Montag, 5. Januar 2009

Der skurile Amerikaner

Jim Thompson war New Yorker. Ein studierter Architekt, den es während des zweiten Weltkrieges, als Agent des U.S. Geheimdienstes nach Thailand verschlagen hat. Als er nach Ende des Krieges wieder nach New York zurückkehrte, gelang es ihm nicht mehr sein altes Leben wieder aufzunehmen und so kehrte er seiner Heimatstadt erneut und diesmal endgültig den Rücken, um sein Leben fortan in Thailand zu verbringen.
Vielleicht konnte er in Bangkok seinen Lebensunterhalt als Architekt nicht bestreiten, vielleich hatte er auch gar keine Lust mehr dazu, vielleicht spielte ihm aber auch nur das Schicksal einen Ballen Stoff in die Hände, dessen Potenzial auf dem Wertmarkt er gleich erkannt haben musste. Thaiseide war im Thailand der 50er Jahre fast in Vergessenheit geraten, denn Baumwolle war, wonach die Nachkriegswelt verlangte. Kaum jemand machte sich noch die Mühe den dickfadigen, etwas unregelmäßig gewebten Stoff herzustellen.
Der geschäftstüchtige Thompson schickte einige Proben des Stoffes an die großen Modehäuser in Paris, Mailand und London und traf damit direkt ins Schwarze! Die Herstellung und der Handel mit der Thaiseide machte Thompson zu einem reichen und angesehenen Mann.
Thompson war ein Schöngeist und ein Mann der Kunst. Er reiste unermüdlich durchs Land um seine Sammlung asiatischer Kunst zu vervollständigen. Bei einer dieser Reisen wird ihm wohl die Idee gekommen sein, alte Häuser zu erstehen, abzubauen und auf seinem Grundstück in Bangkok wieder aufzubauen. Jedoch hat er sich, ganz Architekt, beim Wiederaufbau nicht an die ursprünglichen Vorgaben gehalten, sondern aus insgesamt sechs Einzelhäusern ein einziges, großes Wohnhaus errichtet. Er brach dabei mit allen Traditionen, drehte manche Aussenseiten nach innen, denn er wollte sich an der schönen Struktur und den Schnitzereien der Aussenseiten erfreuen. Er legte die Treppen, die die Stockwerke verbinden und bei thailändischen Häusern traditionell außen liegen, nach innen und wollte auch auf eine Toilette nach westlicher Art nicht verzichten. Manche Böden legte er mit importiertem Marmor aus Italien und Belgien aus, in den meisten Räumen jedoch verwendete er den alten Holzboden.
So entstand, eingebettet in einen Garten aus dichter Tropenvegetation, ein architektonisches Kleinod, das nun endlich auch genug Platz für seine Kunstsammlung bot und in das er 1959 einziehen konnte. Schon zu Lebzeiten erkannte Thompson den musealen Charakter seines Hauses und öffnete es, einige Jahre später, der Öffentlichkeit.
Wood Craving
Heute ist sein Haus eine der großen Touristenatraktionen in Bangkok und seine Sammlung asiatischer Kunst weltbekannt.

Leider hat diese Erfolgsgeschichte kein Happy End. 1967 verschwand Thompson, damals 61-jährig, auf mysteriöse Weise, auf einem Spaziergang, während einer Urlaubsreise in Malaysia. In seinem Haus hängt heute noch ein Horoskop eines thailändischen Astrologen, das ihn mahnt in seinem 61. Lebensjahr vorsichtig zu sein.
Um sein Verschwinden gibt es viele Theorien, die noch durch die Tatsache angeheitzt werden, dass seine Schwester im gleichen Jahr in den USA ermordet wurde. Waren es russische Spione, missgünstige Konkurrenten oder vielleicht ein Tigerangriff?
Am wahrscheinlichsten ist wohl, dass ein malayischer Lastwagenfahrer Thompson überfuhr und, nicht wissend wen er vor sich hat, die Leiche zu seiner Entlastung verschinden ließ.

2 Kommentare:

renovatio hat gesagt…

Fürwahr eine bittersüße Geschichte.... - die mal wieder umso eindrücklicher mahnt, jeden Moment so bewußt wie möglich zu leben und zu geniessen, denn es könnte der letzte gewesen sein.

Deine Reise findet aber hoffentlich schon ein Happy-End in D-Land! :D

Wolfram hat gesagt…

So ist es Wern!
An mir soll es nicht liegen, meine Reise zu einem Happy End zu führen :)