Samstag, 17. Januar 2009

Man kann die Fenster nicht öffnen

Reisen ist manchmal mühselig und der Weg selber ist nicht mehr als ein lästiges Übel, das ich in den wenigsten Fällen genießen kann. Ich habe beschlossen den 1.Klasse Bus von Sukhothai nach Bangkok zu nehmen, da die Fahrt 7 Stunden dauert und ich aus meiner ersten Busreiseerfahrung gelernt habe.
Gleich als ich mich hinsetze bläst mir wieder eisiger Wind von oben ins Gesicht. Die Klimaanlage läuft auf Hochtouren, aber draußen herrschen lediglich die Temperaturen eines angenehmen Frühlingstages. Ich trage zwar heute alles, was mein Koffer an warmer Kleidung hergibt, dennoch beschieße ich mir noch eine Schockfrostung nicht gefallen zu lassen. Ich versuche mit dem Fahrer zu sprechen, aber der versteht nichts, oder er will nicht, denn ich blase aus vollen Backen, zeige dann auf meinen Kopf und sage dann "cold, very cold" - keine Reaktion.
Ich gehe zum Fahrkartenschalter zurück und bitte die Dame dort dem Fahrer zu sagen, er möge die Klimaanlage herunterdrehen. Nach einigem hin und her gibt man mir ein Telefon, damit ich mit einer Angestellten der Busgesellschaft in Bangkok spreche. Ich bringe meine Bitte vor und alles was ihr dazu einfällt ist zu sagen, dass die Klimaanlage laufen müsse, da man die Fenster nicht öffnen könne. Es ist aber Winter und draußen ist es nicht heiß, die Klimaanlage ist nur für heiße Tage, erwidere ich. Schweigen auf der anderen Seite. Ich erkläre, dass ich meine Heizung im Sommer auch nicht anstelle, nur weil ich eine habe und ich die Fenster vielleicht geschloßen halte. Meine Gesprächspartnerin erklärt mir darauf hin, dass die Klimaanlage laufen müsse, denn man könne kein Fenster öffnen und viellleicht wird es ja noch wärmer wenn wir in den Süden fahren. Ich rede mich langsam in Rage, denn gesunder Menschenverstand hat mit kulturellen Unterschieden nichts zu tun. Ich warne sie, dass ich alles was ich finden werde in die Öffnungen der Klimaanlage stopfen werde, um nicht zu frieren und sie bittet mich nicht wütend zu sein. Zu spät!

Wieder im Bus bringt mir eine Angestellte eine Decke, aber die ist zu dick und passt nicht in die Kaltluftdüse. Ich vermute dafür war sie auch nicht gedacht! Stattdessen versuche ich es mit Klopapier, aber das wird immer wieder hinausgeblasen. Schließlich kommt mir die rettende Idee. Der Vorhang am Fenster ist geradezu ideal für mein Vorhaben: er passt gut und hält. Andere Reisende haben mich zunächst lächelnd beobachtet, aber von meinem Erfolg animiert verschießen sie jetzt alle die Düsen über ihren Sitzen mit den Vorhängen. Trotzdem jetzt fast nichts der kalten Luft mehr ankommt, lässt der Fahrer das Kaltluftaggregat weiter auf Maximalleistung laufen. Na ja, man kann halt die Fenster nicht öffnen.

4 Kommentare:

renovatio hat gesagt…

Wenn mich eins zur Weißglut bringen kann - und ungeachtet aller kulturellen Unterschiede, wie Du richtig sagst -, dann ist es eine stoische Verweigerungshaltung wie Du sie hier eindrucksvoll beschreibst. In solchen Momenten halte ich mich zu allen Abscheulichkeiten fähig, die ein Mensch einem anderen antun kann! Ist es denn zuviel verlangt, einen kleinen Regler zu betätigen und es damit für alle gut sein zu lassen...? Solche Dumpfbacken, die sich völlig hirnbefreit an irgendwelche Anweisungen halten und sich hinter die "policy" ihrer Firma zurückziehen, stehen für mich auf der Stufe des Einzellers und verdienen die gleiche Behandlung: Zertreten!

Wolfram hat gesagt…

Ja ja ja, genau. Ich frage mich nur was das soll? Ich habe meiner Telefonpartnerin gesagt: "You don't respect your customers!", denn das ist genau, was es ist. Schließlich hat die Klimaanlage ja keinen Selbstzweck. Ich reg' mich schon wieder auf! Haaaa!

Anonym hat gesagt…

Ruhig Blut kumpels :-)
Aus eigener leidvoller Erfahrung (Indien, Mexiko, Singapur) kann ich wenigstens einen Erklärungsversuch bieten:
Du bist doch erster Klasse gefahren oder Wolfram? Und das in einem Land, in dem eher warme bis heiße klimatische Verhältnisse herrschen. Erste Klasse können sich nur die Reichen leisten und wer es sich leisten kann, macht es sich kalt!
Kalt ist ein Zeichen von Wohlstand! Wer soviel Energie für einen klimatisierten Raum aufwendet, der lässt es sich richtig gut gehen und macht es sich kalt! Das, was man eben nicht hat, wenn man vor die Tür geht.

Genau wie Leibesfülle in manchen Ländern (auch wieder Indien, oder Afrika) den Reichen vom Armen unterscheidet.

Klar, für uns ohne Sinn und ohne Verstand, vor allem nicht, wenn die Kunden das überhaupt nicht wollen. Aber vielleicht ist ja doch einer im Bus und kontrolliert die Qualitätsstandards und stellt dann entsetzt fest: ojeee, der bus war ja viel zu warm für die Jahreszeit - geht ja gar nicht.

In vielen Bars und Restaurants in Indien ist es zu kalt für uns! Und oft auch zu hell, finde ich zumindest. Für die Inder offensichtlich nicht.
Meine persönliche Definition für Beispiele für Statussymbole in tropischen Ländern ist: kalt und hell!

Verschneite Grüße aus Bayern in die Sonne!

Wolfram hat gesagt…

Das ist schon richtig, Claudia, aber ich habe mir am Vortag in dem Bus für Normalos eine Fetzenerkältung geholt, weil die Temperaturen auf Kühlkammerniveau gehalten wurden. Deswegen dachte ich in den Bussen der ersten Klasse hätte man das ein bisschen besser im Griff.
Ist ja alles ok, ist ihr Land, sind ihre Busse und die können sie so kalt machen, wie sie wollen. Für mich gilt jetzt einfach: Wenn's keinen Flug dorthin gibt wo ich hin will, will ich nicht hin!