Mittwoch, 2. Januar 2008

München - Sao Paulo

Als die Sonne aufgeht taucht sie den Tag in difuses Grau. Es ist ein kalter Morgen, das weiß man auch ohne vor die Tür getreten zu sein. Die Wiesen sind mit Reif und die Autos, die in der Nacht auf dem Hof standen, mit einer dicken Eisschicht bedeckt.
Wie immer fallen mir noch in letzter Minute einige Dinge ein, die erledigt werden sollten: Noch schnell eine Nachricht für meinen Bruder geschrieben, der während meiner Abwesenheit einige Nächte in meiner Wohung verbrigen wird, frische Handtücher für ihn rausgelegt und das Bett neu bezogen. Habe ich an alles gedacht? Kreditkarte eingesteckt, Pass und die Flugscheine?
Pünktlich steht das Taxi, das ich am Vortag bestellt habe, nun vor meiner Tür. Gerade will ich die Wohnung verlassen als mir einfällt, dass ich keine Mütze dabeihabe. Also noch einmal an den Kleiderschrank und eine Baseballkappe in den Koffer gesteckt.

Auf der Fahrt begegnen wir gerade einmal zwei Autos bis wir auf den Flughafenzubringer abbiegen. Mein Taxifahrer erzählt mir von seiner Nachtschicht in der Silversternacht, die nach dieser Fahrt enden soll. Ich höre nur halb zu, schaue lieber aus dem Fenster und lasse die frostige Landschaft an mir vorbeiziehen.
Nach nicht einmal 15 Minuten bin ich am ersten Etappenziel angekommen. Viel zu früh, aber ich gönne mir gerne viel Zeit, wenn ich auf Reisen bin.

"Da haben sie sich ja einen tollen Flug ausgesucht", sagt die Kollegen am Checkin zu mir als sie die Auslastung meines Fluges sieht. Nur 4 weitere Gäste teilen sich die Business Class mit mir, in der Economy Class sind 46 Gäste gebucht und die First Class wird gänzlich leer bleiben.
Ich verkürze mir die Wartezeit mit einem kleinen Frühstück und einem Bummel durch den Duty Free Shop.

Die Begrüßung durch die Crew ist herzlich und kaum habe ich meinen Fensterplatz eingenommen, werden auch schon die Triebwerke angelassen und der Airbus setzt sich in Bewegung.
Schon wenige Sekunden nach dem Start hat die Maschine soviel Höhe erreicht, dass wir nun über der Hochnebeldecke sind und mich die Sonne durch die Fenster blendet.
Die Speisekarten werden verteilt und ich stelle mein Menü zusammen.
Schon während der Wartezeit am Gate habe ich mit der Lektüre des Buches "Dorfpunks" von Rocko Schamoni begonnen und ich kann es auch jetzt kaum weglegen, so lustig erzählt der Autor von seiner Jugend in einem kleinen Dorf in Schleswig-Holstein. Mehr als einmal kommen Erinnerungen an meine Jugend in Ziemetshausen auf.
Nach jedem Kapitel schaue ich aus dem Fenster und versuche an Hand von Flüssen, Städten und Seen darauf zu schließen wo genau wir uns gerade befinden. Kontrollieren kann ich dann auf der "Airshow", einem Programm, das während des Gesamten Fluges die genaue Position des Flugzeugs auf einer Landkarte abbildet.
Als wir die Alpen fast passiert haben kann man in großer Entfernung das Mittelmeer sehen in dem sich sie Sonne spiegelt.
Ich freue mich darüber heute nicht arbeiten zu müssen sondern Zeit dafür zu haben, die Landschaft zu betrachten, während man in Ruhe sein Essen genießen kann.
Nach dem Kaffee schließe sich die Jalousien meiner Fenster, denn jetzt ist Movietime! Die 12 Stunden Flugzeit reichen kaum für all die Filme aus, die ich gerne sehen würde und außerdem lege ich auch zwischendrin mal eine Schlafpause ein. Schließlich bin ich früh aufgestanden und vor Mitternacht ins Bett zu gehen hätte an einem 31. Dezember keinen Sinn gemacht.
Als ich nach Ende des ersten Filmes die Jalousien kurz öffne befinden wir uns bereits über der Sahara und unter mir erstreckt sich ein Meer aus gelbem Sand. Als wir die senegalesische Hauptstadt Dakar passiert haben gibt es für Stunden nur noch das Blau des Südatlantiks unter uns.

Das nahende Festland kündigt sich, nach mehreren Stunden Flugzeit, durch zahlreicht Ölbohrplattformen im Meer an, die man durch die Flamme, die beim Abfackeln von Gas entsteht, gut in der Abenddämmerung sehen kann.
Dann liegt endlich Sao Paulo vor uns. Eine Krake aus Beton und Asphalt, die sich immer weiter in den Urwald hineinfrißt. Die Stadt liegt zur Hälfte unter einer Wolkendecke und dort wo die Wolken die Sicht versperren, sehen diese, vom orange-roten Wiederschein der Lichter der Stadt von unten erleuchtet, aus wie glühende Kohlen, in die unser Flugzeug bei der Landung zu stürzen scheint.

2 Kommentare:

renovatio hat gesagt…

Schön beschrieben - aber ich denke, ein Transatlantik-Flug fühlt sich in der Busines eben doch um Klassen angenehmer an, als in der Eco, zumal wenn der Flieger eh kaum besetzt ist.

Wolfram hat gesagt…

Worauf Du einen lassen kannst, mein Freund. Fliegen finde ich, solange ich nicht an einem Servicewagen stehe, sowieso aufregend. Manchmal hat man ja einen interessanten Sitznachbarn und wenn nicht: Movietime!