Dienstag, 13. Januar 2009

Der Elefantenführerschein

Als wir um die Kurve fahren sehen wir sie zum ersten Mal an diesem Tag. Sieben Arbeitselefanten, vom 7 jährigen Jungtier bis zur 23 Jahre alten Kuh. Ich bin froh, dass ich von der Ladefläche des Pick-ups steigen kann, denn die einstündige Fahrt durch den Morgen war kalt und ich hatte meine Jacke, nicht wissend, dass wir "oben ohne" fahren werden, in meinem Hotelzimmer gelassen.
Die Gruppe besteht, wie fast immer, hauptsächlich aus Mittzwanzigern, in diesem Fall alles Europäer. Eine Britin, die mit ihrer Freundin unterwegs ist, redet unaufhörlich und lach dazwischen immer wieder laut. Ihr Lachen hört sich fast so an, als sei man einer Maus auf den Schwanz getreten. Deshalb nenne ich sie für mich "Maus, der man auf den Schwanz getreten ist"! Erstmal geht sie mir auf die Nerven und ich überlege kurz sie während der Fahrt, in einem unbeobachteten Moment, über die niedrige Bordwand zu stoßen. Später stellt sie sich aber als durchaus nett heraus.

Asian Elephant

In dem Elefantencamp, das wir heute besuchen sollen wir lernen, wie man einen Arbeitselefanten führt. Am Vormittag ist Unterricht und am Nachmittag können wir unser Erlerntes bei einem Ausritt in den Dschungel anwenden.
Zunächst müssen wir unsere Mahut-Kleindung anziehen, ein Anzug aus einer 3/4 langen Hose und einem Oberteil mit Knebelknöpfen aus grobem Baumwollstoff. Im Anschluß lernen wir die Komandos, denn die Elefanten verstehen nur Thai, und den jeweils dazugehörigen Körpereinsatz. Einziges Hilfsmittel ist ein Bambusstab, an dem ein Metallhaken befestig ist. Möchte man zum Beispiel den Elefanten links herum drehen setzt man den Haken seitlich des rechten Ohres an und zieht nach links, gleichzeitig tritt der rechte Fuß sanft gegen das Ohr des Tieres und zusätzlich ruft man "saiii", wobei die Stimme gegen Ende des Wortes nach oben geht. So gibt es für jede Aktion ein Kommando und einen dazugehörigen Einsatz des Stocks.

Um uns mit den Tieren vertraut zu machen sollen wir sie zunächst füttern. Aufgeregt treten die grauen Riesen hin und her als sie uns sehen, denn sie wissen, dass sie jetzt etwas besonders Gutes von uns bekommen. Bananen und Zuckerrohr haben wir noch in Chiang Mai auf dem lokalen Gemüsemarkt gekauft. Die Bananen gibt man ihnen nicht einzeln sondern schiebt sie ihnen bündelweise ins Maul. Danach trieft der ganze Unterarm von Elefantenspeichel. Langsam ahne ich, warum wir unsere eigene Kleidung gegen den blauen Anzug tauschen mussten.
Jeder aus unserer Gruppe muss nun einmal das Aufsteigen und Absteigen auf einen großen und einen kleineren Elefanten üben. Das sieht sehr leicht aus, ist aber überaus schwierig. Auf das Komando "Yooka" hebt der Elefant sein Bein und winkelt den Fuß an. Man steigt dann zunächst über den Fuß auf den Oberschenkel des Tieres, zieht dann das andere Bein nach und auf das Komando "Suun" hebt der Elefant das Bein in die Höhe und dann muss man sich mit einem beherzten Sprung versuchen auf den Rücken des Elefanten zu gelangen und sich, oben angekommen, so weit wie möglich nach vorne setzten. Die Schulterhöhe des größten Elefanten beträgt über 3 Meter und wenn man direkt hinter seinem Kopf sitzt ist es wirklich mächtig hoch. Außerdem ist es nicht einfach, die Balance zu halten, wenn der Elefant den Kopf schnell bewegt.
Asian Elephant
So vergeht Trainingseinheit um Trainingseinheit und langsam vergeht die Scheu vor den Giganten. Zum Schluß wird ein Parcour aufgebaut, in dem man seinen Elefanten auf einem vorgegebenen Weg bewegen muss.
Jedes Kind weiß, dass man Elefanten auch Dickhäuter nennt. Heute erfahren wir am eigenen Leib, dass sie vor allen Dingen Rauhäuter sind. Bei vielen aus der Gruppe sind die Knie und Unterschenkel vom vielen Auf- und Absteigen wund gescheuert.

Am Nachmittag steht dann der von allen erwartete Ausritt in den Wald an. Alle anderen sind paarweise unterwegs und "teilen" sich einen Elefanten: einer übernimmt die Führung, der andere sitzt als Passagier auf dem Rücken des Tieres. Auf der Hälfte des Weges wird getauscht. Da ich der einzige bin, der solo reist, habe ich ein Reittier ganz für mich alleine.
Der Ausritt macht Spaß und nach etwa 45 Minuten wird eine Rast eingelegt. Den Elefanten fällt man zur Stärkung einige Bananenbäume. Elefanten sind wählerisch, was ihre Nahrung anbelangt. Von den Stämmen der Bananenbäume fressen sie nur den inneren, weißen Teil, den Rest verschmähen sie. Um an den inneren Teil zu kommen, zertreten sie den Stamm, entfernen mit dem Rüssel die Außenschichten und schieben sich den Rest stammweise ins Maul.
Etwa 200 Kilo Nahrung und 40 Liter Wasser braucht ein ausgewachsener Elefant jeden Tag. Da bleibt nicht viel Zeit zum Schlafen. Mit durchschnittlich 4 Stunden pro Nacht kommen sie aus.

Der Höhepunkt des Tages ist das Baden der Elefanten. Unweit des Camps führen wir die Tiere an einen Fluß und steigen ab. Die Elefanten genießen das Baden sichtlich, strampeln mit den Beinen, schlagen mit ihren Rüsseln auf das Wasser und halten ganz still um von uns mit Bürsten abgeschruppt zu werden.
Als die Elefanten sich wieder aufrichten, fordert man uns auf die Tiere anzuspritzen und damit geben wir den Startschuß zu einer Wasserschlacht, die die Elefanten klar für sich entscheiden. Alle aus der Gruppe lachen aus vollem Herzen. Peter, ein Investmentbanker aus England, der, wie er mir erzählte, in diesem Jahr 600 Millionen Pfund verloren hat, zwar nur das Geld seiner Kunden, aber das heißt für ihn keinen Bonus und Angst um seinen Job. Ein Konkursverwalter aus Stuttgart, dessen Name mir entfallen ist, hat gerade Hochkonjunktur und hätte fast seinen Urlaub verschieben müssen, da alle Zulieferer für die Automobilindustrie nach und nach umfallen, wie er sich ausdrückt. Von allen fällt der Streß und die Zukunftsangst ab und in ihren Gesichtern ist nur noch pure Lebensfreude.

7 Kommentare:

renovatio hat gesagt…

Da sieht man's mal wieder nachdrücklich: Das Glück liegt in den kleinen, einfachen Dingen. Wie kommt's dann eigentlich, dass die gesamte (westliche) Erwachsenenwelt den Hauptteil an Lebenszeit mit anderen Dingen verbringt...?

Ich glaube, noch ein paar Beiträge dieser Art, und der Zigeuner in mir ist endgültig zum Leben erwacht... ;-) Vielleicht ist Texas ja wirklich der Wendepunkt für einen kompletten Neubeginn? Die Zeit - und die Seele - wären reif dafür. Ob ich auch mit einer Wasserschlacht anfange? Oder einem Bullenritt in Fort Worth? Oder mich zu den Countrymuckern in Austin mit auf die Bühne stelle? Allmählich packt mich das Reisefieber... ;-) (Zefix, ich muß wohl doch noch auf die Schnelle irgendwo ein Macbook herbekommen, um unterwegs bloggen und Bilder runter- bzw. hochladen zu können...)
Viel Spaß noch, keep us posted! Great read, my man!

Anonym hat gesagt…

Hi Wolfram,
ich scrolle gerade durch deine Geschichten rum um die Welt und bin echt begeistert! Du schreibst so phantastisch, dass es echt Spaß macht drin zu lesen. Habe mir auch ein paar ältere Blogs durchgelesen, das ist echt ne schöne Sammlung von Geschichten von unterwegs, die man nicht so schnell vergisst, wenn man sie später mal wieder rauskramt. Ich liebe ja Deine Berichte über Japan, herrlich! Aber Dein Thailand Aufenthalt scheint ja bisher auch sehr abwechslungsreich zu sein.
Ich war ja letztes Jahr dreimal in Waldklettergärten bzw. Hochseilgärten und finde das richtig super - allerdings kein Vergleich zu Deinen 25 m hohen bäumen und den 4 km langen Rutschpartien. Hier in D gehts oft mehr um Geschicklichkeit und Balance, die Rutschbahnen sind eher eine kleine Abwechslung zwischendurch oder am Ende. Wenn Du mal Lust hast, in der Nähe von Pfaffenhofen hat letztes Jahr ein guter neu eröffnet.....

Take care wolfram und schreib weiter so klasse Berichte. Was steht als nächstes bei Dir an???

Wolfram hat gesagt…

Mir gefällt's hier so gut, dass ich meinen Plan nach Malaysia weiterzureisen aufgegeben habe und statt dessen bis zum Ende meiner Reise hier in Thailand bleiben werde. Noch ein Vorteil, wenn man alleine und unverplant unterwegs ist.
Wern, ich würde Dir einen Neubeginn wünschen, wo immer er denn stattfindet.

Herzlich willkommen in meiner kleinen Leserschaar, liebe Claudia. Freut mich, dass Dir meine Berichte gefallen. Ich bin sofort dabei, wenn ihr das nächste Mal in einen Klettergarten geht. Ruf einfach an, oder lass uns die OFF Tage mal zusammen dafür requesten, ok?

Anonym hat gesagt…

gern, lieber wolfram, aber wir warten wohl noch bis die Tage wieder wärmer werden. vielleicht hast du mitbekommen, dass es hier ziemlich frostig geworden ist - hatten heute nacht minus 10 grad! ich wußte allerdings auch nicht, dass es in Thailand mal nur 15 grad hat. Laufen die da mit Winterjacken rum? Der Waldklettergarten ist in Jetzendorf, von hier aus etwa ne halbe stunde zu fahren und traumhaft gelegen. Freu mich wenn das mal klappt!

liebe Grüße

Wolfram hat gesagt…

Die laufen schon mit Winterjacken rum, wenn's um die 20°C hat. Bei 15°C sind Mütze und Schal angesagt, es sei denn man ist Mönch.
Nicht nur bei Euch ist eine Kältewelle, sondern auch hier. In Bangkok hatten sie vor 3 Tagen nur 24°C! Sonst sind doch gerne mal um die 40°C bei entsprechender Luftfeuchtigkeit, wenn Du Dich noch erinnerst.

Anonym hat gesagt…

Jetzt kann ich mal wieder verstehen, warum Du so gern reist! 3 Meter hoch hinter zwei großen Elefantenohren durch den Urwald zu reiten: toll! In aller Herrgottsfrühe dem Leben der Mön che nachzuspüren, in abgeschiedenen Dörfern alten Bräuchen zu begegnen, deren Noch-Existenz man eigentlich nicht erwartet hat (oder?): sanuk!! Wir hoffen, Du wirst so richtig auftanken - es sieht danach aus. Wir freuen uns!

Wolfram hat gesagt…

Ja Fuddl, ist echt abenteuerlich, das Reisen.
Morgen werde ich Chiang Mai verlassen und mit dem Bus in den Süden, nach Sukhothai fahren. Eine Ruinenstadt, vergleichbar mit Angkor Wat und das lohnenswerteste Weltkulturerbe der Menschheit Thailands, wenn ich meinem Führer glauben darf. Der Tipp kam von einer Thailänderin, also wird's wohl gut sein.