Dienstag, 6. Januar 2009

Käufliches Glück

Wat Pho
Touristenmassen schieben sich an den Pagoden und Tempeln vorbei. Wächter achten darauf, dass man seinen Respekt gegenüber der Religion dadurch bezeugt, dass man den Dresscode einhält. Verlangt werden lange Beinkleider, sowie die Schultern und den Bauch bedeckende Oberbekleidung. Viele Touristen scheitern an diesen Anforderungen, können sich aber kostenfrei adäquate Kleidung ausleihen.
Wat Pho ist wohl die prächtigste und bekannteste Tempelanlage des Landes. Hier findet man, in einem eigens dafür errichteten Tempel, die 46 Meter lange und 16 Meter hohe, vergoldete Statue eines liegenden Buddhas, die ihn im Moment seines Todes darstellt. Ein friedliches und lächelndes Gesicht trägt die Statue dennoch und auch die Touristen, die jeden Tag an ihm vorbeidefilieren konnten daran nichts ändern. Bunt gekleidet schubsen, drängeln und streiten sie um den besten Platz für ein Foto, während Thais am Rand sitzen und zu meditieren oder zu beten versuchen. Besonders unangenehm fallen die auf, von denen man es auch vermuten würde. Russische Touristen, zu erkennen an ihren winterweißen Körpern, grellbunter Kleidung und Permafrost in ihrem Gesichtsausdruck, der von lebenslangem Alkoholmissbrauch zeugt, sind auch bis hierher vorgedrungen.
Die Tempelanlage ist groß und so kann man, abseits der bekanntesten Atraktionen, auch ruhige Plätze finden und die Stimmung in Ruhe auf sich wirken lassen. Genau 394 vergoldete Buddhadarstellungen kann man bewundern, die meisten von ihnen stehend, einen oder beide Arme erhoben wobei die Handflächen nach außen weisen, eine Stellung die "Stoppt das Kämpfen" symolisieren soll. 91 kleinere Stupas stehen ebenso auf dem Areal der Tempelanlage, glockenförmige Türme, von denen einige Reliquien Gautama Buddhas enthalten.

Unmittelbar nördlich des Wat Phos liegt der nächste Touristenmagnet. Der Grand Palace, der ehemalige Königspalast, der im Tempel Wat Phra Kaew den Smaragtbuddha beherbergt, das bedeutenste buddhistische Heiligtum Thailands. Hier war ich bereits einmal vor vielen Jahren und deswegen lasse ich den Palastbezirk rechts liegen und gehe weiter am Flußufer des Chao Phraya entlang bis ich mich, nach wenigen Minuten, mitten in Bangkoks skurilstem Markt wiederfinde, dem heiligen Amulett-Markt.

Amulett market

Auf den Bürgersteigen links und rechts der Hauptstraße, sowie in den zahllosen Gassen die zum Fluß hinunter führen, bieten Händler alles an, was seinem Träger Glück bringen kann: mit riesigen Krallen bewährte Tatzen eines Tieres, dass ich nicht idenitfizieren kann, die Haut eines Tiegerschädels, kleine und große Buddha-Statuen, kleine in Stein geschlagene Reliefs, die, in ein Behältnis aus Glas und Metall, um den Hals getragen werden können, Münzen, Fotos der Königsfamilie, Ringe mit Dämonenfratzen, kurz alles, dem man spirituellen Schutz zuweisen kann.
Manche der Händler haben lediglich einen umgedrehten Pappkarton zum Stand umfunktioniert um ihre Ware feilzubieten. An einem dieser Stände werden nur Phallussymbole angeboten. Alle möglichen Größen und Materialien sind zu haben, auf manchen sitzt noch eine kleine Echse. Einen Phallus habe ich selber und außerdem bezweifle ich, dass er den meisten Männern jemals Glück gebracht hat.
Ich beobachte einen Mönch, der in Kaufabsicht ein Amulett im wahrsten Sinne des Wortes unter seine Lupe nimmt und es genauestens untersucht. Es ist nicht einfach das richtige Amulett für sich zu finden. Menschen, die in gefährlichen Berufen arbeiten, Mönche und Taxifahrer, sind, so heißt es, die wahren Experten, wenn es darum geht die Kräfte, die von den Amuletten ausgehen, zu bestimmen.

Es ist später Nachmittag geworden und ich überquere den Fluß mit einer Fähre um die, für diesen Tag, letzte Sehenswürdigkeit zu besuchen. Der Wat Arun, oder Tempel der Morgenröte, besteht in der Hauptsache aus einem 82 Meter hohen Turm im Khmer Stil, der, wenn man ihn aus der Nähe betrachtet, über und über mit Bruchporzellan, aus dem man Blumenmosaike geformt hat, verziert ist. Das Material war zur Zeit seiner Erbauung billig zu haben, da chinesiche Handelsschiffe tonnenweise altes Porzellan als Balast an Bord hatten.
Etwa bis zu seiner Mitte kann man den Turm auf Außentreppen besteigen, die so steil sind, dass man sich mit beiden Händen am Geländer festhalten und Stufe für Stufe hochziehen muss.

2 Kommentare:

renovatio hat gesagt…

"Einen Phallus habe ich selber und außerdem bezweifle ich, dass er den meisten Männern jemals Glück gebracht hat."

Hihi! :D In der Tat, das Glück, das der Phallus bereitet, währt immer nur sehr kurz ;-)

Russen und Chinesen scheinen sich ja derzeit zur touristischen Cash-Cow zu mausern - fahren überall hin. Hm... Deiner Branche beschert das wenigstens eine gewisse Kontinuität.

Schöne Bilder und Beschreibung wieder!

Wolfram hat gesagt…

Sind ja sicherlich keine schlechteren Menschen, aber irgendwie stillos und ein bisschen verroht, wenn es um zwischenmenschliches Miteinander geht. Jahrzentelangem Sozialismus sei Dank!

In der Tat ist einer der Vorteile meiner Branche, dass sie, wie vielleicht keine andere, von der Globalisierung profitiert hat und profitiert, obwohl ich mir angenehmere Gäste als Chinesen und Russen vorstellen kann (siehe oben).