Freitag, 26. Januar 2007

Für Gringos ein bisschen mehr

Ich beobachte das Boot, wie es sich vom Strand weg gegen die Brandung aufs Meer hinauskämpft. Manchmal sieht es so aus als ob die nächste Welle es umwerfen wird, aber der Bootsführer weiß wie er die Wellen zu nehmen hat. Auch ich habe heute einen Bootsausflug gebucht, will raus in die Buch um eine Gruppe von Delfinen zu beobachten, die sich dort aufhält. Spektakuläre Aufnahmen, von Delfinen in glasklarem Wasser, wie sie zu mehreren vor dem Boot herumspringen, sind in der Broschüre des Veranstalters zu sehen. Das Boot ist eine Art großes Schlauchboot, das mich an die Boote erinnert, mit denen Greenpeace seine Einsätze gegen Wahlfänger und Öltanker gefahren hat. Wohl ist mir nicht bei dem Gedanken in einem Schlauchboot gegen die Brandung anzufahren, aber wenigstens habe ich meine Kamera und Wechselobjektive in einem "Drybag", einer dickwandigen Gummihülle, deren offenes Ende man zusammenrollt und mit einem Klettverschluss wasserdicht verschließt, die ich mir während meiner Reise gekauft habe um meine elektronischen Begleiter gegen Staub und Wasser zu schützen, verstaut.
Als ich gegen 9 Uhr am verabredeten Treffpunkt erscheine werde ich zunächst für 10 Uhr wiederbestellt und schließlich wird der Ausflug abgesagt. Der Wind, der heute von der See weht, ist einfach zu stark. Enttäuscht begebe ich mich in mein Hotel zurück. Gerne hätte ich die Delfine beobachtet und ein paar Fotos geschossen. Die so gewonnene Zeit beschließe ich damit zu verbringen, mich im Museum über die Geschichte der Stadt und über Flora und Fauna der Halbinsel zu informieren.
Just for the colours
Das Museum der Stadt ist in einer alten und liebevoll renovierten Villa, einem alten Herrenhaus mit kleinem Aussichtstürmchen, untergebracht. An der Kasse wartet das nächste Ärgernis, dem ich hier schon öfters begegnet bin. Bei den Eintrittspreisen fast überall wird danach unterschieden, ob man aus der Region, aus Argentinien oder dem Rest der Welt kommt. Ausländer zahlen am meisten, teilweise den siebenfachen Preis dessen was von Einheimischen verlangt wird. Es ist schon richtig, dass der Durchschnittsargentinier mit einem Gehalt von unter 1000 Pesos auskommen muss und dass ich ein Vielfaches verdiene. Nur dass der Durchschnittsargentinier es sich auch nicht leisen kann mit seiner Familie in einer Region Urlaub zu machen, die hauptsächlich von ausländischen Touristen besucht wird. Ich kann verstehen, wenn Einheimische aus der Region nicht den vollen Preis bezahlen (die sollten meiner Meinung nach sogar gar nichts bezahlen), denn schließlich soll von ihnen jeder die Gelegenheit bekommen, von seiner Geschichte zu erfahren, aber dass ich den Urlaub von Leuten sponsere, die zu der begüterten Oberschicht gehören und die, wie ich nur mutmaßen kann, ihren Reichtum nicht immer mit ganz legalen Mitteln erwirtschaftet haben, stört mich einfach. Undenkbar so etwas in Europa zu machen.
Das Museum ist sehenswert, schon alleine des etwas hundertjährigen Gebäudes wegen. Die Ausstellung umfasst die Themen der ersten Besiedlung, die Ankunft der Europäer, der hemmungslosen Ausbeutung der Natur bis hinein in die 1970er Jahre, sowie der Erklärung des empfindlichen Ökosystems und der Auswirkungen bereits kleinster Umweltsünden, wie beispielsweise weggeworfener Batterien.
Low tide
In das kleine Aussichtstürmchen der ehemaligen Villa kann man hinaufsteigen und hat von dort einen schönen Blick auf die Stadt und die Bucht. Ich stelle mir vor wie der Hausherr früher hier oben stand und nach den Versorgungsbooten Ausschau hielt, die den dringend benötigten Nachschub an Lebensmitteln und Gebrauchsgegenständen brachten. Über den Fenstern der Türme wurden alte Fotos angebracht, auf denen man sehen kann, was die Leute die hier früher standen, sahen. Ich vergleiche die Straßen und Gebäude auf den Fotos mit denen von heute. Einige wenige Gebäude der ursprünglichen Bebauung stehen immer noch.
In der Ferne sieht man, wie die erst vor 30 Jahren erbaute Aluminiumfabrik ihren Schmutz in die Luft bläst, mitten im Naturschutzgebiet und UNESCO Welterbe der Menschheit.

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