Freitag, 28. Dezember 2007

x-mas in LA

Venice Beach
Das Einkaufszentrum ist gerammelt voll, selbst für einen Kaffee muss ich 20 Minuten Schlange stehen. Es sind nur noch 2 Tage bis Weihnachten und das Geld sitzt locker in Los Angeles. Aus allen Lautsprechern quäken permanent Weihnachtslieder, sogar auf dem Parkplatz wird man akustisch bereits auf das bevorstehende Kauferlebnis eingestimmt.
Gegen 16 Uhr waren wir in unserem Hotel im Stadtteil Torrence angekommen und die letzten Stunden vor dem zu Bett gehen verbringe ich gerne in der "Delamo Fashion Mall", die sich direkt gegenüber unseres Hotels befindet. Bei Starbucks einen Kaffee im Pappbecher holen und sich nach Schnäppchen umschauen. Der günstige Wechselkurs macht die USA derzeit zu einem Shoppingparadies.
Einige Kollegen haben das Angebot wahrgenommen ihre Ehe- und Lebenspartner über die Feiertage mitzunehmen und alle freuen sich auf einen zusätzlichen freien Tag im sommerlichen Süden Kaliforniens.

Am nächsten Tag trifft man sich beim Frühstück und später am Stand des Autovermieters Hertz, der sich direkt im Hotel befindet und uns Sonderkonditionen auf die eh schon günstige Preise einräumt. Gerade einmal 30 US$, umgerechnet etwa 20 € bezahle ich pro Tag für den Wagen. Der gewünschte Kleinwagen ist nicht verfügbar und so wird mir ein kostenloses Upgrade auf einen Ford Fusion angeboten.
Als ich aus dem Hoteleingang trete steht er schon rot glänzend für mich bereit. Ein wahres Schiff, denke ich bei mir, eine Familienkutsche. Aber sowie ich die ersten Meter fahre stelle ich fest, dass ich diesmal eine echte Rakete bekommen habe. Erst als ich das Auto zum ersten Mal an diesem Tag abstelle sehe ich den dezenten Hinweis "V8" hinter dem verchromten Namenszug am Kofferraum.
Meine Fahrt soll mich nach Laguna Beach führen, ein kleiner Badeort im Süden von LA, den ich schon einmal, vor 16 Jahren besucht habe, als ich zusammen mit meinem Bruder, eine legendäre Reise in einem Mustang Cabriolet entlang des Highway #1 unternommen habe.
Wir verbrachten die letzten Tage vor unserem Abflug hier und hier kaufte ich mein erstes Mountainbike, das mir jahrelang gute Dienste erwiesen hat und mir irgendwann einmal aus dem Keller meiner Freisinger Wohnung gestohlen wurde.

Los Angeles ist von allen amerikanischen Städten mein Favorit. Ich mag die palmenbesäumten, breiten Straßen und die niedrigen Häuschen, die vielen Strände und die Alternativkultur von Venice Beach und Santa Monica. Mir gefällt das Lebensgefühl in dieser Stadt.
Venice Art Museum
Die Orientierung hier ist, durch den Ozean und die nahe gelegenen Berge denkbar einfach und nach einem kurzen Blick auf die Karte fahre ich los, in Richtung Süden, immer am Pazifik entlang. Das Fenster ist offen und schnell suche ich nach einem Radiosender mit dem passenden Soundtrack für meine Fahrt. Nicht ganz einfach, wie sich herausstellt, denn so kurz vor den Festtagen laufen die gängigen Weihnachtshits auf fast allen Stationen rauf und runter.
Vorbei an den Hafen- und Industrieanlagen des wenig mondänen Stadtteils Long Beach verlasse ich die Stadt und komme bald in deutlich wohlhabendere Vororte. Als ich durch Newport Beach komme sehe ich einen Wegweiser "Fashion Island Mall" und beschließe einen kurzen Stopp einzulegen um den Millionären bei ihren Weihnachtseinkäufen zuzusehen. Schon auf dem Parkplatz bekomme ich einen Eindruck von der Finanzkraft der Newporter. Alleine zwei Lamborghini Counttach stehen in unmittelbarer Nähe meines Wagens, dazu zahllose Karossen europäischer Luxusmarken. Die Geschäfte des wie ein kleines Dorf gestallteten Einkaufszentrums, verkaufen ausnahmslos Luxusartikel, die Menschen die dort einkaufen sind jedoch genauso legère gekleidet wie ich, so dass ich überhaupt nicht auffalle.
Im Schaufenster einer Gallerie sehe ich einen Picasso und einen Miró. Das erregt mein Interesse und ich trete ein. Erst jetzt erkenne ich das es sich um signierte Drucke in einer Auflage zwischen 50 und 75 Stück handelt. Mir fällt der Spruch eines Galleristen wieder ein, der einmal sagte: "Picasso hat etwa 500 Bilder gemalt, alleine 750 davon befinden sich in den USA".
Bald habe ich den Manager der Gallerie an meiner Seite, der mir überaus freundlich und ohne jeden Dünkel seine Kunstwerke zeigt. Eines davon, ein großer Druck von Joan Miró, gefällt mir besonders. Michael, der Manager, sagt mir, dass er selbst eine kleine Sammlung von Mirós sein Eigen nennt und schon daran gedacht hat auch dieses Bild zu erwerben. Der Preis beträgt 58.000 US$ - ein wahres Schnäppchen. Ich sage ihm ich würde meiner Frau die Entscheidung überlassen, denn schließlich hätte sie das Haus in der Toskana gefunden und sich solche Mühe gegeben es einzurichten.

Nach wenigen Meilen Fahrt und 50 gefühlten "White Christmas" aus dem Radio erreiche ich Laguna Beach. Sofort fallen mir zwei Vespas Super 150 auf, die vor genau dem Fahrradladen stehen, in dem ich vor 16 Jahren mein Mountainbike gekauft habe. Ich halte an und erkundige mich nach dem Preis der beiden hervorragend restaurierten Oldtimer. 3.800 US$ sind ein fairer Preis, aber der Gedanke an die Überführung und die Kosten für Zoll und Steuern lassen den spontanen Kaufimpuls gleich wieder verschwinden. Außerdem fehlt mir einfach die Zeit zum Rollerfahren, schließlich möchte ich im Sommer ein Rennrad anschaffen!
Tattoo shop
Bei einem kleinen Spaziergang am Strand sehe ich einen Mann der die Schnur eines Drachen in der Hand hält, den Drachen jedoch sehe ich erst nach längerer Suche als winzigen Punkt am Himmel. Ich frage nach der Größe des Drachens (er zeigt mit seinen Armen eine beachtliche Größe) und der Länge der Schnur. Etwa 5 Minuten hat er die Schnur jetzt laufen lassen und weitere 5 Minuten hat er noch auf seiner Rolle, aber dann würde der Drachen aus unserem Blick verschwinden. Er sagt ich solle die Nylonschnur doch einmal anfassen und als ich es tue merke ich dass sie zum Zerreißen gespannt ist, so sehr zieht der Drachen daran.

Die kleinen Kunstgallerien, die sich links und rechts der Uferpromenade aneinanderreihen, sind mir von damals noch gut in Erinnerung geblieben. Ich erinnere mich damals ein kleines Ölbild einer Berglandschaft zu einem günstigen Preis gefunden und mich lange darüber geärgert zu haben, dass ich es damals nicht gekauft habe. Ich schlendere also von einer Gallerie zur anderen und finde schließlich diejenige wieder, in der ich damals das Bild gesehen habe.
Auch heute noch verkauft der Gallerist ausschließlich Impressionisten aus dem Süden Kaliforniens. Ein kleines Ölbild, ein Stilleben der Künstlerin Kathleen Robison, gefällt mir besonders und da der Preis im Vergleich zu den Bildern der Nachbargallerie, die bis zu 350.000 US$ kosten sollen, mein Budget nicht sprengt, werden wir uns nach einigem Verhandeln einig.

Auf dem Rückweg tauch die untergehende Sonne den Pazifischen Ozean in unnatürliche orange, rot und rosatöne. Viele Menschen halten an um sich von dem Farbenspiel verzaubern zu lassen, doch ich möchte nicht zu spät zu meiner Verabredung mit meinem Freund und Kollegen Dominik und seiner Frau kommen und so gleite ich auf dem Pacific Highway entlang, der untergehenden Sonne entgegen.

2 Kommentare:

renovatio hat gesagt…

Oh, da wird das Fernweh wach und es schmerzt mich über alle Massen, dass ich nicht mitkommen konnte...

Musste laut lachen, ob der Notlüge mit der fiktiven Gattin, die das Gemäldebudget verwaltet und die toskanische Villa einrichtet! Ha!

Deine jüngsten Einträge habe ich deshalb verpasst, weil mich Google beim RSS-Abo irgendwie nicht mehr kennen will... Hmm.... So, nun les ich mal weiter hier :-)

Wolfram hat gesagt…

Das beste an der Sache war, dass der Manager keine Sekunde lang daran gezweifelt hat, dass ich tatsächlich eine Villa in der Toskana besitze. Ich sehe sie mittlerweile selbst schon vor mir!

Wie gesagt, aufgehobt ist nicht aufgeschobt! Ein paar Jährchen fliege ich ja noch.