regionalzug wartet. Da dieser kein Fahradabteil hat, läd mich der Schaffner ein, die Fahrt mit meinem Rad im Lokführerstand zu verbringen, der im Vorraum genügend Platz bietet. Er selbst setzt sich während der Fahrt neben den Lokführer, raucht und plaudert, während draußen die Toskana an mir vorbeifährt. Weder ich noch ein anderer Reisender werden nach ihrer Fahrkarte gefragt.

Siena, Tuscany, Italy

Als ich in Siena ankomme ist es 8:30 Uhr, die Stadt erwacht gerade, die Menschen sind auf ihrem Weg zur Arbeit. Direkt vom Bahnhof aus loszufahren habe ich keine Lust und außerdem hatte ich in Florenz nicht die Zeit meinen ersten italienischen Cappuchino zu trinken. Das möchte ich jetzt nachholen, aber nicht irgendwo, sondern in einem Straßencafé an der Piazza del Campo mit Blick auf das Wahrzeichen der Stadt, dem Palazzo Comunale.
Mein, mit orangen Gepäcktaschen, vollbeladenes Rad, dass ich direkt neben dem Café angeschloßen habe, zieht gleich die Blicke von Passanten und Touristen auf sich. Hier möchte ich meine erste Etappe planen, während ich Müllmännern mit gegellten Haaren und Designersonnenbrillen dabei zuschaue, wie sie den Abfall des Vortages abholen. Erst jetzt bin ich wirklich angekommen!

Zufällig befindet sich die Touristeninformation der Stadt direkt neben dem Café, in dem ich sitzte und dort hilft man mir freundlich und zuvorkommend bei meiner Planung. Empfohlen wird mir eine Fahrt durch "Le Crete", südöstlich von Siena gelegen, deren sanft hügelige, mit Weizenfeldern und Zypressen bewachsenen und mit Einsiedlerhöfen besiedellte Landschaft, das Toskanabild weltweit prägte.
"Der Höhepunkt gleich zu Anfang?", denke ich bei mir. "Warum nicht!" und so schwinge ich mich in den Sattel meine Rades und nehme Italien unter meine Räder.

Dienstag, 9. Juni 2009

Delfine

Dolphins

Das kleine gelbe Schlauchboot hat schon fast den Strand erreicht um die ersten Mitreisenden dort abzusetzen, als irgendwer aus der Gruppe den ersten Delfin sieht. Vor zwei kleinen Fischerbooten springt er aus dem Wasser. Vergeblich versuche ich ihn auszumachen, als einer aus der Crew noch einen sieht und dann noch einen. Unser Kapitän vermutet eine ganze Schule und ruft das Schlauboot zurück zum Boot, damit wir an den Ort des Geschehens fahren können.
Schnell nehmen wir Fahrt auf, eine leicht Brise bringt Abkühlung, setzt sich unter unsere T-shirts und bläst sie auf. Schon bald sehen wir die Bewegung im Wasser vor uns. Hunderte von grauen Rücken tauchen rhythmisch aus dem Wasser auf, vor uns, hinter uns und neben uns hören wir hudertfach das Atemgeräusch der Meeressäuger. Der Alptraum eines jeden Fisches ist hier für einen Schwarm zur Realität geworden. Gleich dreihundert der intelligenten und schnellen Raubtiere sind hinter ihnen her, ihre Überlebenschancen gehen gegen Null.
Was für die einen ein Kampf um Leben und Tod ist, ist für uns ein unglaubliches Naturschauspiel. Schnell hole ich meine Kamera aus meinem Rucksack und halte einfach drauf. Zeit mir Gedanken um Bildkomposition, Licht oder Perspektive zu machen bleibt mir nicht. Ich habe angst etwas zu verpassen und weiß nicht wo ich die besten Fotos machen kann. Vor uns, hinter uns? Ich stelle meine Kamera auf "Dauerfeuer" und drücke den Auslöser. Wie ein Maschinengewehr löst sie aus und macht Foto um Foto, bis meine Speicherkarte voll ist. Annähernd 250 Fotos habe ich von den Tieren geschossen. Ob etwas Brauchbares dabei ist, kann ich erst zu Hause am Computermonitor sehen. Jetzt erst habe ich die Muße, das Schauspiel zu genießen.
Ich sehe Jungtiere, Erwachsene und sogar einen Albino in der Gruppe.

Dolphins

Für unseren Kapitän ist eine Schule von Delfinen keine Besonderheit. Manchmal, so erzählt er, schwimmen die Tiere ganz nah ans Boot und legen sich dann auf die Seite um zu sehen, was auf dem Boot vor sich geht, oder sie springen aus dem Wasser und drehen sich dabei um ihre eigene Achse. Einfach nur aus purer Lebensfreude.
Ab und zu, erklärt er weiter, bekäme der Schoner auch Besuch von größeren Walen, die es auf die Fische abgesehen haben, die das Boot ständig unter dem Bootsrumpf begleiten und so vor Angriffen von Möven aus der Luft sicher sind.

Diesmal sind die Delfine hungrig und in Jagdtlaune und haben keine Lust zu spielen. Es dauert Minuten bis die letzten Tiere unser Boot passiert haben und unser wir Kurs auf den Heimathafen nehmen.

Mein Begleiter auf diesem Ausflug ist mein Kollege Hans-Jörg Remde, mit dem mich eine fast zwanzig Jahre lange Freundschaft verbindet. Oft waren wir gemeinsam unterwegs, haben viel zusammen erlebt und oft sehen wir uns auch privat. Zusammen haben wir uns diesen Flug gewünscht, denn beide waren wir schon alleine auf der Insel "Ilha Bela", der schönen Insel, und nun wollten wir zurückkommen um den Bootsausflug zu machen, der sich gerade dem Ende nähert.

3 1/2 Stunden Busfahrt und eine 20 minütige Fährfahrt trennen den lauten, grauen 25 Millionen-Molloch Sao Paulo von dieser paradiesichen, grünen Insel. Noch am Ankunftstag setzten wir uns in Bewegung, die durchwachte Nach und den Jetlag im Gepäck. Unser Ziel auf der Insel ist die "Pousada Do Capitao", die Kapitänsherberge, eine nette Pension, bei der alles an ein Schiff erinnert. Die Zimmer sehen aus wie Kajüten, vor jedem Zimmer läd eine Hängematte zum Ausspannen ein, die Fenster sind Bullaugen und ein Wasserhahn wurde aus der Pinne eines Segelbootes gebaut. Mit ein bisschen Charme bekommen wir Luxuszimmer zum Preis der einfachen Unterkunft und wir beschließen das so gesparte Geld in ein gutes Abendessen in einem Restaurant am Strand zu investieren.
Meine vollmundige Ansage Hans-Jörg zumindest bei zwei, der von ihm angepeilten vier Caipirinhas Gesellschaft leisten zu wollen, beschert mir bereits nach einem halben Glas eine schwere Zunge und Koordinationsschwierigkeiten beim anschließenden Verzehr des Riesensteaks.
Allein der Wille zählt!

Donnerstag, 14. Mai 2009

Ein Tag in New York

Brooklyn Bridge, New York

Das schönste an einem Aufenthalt in New York ist für mich an einem sonnigen Morgen über die Brooklyn Bridge zu gehen, die die Stadtteile Brooklyn und Manhattan seit über 100 Jahren verbindet. Die Stadt gehört in dieser Stunde zwischen 7 und 8 Uhr noch den Joggern und Fahradfahrern, die sich für den kommenden Tag fit machen und die Aussicht von der Brücke über den East River ist wirklich atemberaubend. Auf der linken Seite sieht man Ellis Island auf der "Lady Liberty" ihren fackelbewehrten Arm in den Himmel streckt, auf der rechten Seite liegt einem die Skyline von Manhattan zu Füßen, in ständiger Veränderung und doch so bekannt.
Unter einem der Verkehr der Menschen, die bereits auf dem Weg zu ihrer Arbeit sind, schreitet man auf einem erhöhten Steg in der Mitte des Bauwerks.

In Manhattan angekommen suche ich mir ein Café zum Frühstücken. Die Auswahl ist groß und reicht vom "Diner", das typisch amerikanisches Frühstück anbietet, über kleine alternative Straßencafés im schicken SoHo, bis zur französischen Café- und Bäckereikette "Le Pain Cotidien", das rein ökologische Backwaren und Getränke anbietet. Für letzteres entscheide ich mich heute. Ein wenig Kleingeld sollte man für ein Manhattan-Frühstück allerding schon in der Tasche haben. Für einen Milchkaffee, zwei Croissants und einen frischen Orangensaft sind über 20 Dollar fällig, Trinkgeld inklusive.
Als ich das Café verlasse haben sich die Straßen bereits mit Menschen gefüllt, die aus den Stadteilen Brooklyn, Queens oder aus New Jersey nach Manhattan gekommen sind um hier in den Büros zu arbeiten. Die Tagesbevölkerung Manhattans ist so groß wie alle Einwohner Australiens zusammen und deshalb ist der Massentransport in dieser Stadt so wichtig, wie in keiner anderen. Die kleinste Störung führt bereits zum Verkehrsinfarkt.
Fast jeder der Menschen, die mir in den U-Bahen und auf den Straßen begegnen, tragen kleine Kopfhörer in den Ohren und beginnen so im Autismus ihres selbstgewählten Soundtracks den Morgen. Seitdem die kleinen MP3 Spieler nicht nur Musik, sondern auch Filme und Videoclips abspielen können, haben sie die Morgenzeitung oder den Comic, die früher in der U-Bahn gelesen wurden, fast volkommen verdrängt. Kommunikation findet kaum noch statt.

Early Morning Skyline

Vom Frühstück gestärkt schlendere ich durchs südliche Manhattan, durch SoHo mit seinen Gallerien, teuren Läden und Restaurants, bis ich schließlich am Union Square angekommen bin. Hier verbringe ich gerne den Abend des Ankunftstages, seit dem ich vor einigen Jahren in einem Reiseführer gelesen habe, dass der "Coffee Shop" am Union Square der "Hangout" für Models ist, die sich hier entweder treffen oder hier arbeiten während sie auf ihre große Chance im Modemekka New York warten. Man fühlt sich wie ein hässliches Entchen, wenn man das Lokal betritt, soviele schöne Menschen halten sich hier auf, aber das ist nun einmal der Preis, den man bezalhen muss um hier zu speisen. Die Bedienungen sind, obwohl man die meisten sofort und ungestyled auf den Laufsteg schicken könnte, zuvorkommend und nett und das Essen ist ausgezeichnet. Als Besonderheit bietet man authentische brasilianische Küche an, warum weiß ich nicht.

Als ich am Vorabend das Lokal verlasse werde ich Zeuge folgender Szene: Ein Wagen, der in einer Feuerwehranfahrtszone geparkt ist, soll abgeschleppt werden. Gerade, als der Haken des Abschleppwagens heruntergelassen ist, kommt der Besitzer des Fahrzeugs, ein Chinese mit seiner Familie, zu seinem Auto und stellt sich, gerade noch rechtzeitig, so vor den Wagen, dass der Fahrer des Abschleppwagens seinen Haken nicht mehr anbringen kann. Es kommt zu einem Wortgefecht, Passanten bleiben stehen, ergreifen Partei und so sieht der Schlepperfahrer keinen anderen Weg als die Polizei zu rufen. Da er mit seinem Fahrzeug die gesammte Fahrban blockiert, hat sich in kürzester Zeit ein Stau gebildet. Autos hupen, Passanten schimpfen: Das Chaos ist perfekt!
Als die Polizei eintrifft hat sich die Situation aufgeheizt und so werden die Polizisten von der immer größer werdenden Menschenmenge auch sofort mit Schmährufen bedacht, einfach nur weil es Spaß macht. "Fuck the cops!" rufen Jugentliche Sakter, ein Junkie der zufällig des Weges kommt, ist im Drogenrausch der Meinung, er müsse das Kommando übernehmen und so zur Lösung des Problems beitragen, ein Krankenwagen, der offensichtlich den Polizeifunk abgehört hat und evetuell ein Geschäft wittert, kommt schließlich auch noch mit Blaulicht angefahren.
Einem der Polizisten reißt der Gedultsfaden. Dem Chinesen wird mit Verhaftung gedroht, der Junkie des Platzes und die Menge der Schaulustigen auf den Gehsteig verwiesen. Schließlich kann der Toyota nun doch noch abgeschleppt werden und die Menschen ziehen ihrer Wege.

Am Abflugtag, kurz nach 15 Uhr, besteigt die Crew den Bus, der uns vom Hotel zum Flughafen bringen soll. Nur die Piloten stehen noch draußen um die Verladung der Koffer zu überwachen, als ein etwa 60 jähriger Mann vor ihnen stehen bleibt, sein T-Shirt hochzieht um seinen muskulösen Bauch zu entblößen, und wild auf die beiden Männer einredet. Was er sagt können wir nich hören, aber den fassungslosen Gesichtern unserer Piloten können wir entnehmen, dass es gleich etwas zu lachen gibt. Genau so schnell, wie er gekommen ist entfernt sich der Mann, der außer dem T-Shirt noch eine Hose trägt, die früher mal Teil eines Anzugs gewesen sein muss, und die über dem Knie abgeschnitten wurde.
Als die beiden Piloten den Bus betreten erzählen sie, dass der Mann es für wichtig hielt ihnen mitzuteilen, dass er mit diesem Körper alle Frauen in Atlantic City ins Bett gekriegt hat.
Gut, dass wir nicht 5 Minuten früher abgefahren sind, sonst hätten wir davon wohl nie erfahren, denke ich bei mir, als der Bus sich in Bewegung setzt und New York an uns vorbeiziehen lässt.

Graffiti

Dienstag, 14. April 2009

Der Pilger

Zur Lektüre der Wochenzeitschrift "Die Zeit" braucht man vor allen Dingen eines und ihr Name impliziert es bereits: Zeit. Anders als bei den gleichformatigen Tageszeitungen, bei denen man Artikel überfliegen oder querlesen kann, erfordern diese in der "Zeit" die volle Aufmerksamkeit seines Lesers und von diesem dafür eine gewisse Bereitschaft zum Müßiggang.

Seit dem frühen Morgen steht die Sonne bereits auf meinem Balkon und erwärmt die Frühlingsluft angenehm, in meinem Terminplan herrscht gähnende Leere und so fand ich heute die idealen Voraussetzungen um mich den verbliebenen Teilen der letzten beiden Ausgaben der vergangenen Wochen zu widmen.

Angesprochen durch ein Foto, dass die Silhouette eines Wanderers vor einem, mit Sommerwolken gesprenkelten, blauen Himmel zeigt, lese ich das Interview mit dem Portugiesen Carlos Gil. Gil arbeitet als Angestellter einer Immobilienfirma und ist auch sonst kein Prominenter, jedoch hat er eine lukrative Idee gehabt, die sein Hobby und seine Spiritualität mit dem Wunsch verbindet anderen Menschen zu helfen. Gil ist Auftragspilger. Er nimmt die Strapazen einer Pilgerreise für Menschen auf sich, die dies entweder aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr können oder keine Zeit dazu haben. Krebskranke oder Manager gehören folglich zu seinen Auftraggebern. Man kann aus einer Menge an Pilgerorten wählen, wie zum Beispiel den weltberühmten Santiago de Compostella oder Fatima, aber auch weniger bekannte Orte, wie Muxima in Angola oder das sagenhafte, den Inkas heilige, Machu Picchu sind im Angebot. Alles eine Frage des Geldes, denn ganz billig ist das Pilgern lassen freilig nicht. 2500 Euro stellt Gil für die zweiwöchige Reise von Lissabon nach Fatima und wieder zurück in Rechnung.
So zieht es den Portugiesen mehrmals im Jahr auf Reisen zu heiligen Orten, mit den Sorgen und Bitten fremder Menschen im Gepäck. Einmal angekommen richtet er aber nicht nur fremde Wünsche aus, sondern betet auch für sich.

Über den Gedanken, dass es bei einer Pilgerreise um Selbsterfahrung und Reinigung geht und man sie daher selbst vornehmen muss, kann er sich nur wundern. Für ihn geht es einfach nur um das "Überwinden einer Strecke, an dessen Ende wir Gott um etwas bitten". Schließlich überbringt man Glückwunschkarten ja auch nicht persönlich, sondern läßt das den Briefträger erledigen.

Freitag, 30. Januar 2009

The Clinic

Eigentlich hätte schon der vorherige Eintrag mein letzter dieser Reise werden sollen, doch dann kam ich gestern in Singapur an einem Lokal vorbei, das so originell war, dass es hier einfach Erwähnung finden muss!

Mein Hotel war das Swissôtel am Clark Quay, eine Gegend in der sich, in alten traditionellen Häusern am Fluß, jede Menge Restaurants und Bars angesiedelt haben und daher zu einer der Adressen für Nachtschwärmer in Singapur geworden ist.

Ein Lokal heißt "The Clinic". Ein eigenartiger Name für eine Bar und so gehe ich näher um sie mir genauer anzuschauen. Es handelt sich dabei um eine Mottobar, bei der alles an eine Klinik erinnern soll. Man sitzt in Rollstühlen an den Tischen, oder wenn man es bequemer haben will, liegt man halb, halb sitzt man in Krankenbetten.
Die Beleuchtung besteht aus OP Leuchten und Longdrinks werden in Infusionsflaschen gereicht, aus denen man sie dann in Reagenzgläser laufen lassen kann, um sie zu trinken.

Ein bisschen makaber und vielleicht nichts für denjenigen, der gerade einen längeren Klinikaufenthalt hinter sich hat, aber eine Idee, mit der sich die Bar deutlich aus der Fülle seiner Konkurrenten abhebt.

Donnerstag, 29. Januar 2009

Was ich vermissen werde

Zum Ende meiner Reise gehen mir verschiedene Dinge duch den Kopf. Was ich alles erlebt und gesehen habe, bleibt durch die Eintragugen in meinem Blog und durch die vielen Fotos (es sind bis heute über 1000) besser präsent. Aber habe ich auch alles rausgeholt? Habe ich alle Highlights gesehen? Hätte ich nicht noch den ein oder andern Abstecher machen können?

Nach der Reise ist aber auch vor der Reise. Mit Indochina bin ich noch nicht fertig, soviel steht fest. Laos, Kambodscha, Birma und der Teil von Thailand, den ich noch nicht besucht habe, stehen noch auf meiner Liste. Eines ist sicher: ich komme wieder!

Und wenn ich wieder zu Hause bin, was werde ich wohl am meisten vermissen? Ein gutes Thai-Curry an einer Straßenecke, auf die Schnelle, den Geruch des Meeres, den Sommer, für 3 oder 4 Monate keine Sandalen, Shorts und T-Shirts mehr tragen können ...
Aber es gibt auch vieles auf das ich mich freue: meine Matraze (ich habe nie auf einer besseren geschlafen), wieder selber kochen können, meine Kaffeemaschine, die Ruhe in meiner Wohnung und natürlich die Menschen, die ich liebe!

Bei der Durchsicht meiner Fotos sind mir ein paar aufgefallen, die in keinem meiner Einträge Platz fanden, die ich aber der kleinen Leserschaft meines Blogs dennoch nicht vorenthalten möchte.

Viel Spaß beim Anschauen und vielen Dank dafür, dass ihr mich auf dieser Reise begleitet habt.

Big Roof, Small Bell
Detail eines Tempels in Chiang Mai

Bells
Weiteres Detail eine Tempeldaches, Chiang Mai

Perfect Place
Taube und Buddha, Sukhothai

Blue Hour
"Blaue Stunde", Sukhothai

Big Tree
Urwaldriese, Flight of the Gibbon, Chiang Mai (auf der Plattform steht ein ausgewachsener Mann - für ein größeres Bild, Foto anklicken)

Longtail Boats
Longtailboote, James Bond Island

Mittwoch, 28. Januar 2009

Weiße Elefanten

König Rama V. besuchte Europa mehrmals. Er mochte das Leben an den europäischen Höfen und vor allem die genaue Vermessenheit der europäischen Hauptstädte, wie Paris, London oder Berlin, mit seinen Prachtstraßen und breiten Alleen. Rama V., der Großvater des amtierenden König Bhumipol, wird noch heue dafür verehrt, dass er das Land in die Moderne geführt hat. Er war der erste König, der den alten Palastbezirk verlassen und den Hof in eine neu errichtete, vom Stil europäischer Städte inspirierten Anlage verlagerte. Heute ist der Dusit, wie diese Anlage genannt wird, außer Park, mit Sitz des Bangkoker Zoos, verschiedener Museen, der alten Thronhalle sowie dem Wohnsitz des ehemaligen Herrschers auch Sitz des Parlaments.

Als ich zum Eingang des Parks gehe, laufe ich an einer kleinen Gruppe von Demonstranten vorbei, die sich vor der Einfahrt des Parlaments in Stellung gebracht haben und alle Abgeordneten, die auf das Gelände fahren, mit Schmähungen bedenken. Leider kann ich nicht verstehen, was sie sagen, aber in der Menge wird nach jedem Abgeordneten ausgiebig gelacht. Sie tragen alle rote T-Shirts und sind damit als Anhänger des, mittlerweile zurückgetretenen, Präsidenten Taksim zu erkennen. Zur Erinnerung: die Gegner Taksims hatten, vor einigen Wochen, in gelbe T-Shirts gekleidet, den Bangkoker Flughafen besetzt und damit auch ein guten Teil des Landes stillgelegt. Wochentagen sind in Thailand Farben zugeordnet und da der König an einem Montag geboren wurde, ist seine Farbe Gelb. Die gelbe Kleidung der Demonstranten sollte ihre Loyalität zum Königshaus, beziehungsweise die geringe Loyalität der Regierungspartei dem Monarchen gegenüber, symbolisieren.

Man kann die ehemalige Thronhalle sowie den Königspalast besichtigen. Letzterer ist nur zum Teil der Öffentlichkeit zugänglich, denn er wird immer noch teilweise von der Königsfamilie bewohnt, der königliche Hauptwohnsitz ist jedoch etwa einen Kilometer entfernt, in einem neu errichteten Palast.

Im ehemaligen Elefantenstall ist nun das königliche Elefantemuseum untergebracht. Elefanten haben in Thailand die Stellung heiliger Tiere und wenn immer im Land ein weißer Elefant geboren wird, ist dieser automatisch Eigentum des Königs und wird in einer Zeremonie, unter großem Aufsehen in den Rang eines königlichen Elefanten erhoben. Die letzte dieser Zeremonien fand 1978 statt.
Nicht alle Albinoelefanten sind dabei gleich wertvoll. Man unterscheidet genau zwischen den verschiedenen Farbtönen, die von Rosa, über die Farbe verwelkter Lotusblüten, bis zum reinen Weiß reichen. Wichtig ist besonders die Färbung der Haare und der Genitalien des Dickhäuters. Nach der thailändischen Mythologie sind Elefanten für die Fruchtbarkeit des Bodens verantwortlich, daher erklärt sich auch ihre Sonderstellung unter den Tieren.

In einem der beiden Gebäude steht ein Modell eines heute noch lebenden weißen Elefanten. In königliche Gewänder gehüllt und an einer Art Rampe stehend, die es dem König ermöglicht seine Elefanten bequem zu besteigen, wird das Modell von den Menschen wie ein Heiligtum verehrt.

Montag, 26. Januar 2009

James Bond Island

Islands

Die Landschaft, die gerade vor mir aus dem Morgendunst der Phang-Nga Bucht auftaucht, ist bizarr. Unzählige kleine und größere Inseln ragen steil aus dem Meer, dicht bewaldet und fast ohne jede Möglichkeit an Land zu gehen. Die Formen, die die Erosion aus den Felsen geschliffen hat sind das eigentliche Wunder dieser Inselgruppe. Manche bestehen nur aus einem Felsen mit wenigen Quadratmetern Grundfläche, aber mehrere hundert Meter hoch. Das Meer hat mit seinen Wellen und Gezeiten das Fundament in Jahrhunderten angegriffen, so dass fast alle dieser Inseln nach oben hin breiter werden. Sie sind so ungewöhnlich, dass sie schon mehrmals als Kulisse für Hollywoodfilme herhalten mussten.
Der bekannteste davon ist "Der Mann mit dem goldenen Colt", ein Film aus der James Bond Reihe, dessen Bösewicht genau hier eine private Insel bewohnt, auf der er eine schreckliche Geheimwaffe entwickelt, um damit die Welt zu beherrschen. Seit dem Kinoerfolg des Filmes im Jahr 1974, hat die Insel, die eigentlich den Namen Ko Phing Kan, Insel, die sich an sich selbst anlehnt, trägt, nur noch den Namen "James Bond Island" und zieht damit jedes Jahr tausende von Besuchern an. So wirbt auch der Veranstallter, mit dem ich meinen Ausflug gebucht habe, mit dem Geheimagenten seiner Majestät für die Bootsfahrt in die Buch von Phang-Nga.

James Bond Rock

Dabei gibt es hier viel mehr zu bestaunen und der bekannte James Bond Felsen ist für mich nicht die Hauptattraktion. Viele der Inseln haben ein Tunnelsystem, das man, der engen Ausmaße wegen, nur mit Kajaks befahren kann. Manche von den Höhlengängen sind so niedrig, dass wir uns flach ins Boot legen müssen, um nicht mit dem Kopf an der Decke anzustoßen. Wir fahren durch Tropfsteinhölen und gelangen immer wieder in Lagunen, die wie aus dem Nichts aus der Dunkelheit auftauchen und uns mit üppiger Vegetation an steil aufragenden Felswänden überraschen. Die meisten Inseln sehen aus wie ein Schweizer Käse.
Paddeln muss man nicht selbst, das erledigt ein Angestellter, denn so hat man die Hände frei und kann fotografieren. Außerdem wäre es zu gefährlich, denn die Felsen der Ufer sind über und über mit Muscheln bewachsen, somit messerscharf und die Kajaks sind seewasserfeste Schlauchboote, die man durch eine zu starke Kollision mit der Uferwand zerstören und zum sinken bringen könnte.
Reptilien fühlen sich auf den, allesamt unbewohnten, Inseln wohl und es gibt eine Vielzahl von Schlangen und Echsen. Mit etwas Glück können wir sogar den Bindenwaran zu Gesicht bekommen, der mit seinen über 2 Metern Länge einem Krokodil gleicht, wenn er im Wasser schwimmt.
Die Riesenechse läßt sich heute zwar nicht blicken, dafür werden wir neugierig von einer Horde Affen, die im Wipfel eines Baumes sitzen, bestaunt, als wir mit den Kajaks in eine der vielen Lagunen einfahren. Aus Neugier wird Zutrauen, als sie sehen, dass einige der Paddler Bananen im Gepäck haben. Ein Affenweibchen hat ein Neugeborenes am Bauch zu hängen, das noch nicht älter als 3 Tage sein kann. Etwas ängstlich betrachtet es die fremdartigen Wesen in ihren eigenartigen Gefährten aus seinem schützenden Versteck.

Monkeys

Das Schiff, das uns heute durch die Bucht fährt ist ein alter Kahn, aber er bietet ausreichtend Platz und Schatten und fährt gemächlich, so dass man die Landschaft in aller Ruhe betrachten kann. Im unteren Stockwerk sind schon bald nach dem Auslaufen Frauen damit beschäftigt, Gemüse zu schneiden, Reis zu dämpfen und Fleisch zu braten. Als wir von einem der Kajakausflüge zurückkommen, steht ein köstliches Buffet für uns bereit, von dem ich mich frage, wie sie das mit nur drei Gasflammen und ein paar Woks zubereiten konnten.

Samstag, 24. Januar 2009

Not rich, but happy!

Clear Waters

Vor sieben Jahren kam Ben als Austauschstudent nach Thailand und ist einfach nicht mehr zurückgekehrt. Einmal, so erzählt er mir, hat er es versucht und ist bis zu den Fidji Inseln gekommen, dann ist er wieder umgekehrt. Thailand ist für ihn sein zu Hause geworden, wenn er auch den Sommer in Japan verbringt und dort mit Touristen Wildwasserrafting-Touren fährt. "There you make the big dollars", aber leben möchte er nur noch hier, "not rich, but happy". Dabei kommt er eigentlich aus dem ebenfalls von der Sonne verwöhnten Kalifornien, aber zugegeben, einen Job wie diesen wird er dort lange suchen müssen. Ben ist Guide für Tauch- und Schnorcheltouren auf die Similan Islands, eine Inselgruppe, die 63 Kilometer vor der thailändischen Küste, in der Andamanen See liegt. Die insgesamt neun Inseln zählen zu den besten Tauchrevieren der Welt und sind zweifellos das beste Thailands.

Als Tagestour ist die Inselgruppe nur mit einem Speedboot zu erreichen, einem Ungetüm, mit drei Motoren, äußerst leicht gebaut und für die Passagiere ohne jeglichen Komfort. Mehrmals heißt uns der Kapitän die Plätze zu tauschen, damit sein Boot ausbalanciert ist. Dann erst gibt er richtig Gas, das Boot hebt sich aus dem Wasser und zerschneidet den kristallklaren Ozean. Nach jeder kleinen Welle, über die das Boot fährt, schlägt es auf die Wasseroberfläche zurück und gibt die Energie direkt an seine Insassen weiter, die auf kleinen Bänken an der Seite sitzten. So legen wir die 63 Kilometer in etwas mehr als einer Stunde zurück. Ben erzählt uns, dass dies das neueste und schnellste Speedboot in Thailands Gewässern ist. Ich wusste nicht, dass man sich auf dem offenen Meer so schnell vortbewegen kann.
Als wir nach der Stunde Fahrzeit langsamer werden tauchen die Similan Inseln vor uns auf. Ich traue meinen Augen kaum: das Meer ist so klar, dass man kaum seine Oberfläche erkennen kann, bereits vor der Insel liegende Boote sehen aus als schwebten sie mitten im Nichts. Der Strand ist von einer so weißen Färbung, dass es in den Augen schmerzt und am Ufer liegen Felsbrocken übereinandergetürmt, die rund wie Kieselsteine geschliffen sind. Der Anblick kommt mir vor wie eine Fatamorgana. Sollte es je den Garten Eden gegeben haben, dann bin ich mir sicher, genau so hat er ausgesehen.

Similan Islands, Thailand

Taucherbrille, Schnorchel und Floßen wurden vom Veranstallter gestellt und bereits am Festland an uns verteilt. Schnell wird noch der Sonnenschutz erneuert, denn die Sonne brennt gnadenlos vom Himmel, und endlich können wir ins Wasser springen.

Bei einem Briefing vor der Abfahrt wurde uns genau erklärt was beim Besuch des Riffs verboten ist. Der Veranstallter arbeitet eng mit Greenfins zusammen, einer Umweltschutzorganisation, die sich dem Erhalt der Korallenriffe in der Andamanensee widmet. Schon die kleinste Berührung einer Koralle mit dem Finger kann dazu führen dass sie durch den Fettfilm auf der Haut ausbleicht und abstirbt. Natürlich ist es verboten, Korallen abzubrechen oder irgendetwas von den Inseln mitzunehmen. Man soll die Meeresschildkröten nicht berühren, obwohl es sehr einfach ist, da diese sehr langsam schwimmen. Ein ganzer Katalog von Do's und Dont's wird uns erklärt. Als Ben mit seiner etwa 10 minütigen Einstimmung zum Ende kommt und sich erkundigt, ob noch jemand Fragen hat, meldet sich eine junge Frau aus einer Gruppe und fragt: "Dü yü spiek french?"
Ich muß mich umdrehen um ihr nicht zu zeigen wie mich diese Frage belustigt. Selbst das japanische Ehepaar hat versucht den Ausführungen des Führers zu folgen, einzig an unseren westlichen Nachbarn ist wieder einmal alles vorbeigegangen.

Hundertfach bunte Fische in allen Formen, die sich die Natur ausdenken konnte und in allen Farben des Regenbogenspektrums reich koloriert, sind um mich herum, als ich in das Wasser hinabgleite. Hier scheinen andere Regeln zu herrschen: schwerelos schwimmen sie vor, neben und hinter mir, mit nur einem leichten Schwanzflossenschlag schießen sie an mir vorbei. Während an Land jedes Lebewesen versucht sich zu tarnen um ja nicht aufzufallen, versucht hier jeder den anderen an Auffälligkeit und Buntheit zu übertrumpfen. Der Formenreichtum steht dem Farbenreichtum in nichts nach. Ein Fisch ist schlank und spitz wie ein Pfeil, ein anderer rundlich und vielfarbig gestreift, wieder ein anderer mit flachem, tellerartigen Körper, einer trägt einen langen Fortsatz über den Augen, wie ein kleines Horn... es sind zu viele um alle beschreiben zu wollen.
Erst jetzt nehme ich das eigenartige Geräusch wahr, dass mich umgibt. Ein Summen, als wenn man unter einer Hochspannungsleitung steht. Es ist das Knabbern der vielen hundert Doktorfische an den Korallen, die diesen Klang verursachen.

Freitag, 23. Januar 2009

I hope you happy happy!

Als ich in der Nacht aufwache, merke ich dass etwas mit mir nicht stimmt. Wohl was falsches gegessen, der Gang zum Klo bringt Gewissheit.

Dummerweise habe ich für den nächsten Morgen einen Ausflug nach Similan Island gebucht und soll bereits um 06:30 Uhr in meinem Hotel abgeholt werden. Daraus wird wohl nichts, denn ich sollte mich in den nächsten 2 Tagen in unmittelbarer Nähe einer freien Toilette aufhalten.
Um 06:00 Uhr rufe ich bei der Telefonnummer an, die auf meiner Rechnung für den Ausflug steht und erkenne an der schlaftrunkenen Stimme, dass es sich um die junge Frau handelt, die mir den Ausflug verkauft hat. Sie verspricht mir den Fahrer noch rechtzeitig zu informieren.

Am nächsten Tag gegen 19 Uhr klingelt mein Telefon. Ich kenne die Nummer nicht und hebe ab. Am anderen Ende der Leitung ist die Frau aus der Reiseagentur, die sich einfach nur um mein Wohlbefinden sorgt und mir gute Besserung wünscht. Weil ihr Englisch nicht so gut ist tut sie das mit den Worten "I hope you happy happy!". Das rührt mich ehrlich. Nach allem was ich hier erlebt habe, gelten Touristen als Einnahmequelle, die ansonsten das Inselidyll zerstören und genau das tun sie ja auch wirklich. Dann ruft mich eine Frau an, mit der ich knapp 5 Minuten rein geschäftlich zu tun hatte, und fragt wie es mir geht. Spätestens jetzt weiß ich: ich bin immer noch in Thailand!

Mittwoch, 21. Januar 2009

Insekten zum Abendessen

Gecko

Der schönste und ruhigste Strand der Insel soll "Nai Harn" sein, so habe ich gestern erfahren. Ganz an der Südspitze der Insel gelegen ist er schwer zu erreichen und daher immer noch ein Geheimtipp. Ich miete am Morgen ein Motorrad an und mache mich auf den Weg dorthin. Weit komme ich nicht. Nach etwa 10 Kilometern wird mein Gefährt plötzlich langsamer und nach 20 Kilometern versagt es ganz seinen Dienst. Fast wäre ich am Ziel gewesen!
Ich habe, ahnend, dass ich es brauchen werde, mein Telefon mitgenommen, also rufe ich die Vermieterfirma an um meine Lage zu schildern. Wir kommen überein, dass ich auf eigene Kosten mit einem Taxi zurückfahre, meinen Schlüssel und Helm zusammen mit der Adresse, die ich mir vom Besitzer des Geschäfts, vor dem ich liegen geblieben bin, habe aufschreiben lassen, im Büro der Vermietung abgebe und diese sich dann um alles andere kümmert.
Natürlich kann sich an diese Abmachung niemand mehr erinnern, als ich im Büro stehe um meinen Teil einzulösen. Vielmehr behauptet die Dame, mit der ich gerade noch gesprochen habe, das Motorad wäre in Ordnung gewesen, als ich es übernommen habe, also sei ich jetzt daür verantwortlich, dass es auch wieder zurückgebracht würde. Außerdem müsste ich für die Reparatur aufkommen und den vollen Mietpreis bezahlen. Ja klar, soll ich ihren Hund auch noch Gassi führen und bei ihr zu Hause vielleicht noch kurz feucht durchwischen? Diese Clowns haben ja nicht einmal meinen Namen, gescheige denn einen Vertrag mit mir gemacht! "Nice try", sage ich nur zu ihr, drehe mich um und gehe.

Jetzt habe ich das Problem, dass ich keinen Ersatzplan für diesen Tag gemacht habe. Also gehe ich ins Hotel zurück und stelle fest, dass alle Gäste an den nahen Strand gegangen sind und ich, mit Ausnahme eines älteren Ehepaares, den Pool und den Garten ganz für mich alleine habe. Keine schlechte Alternative, denke ich, hole mein Buch, lege mich unter eine Palme und lese.

Irgendwann an diesem Tag kommt eine SMS von meiner Freundin Cherry aus Bangkok, die sich wohl schlecht fühlt, weil der Tipp nach Phuket zu reisen von ihr kam, in der sie mir die Namen von ein paar Inseln mailt, die ich besuchen sollte. Ich mache mich also am späten Nachmittag nach Patong auf, um eine Fahrt nach Similan Island zu buchen. Similan, lese ich später, gehört zu den 10 schönsten Inseln der Welt, wer immer solche Listen auch erstellt, und zu den besten Tauchrevieren in der Andamanen See. Ein Korallenriff mit einem großen Reichtum an bunten tropischen Fischen wird mir in Aussicht gestellt. Das hört sich doch alles ganz ordentlich an.

Wo ich mich schon einmal ins Epizentrum der Nachtvergnügungen begeben habe, beschieße ich noch einen kleinen Rundgang durch das sündige Patong zu machen. Ich kenne keinen Platz auf der Welt mit einer höheren Dichte an Bars, Restaurants und Nightclubs. Gegen Patong ist Mallorcas Ballermann eine Veranstaltung für Rentner! An der Leuchtreklame eines Geschäfts beobachte ich einen Gecko, der sich die vom Licht angezogenen Insekten schmecken lässt. Ganz lässt sie sich also doch nicht aussperren, die Natur!

Dienstag, 20. Januar 2009

The Beach

Ich kann kaum glauben was ich hier sehe! In dem Warteraum für meinen Flug findet man so ziemlich alle Abscheulichkeiten, die die menschliche Rasse hervorgebracht hat. Übergewichtige Briten mit vom Alkohol geröteten Gesichtern, die sich lauhals in Cogney über die Sitzbänke hinweg unterhalten, gemischtrassige Paare, bei denen der Altersunterschied gut 50 Jahre beträgt, ein ganzkörpertätowierter, anabolikageschwängerter Mann, mit Nackenspoiler-Frisur, Eulensonnenbrille, Diamantohrringen und brutalem Gesicht, der mich irgendwie an einen menschlichen Kampfhund erinnert, Skandinavier, die sich nicht einmal die Mühe gemacht haben Schuhe anzuziehen oder es im Suff einfach vergessen haben. Sie alle haben eines gemeinsam: sie wollen Urlaub auf Phuket machen, Thailands größter Insel.

Eigenlich wollte ich nach Koh Chang, der Elefanteninsel, an der Grenze Kambodschas, um die Reise mit etwas Strandurlaub abzuschließen, aber von einer Freundin aus Bangkok wurde mir zu Phuket geraten. Das Wasser sei hier klarer und es gäbe unzählige kleine vorgelagerte Inseln, jede für sich ein Paradies und gut als Tagesausflug zu erreichen.
Eine leichte Vorahnung was mich auf Phuket erwartet, bekomme ich, als ich auf meinen Flug warte.

Beim Anflug kann ich sie dann sehen, die Inseln, von der mir Cherry erzählt hat. Alle dicht bewaldet und so zalhreich, als hätte jemand eine Hand voll smaragdgrüner Steine ins seichte Meerwasser geworfen. Manche von ihnen haben nur einen schmalen Strand, der nur mit Booten erreicht werden kann.

Als ich den Flughafen verlasse fragt mich einer der vielen Schlepper "where are you going, taxi?" (übrigens der meist gesagte Satz in Thailand, gleichauf mit "hello massage!"). Ich antworte dass ich ein Taxi mit Taxameter suche und frage ob er ein solches hat? "And then, where are you going?" "I'm going from here to a taxi with meter", antworte ich genervt. Er bietet mir ein Sammeltaxi an, das gleich losfahren soll. Auf die Frage wann, heißt es höchstens 10 Minuten, oder vielleicht 20. Ich warte 30 Minuten und es sind immer noch nur 3 Fahrgäste. Mit 10 fährt er dann gleich los, versichert mir der Fahrer. Ich muss auf die Toilette und als ich wiederkomme, heißt es auf einmal, dass jetzt alle Plätze voll sind und ich auf darauf warten soll, dass das nächste Taxi voll ist. Dauert nicht lange. Ich bekomme einen Wutanfall und beschimpfe alle Umstehenden. Die interessiert's nicht weiter, ich vermute das erleben sie jeden Tag.

Als ich dann durch Patong Beach fahre fühle ich mich an Ballermann erinnert. Eine Bar an der anderen, Neonreklamen, Massagesalons der zweifelhaften Sorte und überteurerte Touristenlokale. Thais sieht man hier, wenn überhaupt, als Servicepersonal in den Lokalen. So hatte ich mir das nicht vorgestellt.

Das Hotel ist hübsch und ruhig gelegen, jedoch wird um 20 Uhr auf einmal laute Musik im Garten angestellt. Ich gehe sofort an die Rezeption und frage wie lange das gehen soll. "Nur bis zum Abendessen, nicht nach 23 Uhr" wird mir gesagt. Ich hatte bei der Reservierung aber ausdrücklich nach einem Haus ohne Diskothek verlangt. Eine Dikothek haben sie ja auch nicht, sie spielen nur Musik. Ich kläre die Chefin auf, dass das Tanzen für sich ja keinen Lärm macht, sondern die Musik das störende dabei ist. Tanzen könnten alle hier bis in den frühen Morgen, aber bitte ohne Musik. Als ich dann erfahre, dass mir die Nutzung des Internets mit meinem eigenen Computer auch noch in Rechnung gestellt werden soll, obwohl mir bei der Reservierung ausdrücklich Kostenfreiheit zugesagt wurde, raste ich zum zweiten Mal an diesem Tag aus. Diesmal jedoch mit Erfolg: für die Dauer meines Aufenthalts werden die Gäste auf Musik während des Abendessens verzichten müssen und auch die Nutzung des Internets ist für mich frei!

Montag, 19. Januar 2009

Der göttliche Baum

Buddha in a Tree

Der heiße Fahrtwind bläst mir ins Gesicht und Staub in meine Augen. Der Motorradfahrer schlängelt sich durch den stehenden Verkehr. Es ist interessant zu erleben mit welcher Geschicklichkeit er sein Fahrzeug zwischen Bussen, Taxis und Lastwagen hindurchmanövriert. Schließlich bringt mich zu der Stelle, wo die Minibusse nach Ayutthaya abfahren, denn das ist mein Ziel für heute.
Die Stadt liegt mit nur 86 Kilometern Enfernung einfach zu nah an Bangkok, als dass man sie sich entgehen lassen sollte. Die Unbezwingbare, so heißt der Name übersetzt, eigentlich ein Wort aus dem Sanskrit, war lange Zeit Hauptstadt Thailands, bis diese schließlich 1767 nach Bangkok verlegt wurde. Ende des 17. Jahrhunderts zählte sie bereits über eine Millionen Einwohner. Die Ayutthaya-Zeit war in vielerlei Hinsicht die Blütezeit des Königreiches Siam. Kultur und Handel boomten und es wurde mit allem gehandelt, was im Ausland Absatz finden konnte, inklusive Kriegselefanten, die nach Persien und Indien exportiert wurden. Waffenlieferungen aus einer anderen Zeit. Es gab viele europäische und japanische Händler in der Stadt und alle berichteten, dass sie nie eine glanzvollere Metropole gesehen haben.

Diesen Eindruck kann ich erstmal nicht teilen, als der Busfahrer mich an einer 12 spurigen Schnellstraße aussteigen lässt. Es ist schmutzig, staubig und laut, von Tempeln weit und breit keine Spur. Vielleicht hat er mich ja nicht richtig verstanden, aber was anderes soll ein Auländer hier machen, außer sich die Ruinen der alten Stadt anzuschauen? In der Ferne sehe ich ein Schild das zum Busbahnhof weist. Ich laufe also in diese Richtung in der Annahme dort vielleicht eine Touristeninformation oder zumindest ein Taxi zu finden. Der Weg ist länger als ich dachte und ich lasse mir noch mehrmals von Passanten bestätigen, dass es hier tatsächlich zum Busbahnhof geht. Endlich kann ich von Weitem ein paar Busse sehen, als ich jedoch näher komme sehe ich, dass zwischen ihnen Wäscheleinen gespannt sind, um Wäsche zu trocknen. Hier kommt niemand mehr an und die Busse fahren in absehbarer Zeit auch nicht mehr ab.
Plötzlich werde ich von einem älteren Mann angesprochen, der wissen will wo hin ich gehe. Ich erkläre, dass ich mir die Tempelruinen anschauen möchte und wenige Minuten später sitze ich zum zweiten Mal an diesem Tag auf dem Rücksitz eines Motorrades.
Der erste Tempel meiner heutigen Tour ist der Wat Mongkhon. Auf dieser recht gut erhaltenen Anlage leben noch immer wenige Mönche, in kleinen Holzhäusern im Thai-Stil. Das Zentrum des Klosters bildet eine noch vollständig erhaltene Stupa im Ayutthaiya Stil, die zu den größten zählt, die ich je gesehen habe. Majestätisch erhebt sie sich, gesäumt von, zum Teil bereits zerfallenen, kleineren Stupas, aus der Mitte der Anlage. Auf ausgetretenen Ziegelstufen kann man sie erklimmen und sogar ihr Inneres betreten. Mit ihren 63 Metern Höhe und gut 28.000 Tonnen verbauter Ziegel, war der Turm für seinen Untergrund zu schwer und sank langsam ein. Durchgebogene Grundmauern und beträchtliche Schieflage einiger Stupas zeugen davon.

Wieder nehme ich mir ein Motorradtaxi, wie es scheint das einzige Tranportmittel der Stadt, und fahre zum Höhepunkt des Tages. Das Wat Mahathat beherbergte einst eine Reliquie Buddhas in seiner prächtigen zentralen Chedi, einer Stupa im Khmer Stil, die, bereits einmal wieder aufgebaut, im Jahr 1904 erneut einstürzte. Ganz anders als im grünen, kühleren Sukhothai sieht die Erde hier verbrannt aus und die Reste der Ziegelgebäude sind zum Teil mit Bäumen bewachsen, deren Wurzeln, auf der Suche nach Wasser, die Wände herunterklettern. Den vielen Buddha Statuen, die noch auf dem Ruinenfeld stehen, fehlt der Kopf. Die birmanischen Eroberer haben sie ihnen, nach der Einnahme der Stadt, abgeschlagen um die Unterlegenen zu demütigen.
Ein damals wohl abgeschlagener Buddhakopf, der dann achtlos liegen gelassen wurde, wurde von den Wurzeln eines Baums in Jahrhunderten umwachsen und ist heute eine der großen Atraktionen Ayutthayas. Fast sieht es aus, als würde der Gott aus dem Baum wiedergeboren.
Die vielen Touristen, die sich mit dem Phänomen fotografieren lassen wollen werden gebeten auf die Knie zu gehen, damit ihr Kopf auf dem Foto nicht über dem des Buddhas steht. Ein Wächter daneben wacht mit Argusaugen darüber, dass diese Regel eingehalten wird.

Sonntag, 18. Januar 2009

Big Mango

"City of Angels, Land of Smile", so gibt eine thailändische Freundin spaßhaft ihre Adresse stets an. Die Stadt, die wir im Westen nur als Bangkok kennen heißt nämlich gar nicht so. Bangkok ist eigentlich der Ort, der hier früher einmal stand und richtig Bang Makok, Ort der Oliven, hieß. Die Thais nennen ihre Stadt Krung Thep, die Stadt der Engel, was aber auch nur eine Abkürzung ist. Mit vollem Namen heißt sie: Große Stadt der Engel, Heimstatt des Smaragdbuddhas, uneinnehmbares Land, großes herausragendes Königreich, herrliche königliche Hauptstadt, geschmückt mit den heiligen neun Edelsteinen, erster königlicher Wohnsitz und großer Palast, göttlicher Hort und Domizil der wiedergeborenen Seelen". Braucht man noch einen Beweis dafür, dass die Thais ihre Hauptstadt lieben? Keine Stadt der Welt hat einen längeren Namen und alle Schulkinder in Thailand müssen diesen Namen auswendig lernen. Mein Mitgefühl ist ihnen sicher!
In Anlehnung an die Bezeichnung New Yorks als "Big Apple", bezeichnen die Bewohner ihre Stadt auch als "Big Mango". Das gefällt mir, weil es so gut passt. Genau wie eine Mango ist Bangkok topisch, süß, ein wenig klebrig, duftend, knallig und feucht. Und genau so wie wenn man in eine frische Mango beißt fühlt man sich, wenn man in diese Stadt eintaucht.

Allways in a rush

Die Gier nach Leben und Vergnügen kann man an jeder Straßenecke hautnah erleben. Der wilde Puls, der diese Stadt antreibt beruhigt sich nie. Wenn die Kaufhäuser spät abends schließen, eröffnen die Nachtmärkte auf denen man so ziemlich alles findet, was man braucht, vor allem aber was man nicht braucht. Wenn in den Restaurants die Stühle auf die Tische gestellt werden, stellt man sie an den Garküchen gerade auf die Straße. Eine Massage gegen Verspannungen nach Mitternacht zu bekommen ist genau so möglich wie käufliche Liebe rund um die Uhr.
Während bei uns im Westen Werbetafeln stumm auf einen herabblicken und darum bitten wahrgenommen zu werden, schreien einen hier Videoleinwände überall an: von Kaufhäusern herunter, an den Haltestellen des Skytrains und sogar in den Zügen wird man mit Kaufentscheidungshilfen bombardiert.
Jeder hat immer und überall sein Mobiltelefon dabei und am Ohr. Ich habe sogar einen frommen Mann in einem Tempel betend das Heiligtum umrunden und gleichzeitig telefonieren sehen. Bloß nichts verpassen, überall dabei sein und an allem teilnehmen wollen ist das Credo der Menschen hier.
Der Rhytmus macht schwindlig und reißt mit und bald merkt man, dass man mit dem Virus Lebensgier angesteckt ist.

Im krassen Gegensatz zu der Geschwindigkeit und dem lauten und bunten Gebaren der Stadt, steht die Sprache der Thais. Ich höre sie gerne, ohne auch nur ein einziges Wort davon zu verstehen. Von Vokalen dominiert, in gleichmäßigem Rhythmus und ohne Schärfe gesprochen, bezeichne ich sie gerne als Massage fürs Trommelfell.

Für mich gibt es wenig Sinnlicheres als gutes Essen und folgerichtig gehört Essen auch zu den Lieblingsbeschäftigungen der Thais. Statt einem "guten Morgen" als ersten Gruß des Tages wird man hier "Was hattest Du zum Frühstück?" gefragt. Essen ist omnipräsent. Nur selten muss man weiter als bis zur nächsten Straßenecke laufen um einen Stand mit köstlichem Essen zu finden: gebratener Reis, Currys in den verschiedensten Formen und Farben, mit Huhn, Schwein oder Krabben, Süßspeisen und frische Früchte. Ich habe kürzlich auf einem der Nachtmärkte eine Schale gebratene Nudeln mit Gemüse (50 Cent), drei Spießchen mit gegrilltem Huhn (25 Cent) und zum Nachtisch ein paar Stückchen Annanas (25 Cent) gegessen und hatte ein schmackhaftes und vollwertiges Abendessen für genau einen Euro. Noch nie habe ich so oft gegessen ohne eigentlich Hunger zu haben - die Versuchung ist einfach zu groß.

Samstag, 17. Januar 2009

Man kann die Fenster nicht öffnen

Reisen ist manchmal mühselig und der Weg selber ist nicht mehr als ein lästiges Übel, das ich in den wenigsten Fällen genießen kann. Ich habe beschlossen den 1.Klasse Bus von Sukhothai nach Bangkok zu nehmen, da die Fahrt 7 Stunden dauert und ich aus meiner ersten Busreiseerfahrung gelernt habe.
Gleich als ich mich hinsetze bläst mir wieder eisiger Wind von oben ins Gesicht. Die Klimaanlage läuft auf Hochtouren, aber draußen herrschen lediglich die Temperaturen eines angenehmen Frühlingstages. Ich trage zwar heute alles, was mein Koffer an warmer Kleidung hergibt, dennoch beschieße ich mir noch eine Schockfrostung nicht gefallen zu lassen. Ich versuche mit dem Fahrer zu sprechen, aber der versteht nichts, oder er will nicht, denn ich blase aus vollen Backen, zeige dann auf meinen Kopf und sage dann "cold, very cold" - keine Reaktion.
Ich gehe zum Fahrkartenschalter zurück und bitte die Dame dort dem Fahrer zu sagen, er möge die Klimaanlage herunterdrehen. Nach einigem hin und her gibt man mir ein Telefon, damit ich mit einer Angestellten der Busgesellschaft in Bangkok spreche. Ich bringe meine Bitte vor und alles was ihr dazu einfällt ist zu sagen, dass die Klimaanlage laufen müsse, da man die Fenster nicht öffnen könne. Es ist aber Winter und draußen ist es nicht heiß, die Klimaanlage ist nur für heiße Tage, erwidere ich. Schweigen auf der anderen Seite. Ich erkläre, dass ich meine Heizung im Sommer auch nicht anstelle, nur weil ich eine habe und ich die Fenster vielleicht geschloßen halte. Meine Gesprächspartnerin erklärt mir darauf hin, dass die Klimaanlage laufen müsse, denn man könne kein Fenster öffnen und viellleicht wird es ja noch wärmer wenn wir in den Süden fahren. Ich rede mich langsam in Rage, denn gesunder Menschenverstand hat mit kulturellen Unterschieden nichts zu tun. Ich warne sie, dass ich alles was ich finden werde in die Öffnungen der Klimaanlage stopfen werde, um nicht zu frieren und sie bittet mich nicht wütend zu sein. Zu spät!

Wieder im Bus bringt mir eine Angestellte eine Decke, aber die ist zu dick und passt nicht in die Kaltluftdüse. Ich vermute dafür war sie auch nicht gedacht! Stattdessen versuche ich es mit Klopapier, aber das wird immer wieder hinausgeblasen. Schließlich kommt mir die rettende Idee. Der Vorhang am Fenster ist geradezu ideal für mein Vorhaben: er passt gut und hält. Andere Reisende haben mich zunächst lächelnd beobachtet, aber von meinem Erfolg animiert verschießen sie jetzt alle die Düsen über ihren Sitzen mit den Vorhängen. Trotzdem jetzt fast nichts der kalten Luft mehr ankommt, lässt der Fahrer das Kaltluftaggregat weiter auf Maximalleistung laufen. Na ja, man kann halt die Fenster nicht öffnen.

Die Ruinenstadt

Buddha Face

Der Bus hat seine besten Tage hinter sich, soviel ist sicher. Mühsam kämpft er sich voran und hoppelt über die eingentlich gute Straße. Ich hoffe, dass die Klimaanlage vielleicht bald aufgibt und ihren letzten eisigen Hauch in die Fahrgastkabine bläst, aber die funktioniert, zu meinem Leidwesen, wie neu. Alle Reisenden sehen aus, als ob sie sich auf einer Polarexpedition befinden. Alle, außer mir! Ich trage nur ein T-Shirt und Shorts. Bald schon nach der Abfahrt in Chiang Mai wird mir mein Fehler bewußt, aber der nächste Halt ist breits in einer Stunde und mein Koffer mit der wärmenden Kleidung ist direkt unter mir.
Als wir endlich halten, frage ich die Schaffnerin nach meinem Koffer. Sie öffnet mißmutig das Fach, in das ich zuvor mein Gepäck gestellt habe und das nun bis zum Rand voll gestopft ist mit Pappkartons und Reisetaschen, schüttlet nur den Kopf und schließt es wieder. Das heißt wohl erstmal weiterfrieren. Was ich noch nicht ahne ist, dass der nächste Halt erst 3 Stunden später stattfinden wird. Fast steifgefrohren bitte ich erneut nach meinem Koffer und als sie wiederwillig das Fach öffnet, greife ich nach allem was mir in die Finger kommt, zerre es heraus und werfe es hinter mich, bis ich endlich meinen Koffer in die Hände bekomme. Den schleppe ich, wie ein Raubtier seine Beute, mit mir in die Kabine und lasse die verdutzte Frau mit dem restlichen Gepäck einfach stehen. Meine Miene macht klar, dass sie mich besser nicht mehr darauf anspricht!

In Sukhothai kommen wir erst in der Nacht an. Als ich gerade in meinen Reiseführer nach einer Unterkunft suche, sprechen mich zwei junge Frauen an, und fragen ob ich mir ein Taxi mit ihnen teilen möchte. Die beiden kommen aus Würzburg und haben im Sommer ihr Abitur gemacht. Diese Reise belohnt sie für die Strapazen ihrer Prüfungen.
Sie haben bereits in Chiang Mai eine Unterkunft reserviert und so schließe ich mich einfach an. Garden House heißt die Herberge und besteht aus lauter kleinen Bambushütten in einem tropischen Garten. Hübsch und außerdem für gerade einmal 6 Euro pro Nacht auch noch günstig.
Ich lade die beiden zum Abendessen ein und wir beschließen morgen in aller Frühe aufzubrechen um uns die Ruinen der ersten Hauptstadt Thailands, dem alten Sukhothai, anzuschauen.

Buddha

Um 6 Uhr wartet das Taxi auf uns, denn die Sonne geht bereits eine halbe Stunde später auf und bis dahin wollen wir vor den Ruinen stehen und das Licht des anbrechenden Tages genießen. Taxi ist für das Gefährt, das vor der Tür auf uns wartet vielleicht ein wenig übertrieben: ein Dreirad, zwei Räder vorne eines hinten, wobei der Fahrer hinten auf einer Art Mortorrad sitzt und die Fahrgäste auf niedrigen Sitzbänken auf einer Plattform vor dem Fahrer, die, mit einer Lenkstange ausgestattet, das Fahrzeug auch gleichzeitig steuert. Die Konstruktion ist mit einem Dach versehen ansonsten aber offen. Es ist noch dunkel und kalt an diesem Morgen und die Fahrt soll 20 Minuten dauern. Ich habe aus meinem Fehler gelernt und meine Goretexjacke angezogen: winddicht und mit einem wärmenden Fliesfutter. Meine beiden Begleiterinnen tragen ein T-Shirt und ein Kapuzenpullover. Der Tag fängt an, wie der letzte aufgehört hat: wir frieren!

Die Ruinen liegen im Morgendunst und der Himmel hat noch seine typisch graue Färbung, die vom baldigen Sonnenaufgang kündet. Wir sind die ersten Besucher an diesem Tag. Sukhothai gehört nur uns!

Morning mood

Längst hat sich die Natur die alte Stadt zurückerobert, große Bäume wachsen, wo einst Tempel standen und Straßen entlangführten. Säulen ragen in den Himmel, die einst gewaltige Dächer getragen haben und große Buddhastatuen lächeln noch immer ihr jahrhunderte altes, friedvolles Lächeln.
Die ganze Stadt umfaßt eine Fläche von 45 Quadratkilometern, wir wollen uns aber nur auf den innersten Teil, das ehemalige geistige und administrative Zentrum der alten Hauptstadt, beschränken.

Es gibt unendlich viel zu entdecken, immer wieder bieten andere Perspektiven neue An- und Durchblicke. Gleich als wir eintreffen, springen uns die freundlichen Streuner der antiken Anlage entgegen, die froh sind, dass endlich wieder Leben in ihre Stadt einzieht. Sie begleiten uns eine ganze Weile, jagen eine unvorsichtige Katze fast auf die Spitze einer der Ruinen, nur um uns zu zeigen, dass sie hier die uneingeschränkten Herrscher sind.

Feet of Lord Buddha

Das Licht ändert sich minütlich und tauch die Ruinen in immer neue Farben. Endlich schiebt sich die Sonne als orange-glühender Ball über den Horizont und wärmt unsere durchgefrohrenen Leiber.
Der Bezirk, den wir besuchen ist mit Wassergräben umgeben, die den äußersten Rand des Universums und den kosmischen Ozean symbolisieren sollen. In der glatten Wasseroberfläche spiegeln sich die alten Gebäude. Einer der Gräben ist über und über mit Seerosen bedeckt und leuchtet in einem Meer aus Pink.

Lotus

Sukhothai ist Unesco Weltkulturerbe der Menschheit und eine der eindruckvollsten antiken Stätten Thailands. Die klassischen Stupas bestehen aus einem dreistufigen quadratischen Unterbau, auf dem eine konische Spitze trohnt, die wiederum eine Lotusknospenspitze krönt. Fast 200 davon stehen innerhalb der alten Klostermauern.
Nur zwei der zahllosen Tempel sind im Khmer-Stil erbaut und zeugen von deren Herrschaft, die bis ins 13. Jahrhundert von Angkor bis hierher reichte.

Mittwoch, 14. Januar 2009

Sànùk

Der Wecker reißt mich unsanft aus dem Schlaf. Es ist 5 Uhr 30 und eigentlich viel zu früh um aufzustehen, aber ich möchte die Bettelmönche beobachten, wie sie die Nahrung für den Tag erbitten und ihnen selbst auch eine bescheidene Spende zukommen lassen und Mönche stehen nun einmal, das ist wohl nirgendwo auf der Welt anders, früh auf.
Am Vorabend habe ich mich erkundigt, wo man sie antreffen könnte, und mir wurde gesagt, das der Markt dafür der beste Ort wäre. Also bin ich 10 Minuten nach dem Wecken auf der Straße. Es ist kalt, so kurz vor Sonnenaufgang. Ich habe bewußt auf eine lange Hose und geschlossene Schuhe verzichtet, das einzige Zugeständnis an den kühlen Morgen ist meine Jacke. Die Mönche tragen ihre orangefarbenen Gewänder, nur aus einem dünnen Baumwolltuch bestehend und laufen barfuß. Ich wollte wenigstens ein bisschen wie die Mönche fühlen.
Die Temperaturen liegen etwa bei 15°C und ich laufe fröstelnd durch die menschenleeren Straßen. Nach etwa 10 Minuten begegnen mir die ersten Mönche und ich laufe in einigem Abstand hinter ihnen her, denn ich kenne den Weg zum Markt nich genau.

Buddhist Monks

Nach weiteren 10 Minuten bin ich am Ziel. Hier wird angeboten, was am vergangenen Tag noch auf den Feldern stand und in den Bäumen hing. Es herrscht bereits geschäftiges Treiben, die Kunden und Händler scherzen und schwatzen miteinander. Ich bin der einzige Ausländer, aber davon nimmt niemand Notiz.
Eine der Marktfrauen spricht mich an, ob ich eine Nahrungsspende für die Mönche kaufen möchte. Genau deswegen bin ich hier. Für 20 Baht bekommt man eine kleine Tüte, die mit verschiedenen Dingen gefüllt ist. Ein paar Früchte, etwas Gebäck, ein Schololadenriegel. Für zusätzliche 5 Baht bekomme ich außerdem noch 2 Räucherstäbchen und eine Lotusblühte, die die Mönche als Opfergaben für ihr Gebet brauchen. Ich kaufe von beidem und beobachte nun andere Menschen, die ebenfalls Spenden für die Mönche erworben haben, um kein Tabu zu brechen. Sobald sich ein Mönch nähert, gibt man ihm zu verstehen, dass man ihm etwas spenden möchte und er öffnet daraufhin eine den Deckel seiner Metallschale und man legt die Spende hinein. Danach dankt man ihm, dass er die Spende angenommen hat und der Mönche erwiedert einen Segen, den er zu den knieenden Spendern spricht.
Ich warte also auf den nächsten Mönch, lege meine Spende in seine Schale und danke ihm. Da ich Europäer bin und auch keine Anstalten mache auf die Knie zu gehen, nickt er mir nur unmerklich zu und geht weiter.
An einer Ecke steht eine junge Frau, die ein paar, vermutlich selbst gebackene Kekse, in kleine Plastiktüten verpackt, als Spende bereit hält. Als Frau darf sie die Mönche auf keinen Fall berühren. Müde reibt sie sich die Augen, als ich an ihr vorbeigehe.

Die Tatsache, dass der Alltag der meisten Thai durch Religion und Spiritualität geprägt ist, heiß jedoch nicht, dass ihnen Spaß fremd ist. Ganz im Gegenteil: im Thailändischen gibt es ein Wort, dass man nur sehr unzureichend mit Spaß übersetzten kann. Sànùk ist nicht nur der kurze Spaß an einem netten Abend unter Freunden oder während eines Kinobesuches, sànùk ist ein angeborenes Lebensgefühl. Sànùk ist wichtig und wenn etwas nicht sànùk ist dann lässt man es besser. Zum Einkaufen auf den Markt gehen ist sànùk, Familie ist sànùk, ein gutes Essen ist definitiv sànùk, schnell Auto fahren ist genauso sànùk wie das kleine Schläfchen des Rikschafahrers in seinem Fahrzeug. Alles was man tut sollte sànùk sein, das gilt auch, oder eben ganz besonders für die Arbeit. Auch die eintönigste Tätigkeit kann sànùk sein, wenn man sie mit Kollegen verrichtet, die zu Freunden geworden sind. Ein bisschen flirten, ein wenig scherzen und das, was man tut mit der größten Sorgfalt erledigen und alles ist sànùk!
Das berühmte thailändische Lächeln hat seinen Ursprung im Wunsch nach sànùk.

Ich wundere mich oft, mit welch guter Laune die Thais, die ich bei ihrer Arbeit erlebt habe, ihrer Tätigkeit nachgehen. Zum Beispiel als Führer von Touristen, die sieben Tage pro Woche, bei nur 10 Tagen Jahresurlaub, arbeiten oder die Mahuts des Elefantencamps, das ich besucht habe. Die Guides von "Flight of the Gibbon" haben gute Laune verbreitet uns immer wieder angefeuert, immer wieder kleine Scherze mit uns gemacht und akrobatische Einlagen gegeben wenn sie selbst am Seil hingen, obwohl sie einen ganzen Arbeitstag in den Bäumen verbringen und sicherlich nicht immer nur nette Kunden haben. Die kann ich mir nur zum Vorbild nehmen!
Im Moment jedoch brauche ich niemanden, der sich um meine gute Laune kümmert, denn: Reisen ist sowas von sànùk!

Dienstag, 13. Januar 2009

Der Elefantenführerschein

Als wir um die Kurve fahren sehen wir sie zum ersten Mal an diesem Tag. Sieben Arbeitselefanten, vom 7 jährigen Jungtier bis zur 23 Jahre alten Kuh. Ich bin froh, dass ich von der Ladefläche des Pick-ups steigen kann, denn die einstündige Fahrt durch den Morgen war kalt und ich hatte meine Jacke, nicht wissend, dass wir "oben ohne" fahren werden, in meinem Hotelzimmer gelassen.
Die Gruppe besteht, wie fast immer, hauptsächlich aus Mittzwanzigern, in diesem Fall alles Europäer. Eine Britin, die mit ihrer Freundin unterwegs ist, redet unaufhörlich und lach dazwischen immer wieder laut. Ihr Lachen hört sich fast so an, als sei man einer Maus auf den Schwanz getreten. Deshalb nenne ich sie für mich "Maus, der man auf den Schwanz getreten ist"! Erstmal geht sie mir auf die Nerven und ich überlege kurz sie während der Fahrt, in einem unbeobachteten Moment, über die niedrige Bordwand zu stoßen. Später stellt sie sich aber als durchaus nett heraus.

Asian Elephant

In dem Elefantencamp, das wir heute besuchen sollen wir lernen, wie man einen Arbeitselefanten führt. Am Vormittag ist Unterricht und am Nachmittag können wir unser Erlerntes bei einem Ausritt in den Dschungel anwenden.
Zunächst müssen wir unsere Mahut-Kleindung anziehen, ein Anzug aus einer 3/4 langen Hose und einem Oberteil mit Knebelknöpfen aus grobem Baumwollstoff. Im Anschluß lernen wir die Komandos, denn die Elefanten verstehen nur Thai, und den jeweils dazugehörigen Körpereinsatz. Einziges Hilfsmittel ist ein Bambusstab, an dem ein Metallhaken befestig ist. Möchte man zum Beispiel den Elefanten links herum drehen setzt man den Haken seitlich des rechten Ohres an und zieht nach links, gleichzeitig tritt der rechte Fuß sanft gegen das Ohr des Tieres und zusätzlich ruft man "saiii", wobei die Stimme gegen Ende des Wortes nach oben geht. So gibt es für jede Aktion ein Kommando und einen dazugehörigen Einsatz des Stocks.

Um uns mit den Tieren vertraut zu machen sollen wir sie zunächst füttern. Aufgeregt treten die grauen Riesen hin und her als sie uns sehen, denn sie wissen, dass sie jetzt etwas besonders Gutes von uns bekommen. Bananen und Zuckerrohr haben wir noch in Chiang Mai auf dem lokalen Gemüsemarkt gekauft. Die Bananen gibt man ihnen nicht einzeln sondern schiebt sie ihnen bündelweise ins Maul. Danach trieft der ganze Unterarm von Elefantenspeichel. Langsam ahne ich, warum wir unsere eigene Kleidung gegen den blauen Anzug tauschen mussten.
Jeder aus unserer Gruppe muss nun einmal das Aufsteigen und Absteigen auf einen großen und einen kleineren Elefanten üben. Das sieht sehr leicht aus, ist aber überaus schwierig. Auf das Komando "Yooka" hebt der Elefant sein Bein und winkelt den Fuß an. Man steigt dann zunächst über den Fuß auf den Oberschenkel des Tieres, zieht dann das andere Bein nach und auf das Komando "Suun" hebt der Elefant das Bein in die Höhe und dann muss man sich mit einem beherzten Sprung versuchen auf den Rücken des Elefanten zu gelangen und sich, oben angekommen, so weit wie möglich nach vorne setzten. Die Schulterhöhe des größten Elefanten beträgt über 3 Meter und wenn man direkt hinter seinem Kopf sitzt ist es wirklich mächtig hoch. Außerdem ist es nicht einfach, die Balance zu halten, wenn der Elefant den Kopf schnell bewegt.
Asian Elephant
So vergeht Trainingseinheit um Trainingseinheit und langsam vergeht die Scheu vor den Giganten. Zum Schluß wird ein Parcour aufgebaut, in dem man seinen Elefanten auf einem vorgegebenen Weg bewegen muss.
Jedes Kind weiß, dass man Elefanten auch Dickhäuter nennt. Heute erfahren wir am eigenen Leib, dass sie vor allen Dingen Rauhäuter sind. Bei vielen aus der Gruppe sind die Knie und Unterschenkel vom vielen Auf- und Absteigen wund gescheuert.

Am Nachmittag steht dann der von allen erwartete Ausritt in den Wald an. Alle anderen sind paarweise unterwegs und "teilen" sich einen Elefanten: einer übernimmt die Führung, der andere sitzt als Passagier auf dem Rücken des Tieres. Auf der Hälfte des Weges wird getauscht. Da ich der einzige bin, der solo reist, habe ich ein Reittier ganz für mich alleine.
Der Ausritt macht Spaß und nach etwa 45 Minuten wird eine Rast eingelegt. Den Elefanten fällt man zur Stärkung einige Bananenbäume. Elefanten sind wählerisch, was ihre Nahrung anbelangt. Von den Stämmen der Bananenbäume fressen sie nur den inneren, weißen Teil, den Rest verschmähen sie. Um an den inneren Teil zu kommen, zertreten sie den Stamm, entfernen mit dem Rüssel die Außenschichten und schieben sich den Rest stammweise ins Maul.
Etwa 200 Kilo Nahrung und 40 Liter Wasser braucht ein ausgewachsener Elefant jeden Tag. Da bleibt nicht viel Zeit zum Schlafen. Mit durchschnittlich 4 Stunden pro Nacht kommen sie aus.

Der Höhepunkt des Tages ist das Baden der Elefanten. Unweit des Camps führen wir die Tiere an einen Fluß und steigen ab. Die Elefanten genießen das Baden sichtlich, strampeln mit den Beinen, schlagen mit ihren Rüsseln auf das Wasser und halten ganz still um von uns mit Bürsten abgeschruppt zu werden.
Als die Elefanten sich wieder aufrichten, fordert man uns auf die Tiere anzuspritzen und damit geben wir den Startschuß zu einer Wasserschlacht, die die Elefanten klar für sich entscheiden. Alle aus der Gruppe lachen aus vollem Herzen. Peter, ein Investmentbanker aus England, der, wie er mir erzählte, in diesem Jahr 600 Millionen Pfund verloren hat, zwar nur das Geld seiner Kunden, aber das heißt für ihn keinen Bonus und Angst um seinen Job. Ein Konkursverwalter aus Stuttgart, dessen Name mir entfallen ist, hat gerade Hochkonjunktur und hätte fast seinen Urlaub verschieben müssen, da alle Zulieferer für die Automobilindustrie nach und nach umfallen, wie er sich ausdrückt. Von allen fällt der Streß und die Zukunftsangst ab und in ihren Gesichtern ist nur noch pure Lebensfreude.

Montag, 12. Januar 2009

Der Flug des Gibbon

Wie ein Affe durch die Luft fliegen, in luftiger Höhe von Baum zu Baum schwingen, ohne dabei den Boden nur ein einziges Mal zu berühren, wer hätte davon nicht schon gertäumt? Hier, im nördlichen Thailand, gibt es eine einmalige Anlage, mitten im dichten Urwald, die einem genau das ermöglicht. Man hat auf die höchsten Urwaldriesen, Bäume mit einem Alter von 500 bis 600 Jahren, Plattformen gebaut und diese mit Stahlseilen verbunden, an denen man, in Bergsteigergeschirr hängend, fast wie ein Vogel fliegend und beinahe lautlos von einer zur anderen gleiten kann. "The flight of the Gibbon", der Flug des Gibbon, hat sich der Veranstalter folgerichtig genannt.
Überall in der Stadt wird für diesen Ausflug auf Flugblättern und Plakaten geworben und gleich beim Anblick des ersten Plakats wusste ich: das lasse ich mir nicht entgehen!

Die Fahrt führt hinaus aus der Stadt und bald wird die Straße schmal, holprig und kurvig. Immer weiter windet sie sich in den Dschungel hinein und bald sieht man keine Häuser mehr sondern nur noch eine grüne Wand, links und rechts der Straße. Nur zwei Mal kommen wir durch kleine Dörfer. Mir gefallen die Holzhäuser, mit den für Thailand typischen spitzen Gibeln und den verwinkelten Dächern, die die Menschen sich hier gebaut haben. In einem Dorf kämpfen zwei Hähne miteinander. Kein organisierter Kampf, sondern eher eine spontane Rauferei unter Halbstarken. Unser Fahrer stoppt sofort den Minibus, ruft freudig "chicken boxing" und springt aus dem Fahrzeug um sich den Kampf anzusehen. Das lässt sich kein Thai entgehen!
Der Kampf ist genau so schnell vorbei wie er begonnen hat und wir können unsere Fahrt fortsetzen.
Unsere Basis ist genau so ein kleines Dorf, wie das in dem wir gerade noch Zeuge der Streiterei zweier Vögel wurden. Nicht mehr als 10 Holzhäuser in dem gleichen Stil und eines davon ist die Basis von "The flight of the Gibbon". Jedem von uns wird ein Bergsteigergeschirr angepasst, unsere Guides für den Ausflug vorgestellt und schon geht's raus in den Urwald. Bald stehen wir vor der ersten Plattform und nun folgt ein Sicherheitsbriefing. Jeder Teilnehmer hat, neben seinem Gurtzeug, auch noch ein Stück Bambus an einer Schlaufe bekommen, das die Form eines V hat. Spaßeshalber sagt man uns erst, es wäre eine Waffe zur Verteidigung gegen Affen, aber jetzt erfahren wir die wahre Funktion. Es dient bei besonders rasenten Fahrten als Bremse und soll über das Drahtseil gehalten und auf Kommando nach unten gezogen werden um die Fahrt zu verlangsamen. Wichtig ist dabei nicht zu früh zu bremsen um nicht in der Mitte der Strecke hängen zu bleiben, aber auch nicht zu spät, denn sonst könnte man Personen, die bereits auf der Platform warten, in voller Fahrt herunterstoßen. Zwar sind alle mit Sicherungsleinen gesichert, aber die sehr sicherheitsbewussten Guides wollen alle Verletzungen vermeiden.
Manche der insgesamt 15 Platformen liegen untereinander und wir müssen uns von der oberen zur unteren freihängend abseilen, andere sind mit schwankenden Hängebrücken miteinander verbunden.

Canopy

Als ich die erste Plattform sehe wird mir schon ein wenig mulmig, dabei ist die nur zum warm werden. Die nächste hat es schon mehr in sich! Etwa 70 - 80 Meter mißt der Abstand zwischen beiden, unter uns etwa 100 Meter tiefe Leere und die Fahrt wird "high speed" wie sich unser Führer ausdrückt. Hier kommt zum ersten Mal die Bremse zur Anwendung. Immer einer der beiden Führer fährt voraus, um die Ankommenden zu sichern und einer der Führer bleibt als letzter um sicherzustellen, dass alle Teilnehmer richtig mit dem Seil verbunden sind.
Die Beschleunigung ist unerwartet schnell auf und der Adrenalinkick, den man beim ersten Mal bekommt, ist enorm. Noch ist man zu sehr mit sich beschäftigt und kann die grandiose Natur unter und rings um einen herum noch nicht genießen, aber das ändert sich nach der dritten oder vierten Fahrt.
Man fühlt sich wirklich wie ein Vogel oder ein Affe, der in den Wipfeln dieser uralten Bäume sitzt und die ungewohnte Aussicht auf den dichten Urwald hat. Es ist ganz Still hier oben und die Plattformen schwanken mit den Bäumen hin und her. Mich überkommt ein großes Glücksgefühl.

Going down

Nach 2 Kilometern durch die Luft Gleiten, an der letzten Plattform angekommen, zeigt Mike uns eine Vorrichtung aus Bambus, die wie eine winzige Leiter aussieht an der die Sprossen links und rechts eines Holmes angebracht sind. Wir befinden uns in 80 Fuß, oder umgerechnet etwa 25 Metern Höhe. Mike erzählt uns, dass die Dorfbewohner schon immer auf die Bäume gestiegen sind um nach Honig zu suchen. Was wir hier sehen und was noch weiter hinaufführt, als wir uns jetzt befinden, ist die Klettervorrichtung, die sie dazu benutzen. Unglaublich!
Von hier aus werden wir uns jetzt abseilen. Einer nach dem Anderen wird mit dem Karabinerhaken an ein Seil gehängt und zu Boden gelassen. Als ich an der Reihe bin verkündet Mike, dass wir uns, der Abwechslung halber, von jetzt ab alle im "Spiderman Stil" abseilen werden und schon höre ich wie der Karabinerhaken auf meinem Rücken einklinkt. Ich möchte noch protestieren und anmerken, dass ich doch lieber in meinem Gurtzeug sitzend abgeseilt werden möchte, doch da häge ich schon, wie eine Spinne an ihrem Faden, und gleite schnell, Arme und Beine von mir gestreckt, am Rücken hängend der Erde entgegen.