Donnerstag, 13. Januar 2011

Der Zauberwald



Der Steg auf dem ich mich befinde ist so schmal, dass zwei Personen nur mühsam aneinander vorbeikommen. Außerdem ist er steil, sehr steil sogar, und nichts für Menschen mit Höhenangst.
Immer wieder verlässt man festen Boden und läuft auf Metallgittern, oder -stufen, die direkt im Fels verankert sind.
So geht es Meter um Meter nach unten, immer an senkrechten Abhängen entlang und immer näher dem grünen Teppich entgegen, der sich vor einem ausbreitet.
Jetzt bin ich auf der Höhe der Baumwipfel angelangt, noch wenige Meter nach unten in ich bin mitten im Regenwald.

Gestern Abend regnete es heftig und als der Regen vorüber war, wurde er durch einen undurchdringlichen Nebel ersetzt, der auch heute Morgen noch die Landschaft bestimmte. Ich dachte erst ich müsste von meinem Plan auf eine Urwaldwanderung zu gehen, absehen, doch, nach dem Frühstück, verabschiedete sich der Nebel ebenso schnell, wie er gestern gekommen war.
Ich zog also meine Wanderstiefel an, die ich extra für diesen Teil der Reise und für Tasmanien mitgenommen hatte, und Minuten später stand ich im Besucherzentrum des Nationalparks um mich über geeignete Touren zu informieren.
Man empfahl mir die „giant stairways“ an den Abhängen entlang nach unten, ein etwa 1 1/2 stündiges Stück an den Hängen entlang und dann, an einem Wasserfall wieder nach oben und auf dem „Prince Henry Weg“, diesmal am oberen Teil der Abhänge, wieder zurück nach Katoomba, insgesamt etwa 3 1/2 Stunden Wanderung.

Ich begegne nur wenigen Wanderern hier unten und die Stimmung ist märchenhaft. Riesenhafte Farne bilden einen Schirm, der kaum Tageslicht auf den Boden lässt. Der Geruch nach Eukalyptus ist allgegenwärtig und mischt sich mit dem feuchten, warmen Geruch der Erde. Ständig hört man den Ruf von Vögeln, die man nicht kennt. Wenn man stehen bleibt, sieht man ab und zu bunte Papageien über einem fliegen oder auf Bäumen sitzen.



Allmählich kommt der Nebel zurück und es beginnt zu nieseln, was die Stimmung im Wald noch unwirklicher macht. Ich mache mir Gedanken, denn der gestrige Nebel kam so plötzlich und war so stark, dass man kaum noch den Boden unter sich sehen konnte. Zwar gehe ich auf gut ausgeschilderten Wegen und bin auch nicht weit von der Zivilisation entfernt, aber gestern hätte man Wegweiser nicht mehr sehen können.
Jetzt weiß ich, warum man sich am Eingang kostenlose Ortungsgeräte ausleihen kann.
Ich hole mein iPhone aus der Tasche und prüfe ob ich Empfang habe. Ich habe ein, wenn auch schwaches, Signal, gut genug um mich mittels GPS zu orientieren.
So habe ich auch schon einmal im Auto meinen Weg durch absolut undurchsichtigen Nebel gefunden. Ich bin beruhigt.



Den Wasserfall kann man schon von weitem hören und trotzdem ist man erstaunt, wenn man ihn vor sich hat. Aus sicherlich 150 Metern Höhe ergießt er sich in Kaskaden in den Urwald. Noch ist die Sicht gut genug um stehenzubleiben und ihn zu bewundern.
Unmittelbar danach beginnt der Aufstieg. An dieser Stelle fährt auch eine Seilbahn mit Glasboden nach unten. Man muss den Touristen schließlich was bieten.
Oben angekommen ist der Nebel so dich, dass man auf den Aussichtspunkten nur noch in eine weiße Wand schaut. Auf einem Ast neben mir sitzt ein rabenschwarzer Papagei, und nörgelt. Ich spreche ihn an und er macht die für Papageien typischen, nach oben und unten wippenden Bewegungen. Wenig später sehe ich das Besucherzentrum in der Ferne. Die Zivilisation hat mich wieder.

1 Kommentar:

renovatio hat gesagt…

Klasse - das muss ein sagenhaftes Erlebnis gewesen sein, diese Wanderung! Hört sich super an!
Währenddessen habe ich mich in eines der Bücher gestürzt, die Du mir an Sylvester mitgegeben hast. 3x darfst Du raten, welches ;) Ich sag' nur: Blumenkohl, *brüll/wieher*!
Diese Farne, das üppige Grün in Deiner Schilderung erinnern sofort an die Unendliche Geschichte und den Haulewald ;) (http://de.wikipedia.org/wiki/Die_unendliche_Geschichte) Wahrscheinlich hat sich Michael Ende von solcherlei Urwald inspirieren lassen - obwohl mir nicht bekannt ist, ob er je in Australien war. Na ja - schätze, dieses Geheimnis hat er mit ins Grab genommen.

Ois dann - viel Spaß weiterhin! Aber Vorsicht beim Baden! Gestern kam ein Bericht über die vor Australien vorkommende Irukandji-Qualle, die nur fingernagelgroß ist und deren Gift tödlich ist. Bis vor kurzem war diese Quallenart noch gar nicht bekannt, weil sie weitgehend unsichtbar ist und nur anhand der Nahrung, die sie aufnimmt, erkennbar gemacht werden kann. Es werden an evtl. betroffenen Stränden aber wohl Warnhinweise sein. Die würde ich dann auch beachten. Sie haben die Forscher gefilmt, nachdem sie gestochen worden waren. Die weibliche Person hat sich daraufhin 2 Wochen im Überlebenskampf und offensichtlich unsagbaren Qualen gewunden. *grusel*