Freitag, 25. Januar 2008

Perle am Pazifik

Colours of Valparaiso
Valparaiso, allein der Name weckt Fernweh. Er hat etwas geheimnisvolles an sich. Verspricht er nicht das Paradies?
Und im wirklichen Leben? Oft wird man enttäuscht, wenn man mit großen Erwartungen reist. Nicht hier!
Die Stadt, die von den Chilenen auch die "Perle am Pazifik" genannt wird, ähnelt auf den ersten Blick Lissabon, mit seinen betagten Zahnradbahnen, den engen Sträßchen in der Altstadt und den vielen Aussichtspunkten, die immer wieder phantastische Blicke auf den Ozean bieten.

Auf Hügeln gebaut, verbinden über 120 Jahre alte Aufzüge die Unter- mit der Oberstadt, es mögen an die zwanzig sein. Nicht Aufzüge im herkömmlichen Sinn, sondern eher Bahnen, die mit Stahlseilen die Hügel hinaufgezogen werden, wobei ein keilförmiger Unterbau aus Stahlträgern dafür sorgt, dass die Kabine, nicht mehr als eine kleine Holzkiste, stets waagrecht bleibt.
Valparaiso ist Weltkulturerbe der Menschheit! In der Altstadt stehen noch tausende der wellblechtverkleideten, in vielen verschiedenen Pastelltönen getrichenen Häusern, von denen auch eins mein Hotel beherbergt. Wie man im Inneren sehen kann, sind es Konstruktionen aus Stahlträgern, deren Zwischenräume zum Teil mit Stahlplatten, zum Teil mit Holz verkleidet, die Innenräume aufteilen. Viele von ihnen haben auf den Dächern kleine Terrassen oder Glaskonstruktionen, einem Wintergarten ähnlich. Die große, nach Süden gewante Fensterflächen sorgen für ausreichend Tageslicht im Inneren.
Der Hanglage der Stadt wegen, haben die allermeisten Gebäude unglaublich schöne Ausblicke auf den Ozean und den Hafen.

Ich liebe Städte, die ihr Gesicht gewahrt haben, die sich geweigert habe Altes und Taditionelles gegen vermeindlich Schickes, Neues auszutauschen, die sich und ihrer Vergangenheit treu geblieben sind, in denen sich auch alte Menschen nicht verloren und deplaziert vorkommen. Trotzdem sperrt man sich nicht dem Modernen. Ein Spagat, der nicht einfach, hier aber einfach gut gelungen ist.

Als ich gestern, nach einer durchwachten Nacht, endlich in ein Bett fiel, schlief ich sofort ein und wachte erst am frühen Nachmittag auf. Nachtflugfeeling!
Ich stand auf und wollte mich auf einen Stadtrundgang aufmachen, als mich der Eigentümer meiner kleinen Herberge abpasste und mir anbot mir auf einem Plan einen Spaziergang aufzuzeichnen, auf dem ich alle Sehenswürdigkeiten des Stadtteils, alle Ausblicke und die besten Restaurants kennenlernen könnte.
Obwohl er gerade mit Umbauarbeiten beschäftigt und auf dem Weg war neues Baumaterial zu kaufen, nahm er sich die Zeit mir zu erklären, wie ich zu laufen hätte und wie ich mich am besten vor Taschendieben und Straßenkriminalität schützen könnte.
Mein Rundgang führt über kleine Gässchen, aus denen plötzlich große Avenuen werden, über Treppen, mal rauf, mal runter, sogar einige Male durch Gebäude hindurch auf terrassenartige Ausblicke, den Miradores. Diese Stadt ist wirklich etwas Besonderes.

Als ich am Abend zurückkam, war er gerade damit beschäftigt, einem amerikanischen Paar eine Stunde Spanischunterricht zu erteilen. Richtig, an der Eingangstür war mir ein Schild aufgefallen, auf dem er damit wirbt, der einzige Ort in Chile zu sein, der kostenlosen Sprachunterricht anbietet. Ich fühle mich hier wohl und habe, einmal mehr, Glück bei der Auswahl meiner Unterkunft gehabt.
Street art
Auf meinem Rundgang fällt mir auf, dass einheimische Künstler ihre Werke auf die Wände vieler Gebäude gemalt oder gesprüht haben. Ob das immer mit dem Einverständnis der Eigentümer passiert ist, weiß ich nicht, was man dort sieht ist jedoch keine Schmierei, sonder Kunst. Man hat sie auf jeden Fall gewähren lassen und ihre Werke nicht übermalt: eine Kunstaustellung im Freien. Ich bleibe immer wieder stehen um mir die Bilder anzuschauen und einige von ihnen zu fotografieren. Als ich gerade wieder eines mit meiner Kamera festhalten möchte, spricht mich ein alter Mann an. Er fragt ob ich das schön finde und ich bejahe. Ich erwarte nun eine Schimpfkanonade gegen die "Schmierfinken", aber er überrascht mich indem er mir zustimmt. "Das ist wirklich hübsch", sagt er nur und geht seiner Wege.

2 Kommentare:

himmatomm hat gesagt…

Ach, jetzt muß ich wieder mal von vorn anfangen.
Lieber Wolfram, wie so oft, kommt bei Deiner Reise offenbar das Beste zuletzt. Schön, daß Du einen so versierten Führer (wenn auch auf Distanz) gefunden hast, der Dir die Sahnestücken und versteckten Schönheiten seiner Stadt gezeigt hat. Wir hoffen, daß Du noch viel Erinnernswertes in Südamerika erlebst, eh Dich das vertraute Daheim wieder ganz in Beschlag nimmt und fordert.Komm gut heim. Herzliche Grüße, Fuddl und Peter.

Wolfram hat gesagt…

Schnell, bereits vom Flughafen in Santiago de Chile, eine Antwort.
Valparaiso war wirklich ein Highlight, außerdem habe ich noch ein sehr nettes Paar aus Virginia kennengelernt, meine Zimmernachbarn aus der Herrberge, mit denen ich eine Nacht lang um die Häuser gezogen bin. Dazu mehr im nächsten Eintrag:)
Bis bald!