Mittwoch, 26. Januar 2011

Die Bucht

Wineglass Bay 2
Nach einer knapp vierzigminütigen Wanderung kommt man an eine hölzerne Aussichtsplattform zwischen den Felsen. Von dort kann man den Blick auf einen der schönsten Strände der Welt (laut dem US Magazin „Outside“ weltweit unter den 10 schönsten) und mit Sicherheit die schönste Aussicht Tasmaniens genießen. Vor mir liegt die Wineglass Bay. Die Form der Bucht ist geradezu perfekt symmetrisch, üppige Vegetation schließt an zuckerweißen Sand an, der unter azurblauem Meerwasser verschwindet.
Bei wolkenlosem Himmel müssen die Farben noch prächtiger sein, heute kommt die Sonne jedoch nur ab und zu durch Wolkenlücken durch.
Ich habe diese Bild schon auf hunderten von Fotos und Postkarten gesehen, aber in Natur ist es tatsächlich noch schöner.

Ich bin früh losgefahren, denn die Fahrt ist anstrengend. Über viele kleine Passstraßen führt sie, dann wieder vorbei an einsamen Bauernhöfen und Obstplantagen und durch trockenes Weideland. Knapp 200 Kilometer einfache Strecke.
Nach etwa der Hälfte der Strecke, mitten im Nichts, steht ein junges Pärchen am Straßenrand und hält den Daumen in den Wind, genau wie ich es als Jugendlicher oft getan habe. Ich kann auf der einsamen Fahrt ein bisschen Gesellschaft gut gebrauchen, die beiden wirken sympathisch, von denen geht keine Gefahr aus, ich fahre links ran und nehme sie mit.
Sie kommen aus Holland, er hat gerade sein Studium beendet, sie gerade ihr Abi gemacht und bevor sie ihr Leben weiterleben, haben sie sich für eine kleine Pause entschieden und reisen, mit wenig Geld und viel Abenteuerlust, ein halbes Jahr durch Neuseeland und Australien. Ein wirklich nettes Paar, die mir die Fahrzeit durch interessante Gespräche verkürzen. Nach einer Stunde lasse ich sie aussteigen, denn ich verlasse die Straße und biege in den Freycinet Nationalpark ab.
Ich verspreche ihnen, dass ich, wenn sie in fünf Stunden, wenn ich wieder an der gleichen Stelle vorbeikomme, immer noch hier stehen, sie hinfahre werde wo immer sie hinwollen, aber der Platz, auf dem ich sie aussteigen ließ, ist auf dem Rückweg leer.

Von der Aussichtsplattform an den Strand sind es gute eineinhalb Stunden über einen steilen felsigen Weg. Auf dem Weg nach unten kommt mir ein Inder, ungefähr in meinem Alter, entgegen, der am Ende seiner Kräfte ist. Ich frage ob er OK ist, und ein Australier versichert mir, dass er sich seiner bereits angenommen hat und ihn mit nach oben nimmt.

Wineglass Bay 1

Der Strand ist herrlich und nur eine Hand voll Wanderern hat die Strapazen des Abstiegs auf sich genommen. Das Wasser hat sich in der Bucht erwärmt, so dass man auch ohne Neoprenanzug schwimmen kann. Ich habe keine Badesachen dabei und möchte außerdem noch auf die Felsen, die den Strand begrenzen, klettern und ein bisschen den Strand hinauf wandern.
Die Felsen hier haben eine Besonderheit, die, soweit ich weiß nur in Tasmanien vorkommt. Auf ihnen wachsen Flechten, die die Steine in kräftigem Orange leuchten lassen. Zusammen mit dem weißen Sand und dem blauen Meer ist das ein wunderbares Farbenspiel.
An der Nordküste gibt es das gleiche Phänomen in der „Bay of Fire“, der Feuerbucht. Hier gesellen sich aber neben orangen auch noch blaue und grüne Flechten. Unglaublich. Leider hat meine Zeit dafür nicht mehr ausgereicht.

Ich mache ein paar Fotos, setzte mich auf einen Stein und lasse mir die Sonne, die sich mittlerweile durch die Wolken gekämpft hat, ins Gesicht scheinen.

Wallaby

Gerade als ich von den Felsen herunterklettere, springt ein kleines Känguru, ein Wallaby, aus dem Busch auf den Strand und setzt sich dort zwischen die Wanderer. Alle holen ihre Kameras aus den Taschen und machen Fotos. Keiner merkt, dass im Busch noch ein zweites Tier sitzt dass nun auch auf den Strand kommt.
Ich traue meinen Augen kaum. Ich wollte so gerne während meines Aufenthalts ein wildes Känguru sehen, und jetzt, an meinem letzten Tag in Tasmanien, geht mein Wunsch in Erfüllung.

3 Kommentare:

renovatio hat gesagt…

Wow, Mann - das sind echt himmlische Erlebnisse! Irgendwann - mach' ich solche Sachen auch wieder :) Freut mich, dass Dein Wunsch nach Sichtung eines Kängurus in Erfüllung gegangen ist!
Danke für die Bilder und spannenden Berichte - so kann man wenigstens in Gedanken dabei sein und sich vorstellen, wie sich die Erlebnisse angefühlt haben mögen.

Wolfram hat gesagt…

Stimmt, war wirklich 'ne klasse Reise (oder besser gesagt ist, weil ganz vorbei ist sie ja noch nicht)!

Anonym hat gesagt…

Thank you for letting me know about my cousin. I regret that I did not know him. It sounds like he was a fine man and fortunate to have friends like you in his life.

I will pass the information on to the rest of his American family.

My best wishes to you and your family always.

Bill Gollmitzer

wkgollmitzer@yahoo.com