Sonntag, 18. März 2007

New York, New York

Noch die letzten Vorbereitungen abschließen, die Container in den Galleys verschließen und verknebeln, den Kabinencheck machen und Klarmelden. Es ist bereits Abend, als unser Airbus A 340 auf dem Flughafen JFK in New York zur Landung ansetzt.
Viel zu lange war ich nicht mehr hier, in der Stadt von der man sagt sie schafe nie und von der es in einem Lied heißt "wenn Du es hier schaffst, schaffst Du es überall". Eigentlich sind die Flüge an die Ostküste der Vereinigten Staaten zu kurz um den Einsatz eines "Purser I" zu rechtfertigen und so komme ich nur alle Jahre einmal in den Genuss eines Fluges hierhin, meistens dann, wenn es darum geht neue Kolleginnen einzuweisen, denn das ist meine Aufgabe. So ist es auch diesmal.
Ich treffe Anja und Claudia in unserer Kantine bei einer Tasse Kaffee und im Kreise ihrer Lehrgangskolleginnen. Zum ersten Mal tragen sie die Lufthansa Uniform, zum ersten Mal Briefing, ihr erster Flug. Immer in Zweierpaaren werden neue Flugbegleiter, nach Beendigung ihrers Lehrgangs, auf die verschiedenen Flüge aufgeteilt um dort noch ein letztes "Training on the Job", einen Feinschliff, zu bekommen. Claudia und Anja fliegen nach ihrem New York Umlauf noch nach Hong Kong und nach Sao Paulo.
Fligth Attendant Inauguration
Sie erzählen mir wie aufgeregt sie sind und man merkt Ihnen ihre Nervosität an. So gut es geht versuche ich sie zu beruhigen, versuche ihnen klar zu machen, dass ich stets in Rufnähe sein werde, wenn sie selbst nicht mehr weiterwissen.
Die Aufregung legt sich schnell, sowie die ersten Passagiere an Bord kommen und die eigentliche Arbeit beginnt, ist dafür einfach keine Zeit mehr. Mit großer Professionalität meistern sie ihren ersten Flug und nach der Landung könnte man meinen, sie hätten nie in ihrem Leben etwas anderes gemacht.
Als wir den Terminal verlassen ist es bereits dunkel und außerdem kalt und windig. Verwöhnt vom deutschen Winter, der eigentlich ein Frühling war, frösteln wir als wir die paar Schritte zu unserem Bus laufen.
Die Fahrt führt uns durch Queens, vorbei an dem Gelände der ehemaligen Weltausstellung, mit ihren Skulpturen, die auch aus dem Film "Man in Black" und dem Vorspann der Fernsehserie "King of Queens", bekannt sind und dann über den East River, hinein nach Manhattan. An diesem Anblick kann man sich einfach nicht satt sehen. Die bekannteste Skyline der Welt, mit den beiden erleuchteten Wahrzeichen der Stadt, dem Empire State Building und dem Crysler Building, sowie den zahlreichen namenlosen Riesen, die diesen Anblick so einmalig machen.
Schon tauchen wir ein, in ein Meer aus Stahl, Glas und Beton, werden mitgerissen von der Lawine des Feierabendverkehrs. Aus meinem Fenster heraus sehe ich Bettler, die sich ihren Schlafplatz auf einem der unzähligen U-Bahnschächte sichern, elegant gekleidete Menschen, die ihre Büros verlassen um in ihre Häuschen in New Jersey zurückzukehren, Theaterbesucher, die sich, bevor ihre Vorstellung auf dem Broadway beginnt, noch schnell eine kleine Stärkung in einem der zahlreichen Restaurants oder Cafés zu sich nehmen und überall die riesengroßen, flutlichtbestrahlten Werbetafeln, die oft die Höhe eines ganzen Wolkenkratzers einnehmen.
Times Square
Unser Hotel, das Crowne Plaza, liegt am Times Square, mitten im Herzen Manhattans, ein Platz der immer taghell erleuchtet ist, von den Neonreklamen, die von jedem freien Fleck der umliegenden Gebäude herunterstrahlen. Hier ist New York, wie man es sich vorstellt: Ein steter Strom von Touristen und New Yorkern, der bis spät in die Nacht nicht abreißt, Elektronik - und Souvenirläden, die nie zu schließen scheinen, Hotdogverkäufer, die sich mit ihren kleinen Edelstahlwägelchen auf den Gehsteigen positoniert haben und überall "wandelnde Werbetafeln", gegen die Kälte dick vermummte Menschen, die, eine Tafel vor und hinter ihrem Körper tragend, für den Besuch einer Vorstellung in einem der nahgelegenen Broadway-Theater werben.
Ich ziehe mich schnell um und gehe nochmal raus um die Stimmung aufzunehmen und noch einen kleinen Snack zu mir zu nehmen. Um 22 Uhr falle ich totmüde in mein Bett und schlafe sofort ein.

2 Kommentare:

renovatio06 hat gesagt…

Ich habe auf den wenigen Interkontinentalflügen, in deren Genuß ich in meinem Leben bisher kam, stets an Dich denken müssen, in bezug darauf, dass dies schon seit -waren es 16? - Jahren Dein Arbeitsplatz ist und wie Du in all der Enge und dem Getümmel und beizeiten auch Lärm die Ruhe zu wahren suchst, professionell Deine Arbeit machst, gleichmütig immer wieder die selben Fragen beantwortest, und in einer Tonalität, als hörtest Du sie zum ersten Mal. Wie Du dann diese Ruhe und Erfahrung an die hier beschriebenen Kolleginnen weiterzugeben suchst, ihnen hineinhilfst in ihr reisendes Leben zwischen Hongkong und Singapur, Shanghai, Tokyo, Sidney, New York. Und ich habe mich unzählige Male gefragt, ob ich gern mit Dir getauscht hätte.
Ich komme heute zu dem Ergebnis, dass ich für diesen Job vermutlich nicht gemacht bin, wenngleich ich neidlos zugestehen und anerkennen muß, dass Du einen der tollsten Berufe gewählt hast, die man machen kann. Und nicht nur das: So, wie ich Dich in all den Jahren seit unserem Abitur erlebt habe, hast Du das Maximale rausgeholt, was Dir die Privilegiertheit des bezahlten Reisens geboten hat. Glückwunsch, mein Freund - Du mußt Dir später sicher mal nicht vorwerfen, nicht das Beste aus Deinem Leben gemacht zuhaben, soviel ist sicher.
Und was die Kolleginnen betrifft: Die haben zweifellos Glück, ihren ersten Flug mit Deiner Betreuung absolvieren zu dürfen.

Wolfram hat gesagt…

Es sind sogar schon 18 Jahre - Kinder wie die Zeit vergeht :)

Wahrscheinlich bin ich auch nicht für diesen Job gemacht, aber man wächst rein und mit der Zeit sitzt er dann wie ein Maßanzug. Stimmt schon, zumindest in bezug auf Reisen, habe ich im meinem Leben nichts verpasst.