Mittwoch, 2. Januar 2008

Sao Paulo - Montevideo

Guarulhos ist der Ort, der dem Flughafen von Sao Paulo am nächsten liegt. Es ist die Schwesterstadt von Sao Paulo, jedoch die hässliche Schwester. Wenn man vom Flughafen in die Stadt fährt, säumen Stundenhotels links und rechts die Straßen und ein Gefängnis. Ein triester Betonbau, nicht besonders groß, mit hohen Mauern quadratisch umfriedet, an jeder Ecke ein Wachturm. Jedes Mal wenn ich hier vorbeikomme versuche ich einen Blick in die Zellen zu erhaschen. Manchmal sieht man Sträflinge, die durch die Gitterstäbe ihrer Fenster auf die Autobahn oder die startenden Flugzeuge des nahen Flughafens schauen, an manchen Zellenfenstern hängt Wäsche zum trocknen. Wer wohl auf die Idee gekommen ist den Sträflingen ihre verlorene Freiheit durch Flugzeuge, die von hier in alle Welt fliegen, permanent vor Augen zu führen?

Immer wenn ich Sao Paulo nur als Sprungbrett für ein anderes Ziel in Südamerika benutze, steige ich in einem Hotel in Guarulhos ab. Es gibt kostenlose Shuttlebusse und die Fahrt zum Flughafen dauert keine 10 Minuten. Diesmal fällt meine Entscheidung auf das Best Western Panambury. Hier habe ich schon einmal vor einigen Jahren eine Nacht verbracht und habe das Hotel in guter Erinnerung: günstig, sauber, komfortabel.

Ich falle sofort in mein Bett, denn schließlich will ich schon mit dem ersten Bus um 6:00 Uhr zum Flughafen zurück um nach Montevideo weiterzureisen. Als ich das Licht ausmache fangen sofort Moskitos an Angriffe auf mich zu fliegen. Richtig, genau das gleiche passierte auch beim letzten Mal. Ich mache das Licht wieder an finde aber nach langer Suche nur eines, das ich auch erledigen kann, doch die Angriffe gehen unvermindert weiter. So geht es noch ein paar Mal in dieser Nacht. Licht an, Licht aus, Decke über den Kopf, Licht an, usw.
Erst als ich am nächsten Morgen ins Bad gehe um zu Duschen erkenne ich, das sich hier ihr Versteck befindet. Ich eröffne nun meinerseits die Jagd und erledige eine nach der anderen mit einem Gummilatschen. Blutflecke an der Wand zeugen von meinem Erfolg. Mein Blut!
Cloud & plane
Ich versuche auf dem zweieinhalbstündigen Flug nach Montevideo ein bisschen Schlaf nachzuholen. In einem "Amenety Kit" aus der First Class, ein Geschenk meiner gestrigen Crew, befindet sich eine Schlafmaske aus goldenem Satin (geht's vielleicht noch ein bisschen schwuler?) mit der Aufschrift Lufthansa First Class. Damit komme ich hier bestimmt ganz groß raus! Egal, der Zweck heiligt die Mittel.
Der Flug ist einigermaßen turbulent und außerdem habe ich schon wieder Hunger, also ist nichts mit Schlafen.

Nach der Ankunft in Montevideo steht bereits eine lange Schlange vor der Passkontrolle. Die Maschine aus Madrid ist kurz vor uns gelandet und deren Passagiere stehen jetzt vor uns. Vor mir warten zwei Uruguayer, die aus ihrer Freude über die Heimkehr schon während des Fluges keinen Hehl gemacht haben. Einer von ihnen holt eine Videokamera aus seiner Tasche und interviewt nun seine Mitwartenden. So werde auch ich unfreiwillig Teil seines Späßchens, bis die Zollbeamten ihn auf das Filmverbot hinweisen.
Als ich, nach den Kontrollen, bereits in der Turisteninformation stehe um ein Hotel zu reservieren, kommt aus der Halle frenetischer Beifall. Unser Videofilmer lässt sich von der Gruppe der in der Flughafenhalle Wartenden erstmal ordentlich feiern. Die Aplaudierenden haben zwar keine Ahnung warum hier Beifall geklatscht wird, aber wenn irgendwo etwas los ist wollen sie dabei sein. Das macht sie mir sympathisch!

Die Temperaturen liegen bei knapp unter 30°C und als ich mich auf einen ersten Erkundungsgang durch Montevideo aufmache, macht mir die Hitze ziemlich zu schaffen. Obwohl wir tausende von Kilometern südlich des Äquators sind steht die Sonne zur Mittagszeit so hoch, dass man kaum einen Schatten hat.
Allmählich macht sich auch mein Schlafdefizit bemerkbar, aber eine kleine Orientierung muss sein.
Ich flüchte vor der Sonne in die Markthalle am Hafen, die mir von der Dame in der Turisteninformation als Tipp für günstiges, landestypisches Essen empfohlen wurde.
Als ich die Halle betrete hängt der Duft von gebratenem Fleisch und der Rauch von offenem Feuer in der Luft. Der schöne, alte, hölzerne Uhrenturm in der Mitte der Halle ist vom Fett speckig.
Mercado del Puerto
Der Mensch ist kein Beilagenesser, wie ich spätestens seit der Lektüre des Buches "Fleisch ist mein Gemüse" weiß, oder, wie es mein Vater auszudrücken pflegte: "Ein Schnitzel ist das beste Gemüse".
Nach diesem Grundsatz wird auch in Uruguay gekocht. Überall lodern Feuer in riesigen Grills in der Halle und auf ihnen liegen Steaks und Würste. Schon bin ich versucht eine ordentliche Bestellung aufzugeben, aber wenn ich jetzt noch ein Steak verdrücke ist mein Tag endgültig gelaufen. So beschließe ich zum Abendessen nochmal herzukommen und mich jetzt mit einem Wasser zu begnügen.

5 Kommentare:

renovatio hat gesagt…

Ist nicht die Idee von jedem Gefängnis, nicht nur zu strafen, sondern auch zu quälen? Müsste man mal nachschauen, ich glaub aber schon, dass die immer in der Nähe von "Leben" gebaut werden: Den Verbrechern zur Steigerung ihres Leidens, und den "Braven" als Mahnfinger oder so.
Fiese Sache, so'n Schlafdefizit - ich kann ja mittlerweile schon ein kleines Konzert darüber anstimmen. Obwohl auf Reisen - zumindest für mich - dann oft das Adrenalin drüber weghilft. Bei Dir als Berufsreisendem mag sich das mit dem Adrenalin schon etwas relativiert haben.
Wünsche trotzdem schöne neue Eindrück! Im übrigen: Ich muß wohl von einem anderen Planeten kommen, denn mich reizen eigentlich die Beilagen an jedem Essen immer am meisten (gesetzt den Fall, dass sie auch etwas ausgefallener sind).
CYA!
(Scheisse, das mit dem RSS-Feed klappt echt nicht... so'n Mist...)

Wolfram hat gesagt…
Dieser Kommentar wurde vom Autor entfernt.
Wolfram hat gesagt…

Ist das wirklich so? Soll ein Aufenthalt im Gefängnis auch quälen?
Zumindest hier in Europa steht doch eher die Resozialisation im Vordergrund, aber das sehen andere Länder ja bekanntlich anders.
Das mit den Beilagen geht mir eigentlich genau so. Es lebe der Kartoffelknödel und die Nudel!!!
Die Sache mit dem RSS Feed klappt wohl nicht mehr, weil Du böse warst und gegen Google, bzw. Flickr, opponiert hast.

Wolfram hat gesagt…

Ach, es heisst natuerlich "Resozialisierung". Nicht dass ich meiner Ausdrucksweise wegen gescholten werde.

renovatio hat gesagt…

Ja, ich muß wohl von meinen Eindrücken von amerikanischen Gefängnissen beeinflusst gewesen sein, als ich diese Bemerkung geschrieben habe. In der Tat schreiben wir zumindest in D-Land Resozialisierung grössere Bedeutung zu als dem Aspekt des Strafens - den Eindruck gewinne ic jedenfalls aus den Diskussionen mit meinen Söhring-Petitionsgegnern.
So, Du meinst also, Google und Yahoo! machen gemeinsame Sache gegen mich...? Hm, das wäre ja schmeichelhaft über alle Massen... :-) Ich argwöhne mal, dass ich denen dann doch nicht so wichtig bin ;-)