Donnerstag, 12. Januar 2012

Zum Mittag gibt es Lama



Eine von vielen schönen Kindheitserinnerungen ist die, aus der Schule zu kommen und zu erfahren, dass wir heute in den Berliner Zoo gehen. Wenn wir dann noch einen Freund mitnehmen durften (durften wir immer), war der Spaß grenzenlos.
Der Ablauf war immer der gleiche: erstmal auf die Drachenschaukel, dann die Elefanten, der Affenfelsen und dann die Lamas. Nachdem wir erfahren hatten, dass Lamas spucken, wenn man sie ärgert, versuchten wir alles, um wenigsten eines von ihnen ein Mal spucken zu sehen. Natürlich vergeblich.

Nie hätte ich damals gedacht, dass ich diese Tiere mal in ihrer Heimat, in freier Wildbahn sehen und sogar ihr Fleisch probieren würde.

Mein Ausflug führt mich heute in den nördlichsten Teil des Riesenlandes, durch die weltbekannte Humahuaca Schlucht, bis kurz vor die Grenze Boliviens. Seit 1993 ist die Schlucht und das Dorf Humahuaca von der UNESCO zum Weltnatur- beziehungsweise Weltkulturerbe der Menschheit erklärt.
Schon der Klang der Namen der Ortschaften, durch die wir kommen hören sich nach Abenteuer an: Jujuy (gesprochen Chuchui), Purmamarca und eben Humahuaca.
In der breiten Schlucht, durch die unser Wagen sich die Berge auf der Panamericana emporkämpft, gibt es jede Menge wilder Tiere: Pumas, Wildkatzen, Jaguare, Papageien und Tukane, doch die leben in den Wäldern versteckt und wir haben nicht die Zeit, sie zu beobachten.
Seinen Status als Weltnaturerbe verdankt die Schlucht einem Phänomen, das meines Wissens nach nur hier vorkommt. Berge, deren Gestein durch Bodenerosion freigelegt wurde, und die in bis zu sieben verschiedenen Farben leuchten. Dabei bilden Verwerfungen im Gestein unglaubliche Bilder. Eines heißt die Malerpalette und sieht aus als ob jemand mit einem vielfarbigen Pinsel Schlangenliene auf den Berg gemalt hat.
Der Norden Argentiniens ist eine seismisch sehr aktive Gegend. Der Druck auf die Berge wirkt nicht nur von unten her und lässt sie immer noch wachsen, sondern auch von den Seiten, wodurch diese Schlangenlinien entstehen.
Dieser hier heißt einfach nur Berg der sieben Farben:



Die breiten Täler, die weiten Blicke und die extrem hohen Berge um uns herum, zusammen mit dem geologischen Farbenspiel hinterlässt einen atemberaubenden Eindruck auf mich. Man kommt sich einfach nur sehr klein und unbedeutend vor.

Wir halten in vielen kleinen Dörfern an um uns umzusehen. In Purmamarca findet ein sehr farbenfroher Indiomarkt statt. An einem Stand steht ein Indiomädchen mit rundem, freundlichen Gesicht und strickt Socken aus Lamawolle. Ein Paar davon gehört jetzt mir und soll mich auf meiner Reise in den Süden warm halten.
In Humahuaca steigt ein einheimischer Führer zu und gibt uns einige Informationen zu seiner Heimat und seiner Kultur, führt uns durch seinen Ort und erklärt uns die Bedeutung der Lamas (spanisch Llamas, gesprochen Schamas) für die Bevölkerung der Anden.
Kurz zuvor hatten wir eine archäologische Ausgrabung besichtigt, ein Festung von Tilcara, die den Inkas dazu diente die Spanier zu beobachten.
Einige der Häuser wurden rekonstruiert und können begangen werden. Die Mauern wurden aus groben Steinen geschichtet, so dass es genügend Lücken für Luftzirkulation gab. Tatsächlich ist es im Inneren schön kühl. Im Winter wurden die Wände zur Isolation mit Lamafellen abgehängt und in besonders kalten Nächten wurden die Lamas, als natürliche Heizung, mit ins Haus geholt.

Als wir dann beim Mittagessen in einer kleinen Dorfgaststätte sitzen, bestelle ich Lama in Weinsoße. Die Tiere tun mir zwar leid, aber trotzdem: geschmeckt hat es köstlich!

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