Samstag, 19. Januar 2008

Polizeikontrolle

Die Fahrt von Salta nach San Juan soll laut Fahrplan 16:56 Stunden dauern. Abfahrt ist um 21:00 Uhr abends und Ankunft am nächsten Tag um 13:56 Uhr. Ich würde mich jedoch schon wundern, wenn der Bus pünktlich um 21:00 losfahren würde. Tut er nicht, er verlässt den Busbahnhof mit 15 Minuten Verspätung. Was kümmert's mich, ich habe keine Eile und meine Mitreisenden offensichtlich auch nicht.
Der Bordsteward kündigt an, dass wir nach etwa einer Stunde Fahrzeit nochmal umsteigen müssen. Warum sagt er nicht und es fragt auch niemand - das ist halt so.
Nach einer viertel Stunde werden wir von einem kleinen, roten Fiat überholt und zum Halten gebracht. Eine junge Frau steigt aus, die offensichtlich den Bus verpasst hat und nun mit einem Freund die Verfolgung aufgenommen hat, um ihre Reise doch noch antreten zu können.
Weitere 45 Minuten später kommt dann der angekündigte Halt an einer Tankstelle mitten im Nichts. Es ist stürmisch geworden und die Böen blasen Sand in die Augen der Wartenden. Kleine Kinder quängeln, denn sie sind aus dem Schlaf gerissen worden und haben keine Lust zu warten. Da der Bus, der uns aufnehmen soll nocht nicht angekommen ist, bleibe ich lieber noch auf meinem Platz und schaue in die Nacht.
Der neue Bus begrüßt uns beim Einfahren in die Tankstelle mit Lichthupe, parkt neben unserem und die Angestellten beginnen das Gepäck umzulanden.
Nach kurzer Zeit können wir unsere Reise dann fortsetzen. Es wird ein warmes Abendessen serviert und ein Film gezeigt.
Ich stelle meine Rückenlehne soweit nach hinten, wie es geht und schlafe ein.

Es muss gegen 7 Uhr morgens sein, als ich von einer lauten Stimme geweckt werde. Alle Reisenden werden aufgefordert, mit ihren Papieren in der Hand, den Bus zu verlassen, ihr gesamtes Gepäck in Empfang zu nehmen und vorzuführen. Polizeikontrolle.
Wir befinden uns am Fuße der Anden, an einer der zahlreichen Polizeistationen die, weitab der nächsten Ortschaft, die Landstraßen säumen.
Alle Reisenden müssen sich nun, mit ihrem Gepäck, in einer Schlange vor einem Tisch im Freien aufstellen, ihre Papiere vorzeigen und die Koffer öffnen.
Als ich an der Reihe bin und dem, im grünen Kampfanzug gekleideten, Beamten meinen Pass aushändige, wirft er zunächst einen Blick auf meine Papiere und dann auf mich. Wo ich denn herkomme, möchte er wissen, denn einen deutschen Pass sieht er wohl nicht allzu oft.
"Aus Deutschland", sage ich. Er vergleicht das Foto in meinem Pass mit meinem verschlafenen Gesicht, mit mürrischem Blick. "So, aus Deutschland", sagt er und ich überlege, ob es hier eher gut oder schlecht ist aus Deutschland zu kommen. Ich entscheide mich für gut.
Beim Durchsuchen meines Gepäcks fällt ihm ein kleiner, durchsichtiger Plastikbeutel auf in dem ich ein Paar Medikamente verwahre. Was das ist, möchte er von mir wissen und ich versuche zu beschreiben, wofür Allopurinol und Immodium sind.

Bei keinem der Reisenden wurde irgendetwas Verdächtiges gefunden und so könne wir unsere Reise nach etwa einer Stunde fortsetzten.
Neben mir sitzt ein junger Mann, den ich frage, was die Polizei bei solchen Kontrollen denn genau suchen würde. "Alles mögliche", gibt er mir zur Antwort. "Drogen, vor allem bei Ausländern, gestohlene Autos, denn wir befinden uns während der ganzen Fahrt in unmittelbarer Nähe zur chilenischen Grenze, Menschenschmuggler, deren Opfer insbesondere Frauen und Kindern sind, sowie Organe zur Transplantation." Die Frauen für die Bordelle, die Kinder, oftmals in Bolivien geraubt und über die grüne Grenze ins Land gebracht, für den Adoptions- oder Organhandel, erklärt er mir weiter.

In San Juan kommen wir mit zweistündiger Verspätung an und der Tag hält sich an die 42°C, die der Wetterbericht für heute vorausgesagt hat. Ich mache einen kleinen Rundgang durch die ausgestorbene Stadt. Die Hitze ist wie in einem Backofen, weswegen die Einheimischen sich eine ausgedehnte Siesta von 13 bis 18 Uhr gönnen.
Ich möchte unbedingt noch zwei Exkursionen buchen, aber damit werde ich wohl bis zum Ende der Siesta warten müssen.

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