Freitag, 5. Januar 2007

Buenos Dias Argentina

Falcon
...trällerte einst Udo Jürgens, gemeinsam mit der deutschen Fußball Nationalmannschaft, anläßlich der Fußball Weltmeisterschaft 1978 "er war lang mein Weg zu Dir" heißt es dann weiter (für diese Zeilen kann ich keine Garantie übernehmen und müßte erst den Godfather des deutschen Schlagers, meinen Freund Ralf Gollmitzer konsultieren). Sowohl die WM als auch das Lied waren aus deutscher Sicht ein Reinfall, aber zumindest geben sie mir heute die Gelegenheit, meinen Eintrag damit zu beginnen.

Gegen 11:30 Ortszeit bin ich heute in Buenos Aires Ezeiza gelandet. Wie immer auf meinen Reisen habe ich auch diesmal keine Hotelreservierung und wie jedes Mal so kommt auch diesmal ein etwas ungutes Gefühl dabei auf. Was denn, wenn es keine Zimmer zu akzeptablem Preisen mehr gibt? Immerhin ist Hochsommer und damit Hochsaison für Städtereisende, die in Buenos Aires haupsächlich aus dem benachbarten Brasilien kommen, um den äußerst günstigen Umtauschkurs dafür zu nutzen, alles was für Geld zu haben ist blindlings zu kaufen, in große Tüten zu stopfen und nach Hause zu tragen. Zwar habe ich jedes Mal ein ungutes Gefühl ohne Reservierung in der Fremde aufzutauchen, aber ein noch schlechteres Gefühl würde sich einstellen, wenn ich mich bereits Wochen vor Abflug entscheiden müßte wo und wie lange ich zu bleiben gedenke. Der Reiz des Reisens liegt für mich ja gerade darin, nichts planen zu müssen und spontan sein zu können.
Wie jedes Mal hatte ich auch diesmal Glück ein, sehr zentral gelegenes und trotzdem ruhiges, 4 Sterne Hotel zu finden, das sich in meiner Preislage bewegt.

Angekommen erfahre ich, daß mein Zimmer gerade noch gereinigt wird und somit noch nicht fertig zum Bezug wäre. Man biete mir an die Wartezeit in der Hotelbar bei einem "drink on the house" zu verbringen. Diese Angebot lehne ich ab, denn mich erwartet bereits das erste Highlight meiner Reise, ein Besuch im nahegelegenen Café Florida. Dieses Café ist mir seit der Zeit bei Lufthansa bekannt, als es noch Umläufe mit 8 Übernachtungen am Stück in Buenos Aires gab und war stets meine erster Weg nach dem Ausschlafen. Eine Atraktion aus zwei Gründen, die, um sie besser zu verstehen, man die Abläufe in südamerikanischen Cafés kennen muß: Es gibt zwei Bereiche, der eine, bei dem man an Tischen sitzt und von Kellnern bedient wird (für ältere Leute und Touristen) und der andere, bei dem man die Zeche erst am Kassenschalter bezahlt und sich dann an den Tresen stellt um seine Bestellung dort zu verzehren (für Einheimische und Profis). Und hier liegt bereits die erste Atraktion des "Florida" oder besser gesagt sie sitzt, und zwar am Kassenschalter, ist etwa 25 Jahre alt, langes braunes glänzendes Haar, Rehaugen, und ein Lächeln, das nicht von dieser Welt ist. Hat man hier ersteinmal etwas für´s Herz bekommen kommt danach etwas für die Seele: Die Cafébar des Florida ist etwa 8 oder 9 Meter lang, hinter der 8 Ober, alles ältere Herren, mit Pomade in den Haaren und alle im makellos weißen Sakkos mit schwarzer Fliege, so wie Ober halt aussehen sollten, ihren Dienst tun. Hinter dem Bereich, in dem sich die Ober bewegen stehen zwei fast mannshoche, kupferne Kaffeemaschinen der Marke "Rillo" und hinter ihnen das Herzstück des Cafés, der Kaffeekellner. Ein ebenso älterer Herr, gekleidet wie die Ober auch, aber ausschließlich für die Zubereitung der verschiedenen Kaffeespezialitäten zuständig, die er auf Zuruf der Kellner, ohne sich dabei Notizen zu machen, nachzufragen oder irgendeine andrere Regung von sich zu geben, stets korrekt und prompt erledigt. Ich habe ihn noch nicht ein einziges Mal lächeln gesehen oder reden gehört und sooft ich in diesem Café war habe ich noch nie erlebt, daß er eine Bestellung nicht oder falsch zubereitet hat. Er erledigt seine Arbeit mit einer Würde, wie sie sonst nur vom Papst, bei der Erteilung seines österlichen Segens "Urbi et Orbi" ausgeht. Ein Hochgenuß diesem Menschen zuzusehen!
Eine Neuerung hat sich jedoch seit meinem letzen Besuch vor etwa 3 Jahren eingeschlichen, denn der Grund meines Besuches hat Verstärkung bekommen. Ein zweiter Kaffeekellner bedient nun die zweite Maschine, wahrscheinlich ist er in der Einarbeitungsphase, bevor der Meister sich in den Ruhestand begibt. Leider hat der Kaffeenovize nicht halb soviel Würde und Gelassenheit wie das Original, aber schließlich ist er noch jung und hat sein halbes Leben dazu Zeit, es seinem Vorbild gleichzutun.
Bis es soweit ist, gilt es sich taktisch so zu positionieren, daß mein Kaffee immer noch vom Meister zubereitet wird. Wer will schließlich den Novizen, wenn man päpstlichen Segen haben kann?

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