Montag, 9. Januar 2012

San Telmo



Das Gedränge in San Telmo ist riesig an diesem Sonntag, denn heute ist, wie an jedem Sonntag Flohmarkt. Jahrein, jahraus, Sommer wie Winter. Es ist nicht das erste Mal, dass ich den größten Antiquitäten- und Kunsthandwerksmarkt der Stadt besuche, dieses Mal bin ich von der Größe aber wirklich überrascht. Ich kann mich an einen feuchtkalten Sonntag im Winter erinnern, an dem gerade einmal die Plaza Dorego mit Ständen gefüllt war und nur eine Handvoll Besucher mit hochgeschlagenen Mantelkrägen durch die Reihen liefen. Seit dem hat sich der Markt mindestens verzehnfacht. Es ist viel Krempel und Kitsch dabei, aber auch das ein oder andere schöne Stück.
Meine Strategie für Reisen ist, immer soviel mitzunehmen, das mein Koffer gut gefüllt ist und ich knapp unter der Grenze des zulässigen Gewicht für Fluggepäck liege. So stelle ich sicher, dass ich außer vielleicht einem kleinem Souvenir, nicht der Versuchung größerer Neuanschaffungen erliege.

Zwischen den Ständen zirkulieren Händler, die Gebäck oder Getränke verkaufen, wo sich noch ein Plätzchen findet zeigen Tangotänzer ihr Können, spielen Straßenmusiker oder ganze Tangoorchester zur Unterhaltung der Besucher. Die Cafés sind überfüllt, die Restaurants heizen schon um 10 Uhr ihre überdimensionalen Holzkohlengrills an. Über allem scheint die Sonne von einem perfekt azurblauem Himmel.

Bevor ich den Markt verlasse, besuche ich noch das Gefängnismuseum. Neben Erklärungen zum Strafvollzug in Argentinien sind allerlei Exponate in Vitrinen zu bestaunen. Skuriles, wie selbstgebastelte Messer, morgensternähnliche Waffen, Tätowiernadeln oder Gegenstände die die Kommunikation zwischen den Zellen ermöglichen sollten, die bei Sträflingen gefunden wurden, aber auch Grusliges, wie Instrumente der Züchtigung oder ein Stuhl auf dem Delinquenten füsiliert wurden.

Ich suche nach einem kühlen Ort um mich auszuruhen und einen kleinen Imbiss einzunehmen und finde bald ein schönes, altes Caféhaus, mit enorm hohen Decken, Art Deco Mobiliar und einer Atmosphäre längst vergangener Zeiten.
In Buenos Aires fühlt man sich oft um Jahrzehnte zurückversetzt. Die Stilrichtung, die die Stadt am meisten geprägt hat ist ohne Zweifel der Jugendstil, oder Modernismo, wie er hier genannt wird. Oft sieht man gar nicht, an was für einem Juwel man gerade vorbeigeht, deswegen habe ich es mir bei meinen Streifzügen durch die Stadt zur Pflicht gemacht, den Hin- und Rückweg auf der jeweils anderen Straßenseite zurückzulegen. Manche der Gebäude sind in einem derart schlechten Zustand, dass ich befürchte, dass sie für immer verloren sind.

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