Sonntag, 8. Januar 2012

Der Tangostar



Carl Gardès wurde im ausgehenden 19. Jahrhundert in Toulouse als Kind einer ledigen Wäscherin und eines unbekannten Vaters geboren. In der damaligen Zeit nicht die besten Voraussetzungen für eine Weltkarriere, doch genau diese war dem jungen Mann vorbestimmt.
1893 wanderte seine Mutter mit dem Dreijährigen nach Argentinien aus, damals ein Land das Wohlstand für jeden versprach. Fortan lebten sie im Stadtteil Abasto, unweit des Gemüsemarktes.
Der meist unbeaufsichtige Junge trieb sich bevorzugt auf den Straßen der argentinischen Metropole herum und trug zum Unterhalt der Familie als Kulissenschieber im Teatro Victoria bei. Dort war es, wo dem bekannten italienischen Sänger Titta Ruffo die Stimme des jungen Carl auffiel und seine Karriere begann.
In der ersten Hälfte des letzten Jahrhunderts gab es wohl kaum einen bekannteren lateinamerikanischen Künstler.
Der Tango ist für Argentinien das, was weiter im Norden des Kontinents der Blues ist. Musik der armen Leute, Ausdruck von Sehnsucht, Traurigkeit und Leidenschaft. Die Texte waren oft anzüglich, vulgär und unpassend für die Damen der Gesellschaft.
Dies änderte sich genau in der Zeit als Carlos Gardel, wie er sich jetzt nannte, die Bühne des Erfolgs betrat. Er sang sich in die Herzen der Argentinier und wurde bald in ganz Lateinamerika ein gefeierter Star. Selbst in Frankreich und Spanien waren seine Konzerte ausverkauft.
Um seine französiche Abstammung wurde ein großes Geheimnis gemacht. Er selbst behauptete aus Uruguay zu stammen, wohl um zu verhindern dass Details seiner Herkunft in die Öffentlichkeit gelangen.

Er starb 1935, nur 45-jährig, beim Zusammenstoß zweier Flugzeuge auf dem Flughafen von Medellin, während einer Tournee.
Die Nachricht von seinem Tod führte zu einer Massenhysterie, während derer sich auch mehrere seiner Fans das Leben nahmen.

Das Haus, in dem er gelebt hat ist heute ein Museum. Es ist noch so eingerichtet, wie es zu seinen Lebzeiten gewesen sein muss. Fotos an der Wand, Gegenstände aus seinem Besitz in Vitrinen, ein Gramophon weisen darauf hin, dass der Bewohner ein Superstar seiner Zeit war, einer Zeit, in der der Begriff noch für ebensolche reserviert war.

Im hübschen Innenhof findet gerade ein Tangotanzkurs statt. Die hauptsächlich weiblichen Kursteilnehmer sind bereits im fortgeschrittenen Stadium und müssen, aus Mangel an männlichen Tänzern, miteinander Vorlieb nehmen. Ab und zu greift einer der Lehrer ein um einen besonders schwierigen Schritt zu erklären oder vorzumachen, wie mehr Ausdruck in die Bewegungen gelegt werden kann.

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