Montag, 19. Januar 2009

Der göttliche Baum

Buddha in a Tree

Der heiße Fahrtwind bläst mir ins Gesicht und Staub in meine Augen. Der Motorradfahrer schlängelt sich durch den stehenden Verkehr. Es ist interessant zu erleben mit welcher Geschicklichkeit er sein Fahrzeug zwischen Bussen, Taxis und Lastwagen hindurchmanövriert. Schließlich bringt mich zu der Stelle, wo die Minibusse nach Ayutthaya abfahren, denn das ist mein Ziel für heute.
Die Stadt liegt mit nur 86 Kilometern Enfernung einfach zu nah an Bangkok, als dass man sie sich entgehen lassen sollte. Die Unbezwingbare, so heißt der Name übersetzt, eigentlich ein Wort aus dem Sanskrit, war lange Zeit Hauptstadt Thailands, bis diese schließlich 1767 nach Bangkok verlegt wurde. Ende des 17. Jahrhunderts zählte sie bereits über eine Millionen Einwohner. Die Ayutthaya-Zeit war in vielerlei Hinsicht die Blütezeit des Königreiches Siam. Kultur und Handel boomten und es wurde mit allem gehandelt, was im Ausland Absatz finden konnte, inklusive Kriegselefanten, die nach Persien und Indien exportiert wurden. Waffenlieferungen aus einer anderen Zeit. Es gab viele europäische und japanische Händler in der Stadt und alle berichteten, dass sie nie eine glanzvollere Metropole gesehen haben.

Diesen Eindruck kann ich erstmal nicht teilen, als der Busfahrer mich an einer 12 spurigen Schnellstraße aussteigen lässt. Es ist schmutzig, staubig und laut, von Tempeln weit und breit keine Spur. Vielleicht hat er mich ja nicht richtig verstanden, aber was anderes soll ein Auländer hier machen, außer sich die Ruinen der alten Stadt anzuschauen? In der Ferne sehe ich ein Schild das zum Busbahnhof weist. Ich laufe also in diese Richtung in der Annahme dort vielleicht eine Touristeninformation oder zumindest ein Taxi zu finden. Der Weg ist länger als ich dachte und ich lasse mir noch mehrmals von Passanten bestätigen, dass es hier tatsächlich zum Busbahnhof geht. Endlich kann ich von Weitem ein paar Busse sehen, als ich jedoch näher komme sehe ich, dass zwischen ihnen Wäscheleinen gespannt sind, um Wäsche zu trocknen. Hier kommt niemand mehr an und die Busse fahren in absehbarer Zeit auch nicht mehr ab.
Plötzlich werde ich von einem älteren Mann angesprochen, der wissen will wo hin ich gehe. Ich erkläre, dass ich mir die Tempelruinen anschauen möchte und wenige Minuten später sitze ich zum zweiten Mal an diesem Tag auf dem Rücksitz eines Motorrades.
Der erste Tempel meiner heutigen Tour ist der Wat Mongkhon. Auf dieser recht gut erhaltenen Anlage leben noch immer wenige Mönche, in kleinen Holzhäusern im Thai-Stil. Das Zentrum des Klosters bildet eine noch vollständig erhaltene Stupa im Ayutthaiya Stil, die zu den größten zählt, die ich je gesehen habe. Majestätisch erhebt sie sich, gesäumt von, zum Teil bereits zerfallenen, kleineren Stupas, aus der Mitte der Anlage. Auf ausgetretenen Ziegelstufen kann man sie erklimmen und sogar ihr Inneres betreten. Mit ihren 63 Metern Höhe und gut 28.000 Tonnen verbauter Ziegel, war der Turm für seinen Untergrund zu schwer und sank langsam ein. Durchgebogene Grundmauern und beträchtliche Schieflage einiger Stupas zeugen davon.

Wieder nehme ich mir ein Motorradtaxi, wie es scheint das einzige Tranportmittel der Stadt, und fahre zum Höhepunkt des Tages. Das Wat Mahathat beherbergte einst eine Reliquie Buddhas in seiner prächtigen zentralen Chedi, einer Stupa im Khmer Stil, die, bereits einmal wieder aufgebaut, im Jahr 1904 erneut einstürzte. Ganz anders als im grünen, kühleren Sukhothai sieht die Erde hier verbrannt aus und die Reste der Ziegelgebäude sind zum Teil mit Bäumen bewachsen, deren Wurzeln, auf der Suche nach Wasser, die Wände herunterklettern. Den vielen Buddha Statuen, die noch auf dem Ruinenfeld stehen, fehlt der Kopf. Die birmanischen Eroberer haben sie ihnen, nach der Einnahme der Stadt, abgeschlagen um die Unterlegenen zu demütigen.
Ein damals wohl abgeschlagener Buddhakopf, der dann achtlos liegen gelassen wurde, wurde von den Wurzeln eines Baums in Jahrhunderten umwachsen und ist heute eine der großen Atraktionen Ayutthayas. Fast sieht es aus, als würde der Gott aus dem Baum wiedergeboren.
Die vielen Touristen, die sich mit dem Phänomen fotografieren lassen wollen werden gebeten auf die Knie zu gehen, damit ihr Kopf auf dem Foto nicht über dem des Buddhas steht. Ein Wächter daneben wacht mit Argusaugen darüber, dass diese Regel eingehalten wird.

5 Kommentare:

renovatio hat gesagt…

Was Du alles an Hintergrundwissen hast - ziemlich beeindruckend! Schönes Bild, schöne (na ja, Deine, die historische weniger) Geschichte!

Wolfram hat gesagt…

Mein HIntergrundwissen ist, wie so oft, nur gearde eben angelesenes Halbwissen. Ich habe mir am Eingang eines der Tempel ein kleines Büchlein über Geschichte und Kunst in Ayutthaya gekauft und im Schatten einer Ruine studiert. Der Rest kam aus meinem Reiseführer. Schön, dass man damit immer wieder Leute beeindrucken kann, auch die, die mich besser kennen :)

renovatio hat gesagt…

Ist doch wurscht, wo's herkommt, Hauptsache, der Effekt ist ein erwünschter ;-) Musikalisch pflege ich auch zu sagen: "Gut geklaut ist halb erfunden" ;-)
Also: Mission accomplished, man! ;)

Anonym hat gesagt…

ein unheimliches bild! nette story, trotzdem , unheimlich.

Wolfram hat gesagt…

Das Foto ist ja eingentlich bekannt. Ich hatte es schon einmal vorher irgendwo gesehen und dachte immer das wäre in Angkor Wat. Ich war ganz erstaunt es hier zu finden!